Alfred Bekker

Zwei Alfred Bekker Krimis: Tot und blond / Der Hurenmörder von Berlin


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      11

      Michael Nollendorfer starrte auf das Display des Handys. Es war rosafarben und mit Gold besetzt – ein Modell, das von Männern eher selten gekauft wurde.

      Er hatte es zusammen mit den Kreditkarten auf den groben Holztisch in der Küche gelegt.

      Eine ganze Weile saß er schon so da und starrte vor sich hin. Sein Blick war nach innen gekehrt. Die beiden Doggen lagen auf dem Boden und ließen durch ein herzerweichendes Jaulen erkennen, dass es dringend Zeit war, sie wieder nach draußen zu lassen. So große Tiere brauchten einfach ihren Auslauf.

      Aber auch wenn Nollendorfer ansonsten die Bedürfnisse seiner Hunde über alles andere zu stellen pflegte, so schien er sie in diesem Moment überhaupt nicht wahrzunehmen.

      Er atmete tief durch.

      Du bist allein!, dachte er. Völlig auf dich allein gestellt. Und du kannst niemandem trauen. Dem BKA schon gar nicht.

      Schließlich nahm er das Handy. Da es noch eingeschaltet gewesen war, als er es gefunden hatte, brauchte er den Pin-Code nicht zu wissen. Er rief die Auskunft an und ließ sich von dort gleich weitervermitteln.

      „Ich suche den Halter eines Wagens mit folgendem Berliner Kennzeichen“, begann er und nannte anschließend die Nummer. „Es geht darum, dass ich in seinen Dacia eine Beule hinein gefahren habe. Wir haben uns gleich am Unfallort geeinigt und jetzt wollte ich ihm einen Scheck über 600 Euro ausstellen – aber leider hat er seinen Namen und Adresse so unleserlich auf einen Zettel geschrieben, dass ich fürchte, dass ihn das Geld nie erreichen wird... Okay, danke.“

      Nollendorfer notierte sich alles auf einem Zettel. Dann legte er auf. Anschließend ging er zu einer Schublade, öffnete sie und holte eine Pistole hervor. Er lud sie durch, holte das Magazin aus dem Griff und begann wenig später damit, es sorgfältig mit Patronen vom Kaliber 9 mm zu füllen.

      Die Hunde freuten sich darüber, dass ihr Herrchen diese Aktivität zeigte – glaubten sie doch, dass er jetzt mit ihnen nach draußen gehen würde. Aber da hatten sie sich getäuscht.

      „Tut mir leid, Wotan und Odin. Ich muss jetzt mal für ein paar Stunden weg. Ich führe euch nur kurz noch mal nach draußen und dann bleibt ihr hier und passt auf alles gut auf!“

      Die Doggen antworteten mit einem gemeinschaftlichen Jaulen.

      Nollendorfer steckte die Waffe ein, zog sich eine Jacke über und blickte dann auf den Tisch. Handy und Kreditkarten nahm er an sich. Als er zur Tür ging, blieb sein Blick an einem Foto haften, das an der Wand hing. Eine Frau mit blondem, gelocktem Haar war darauf zu sehen. Sie hielt ein Kind auf dem Arm. Einen Jungen von etwa drei oder vier Jahren, der aufgeweckt in die Kamera lachte.

      Nollendorfer schluckte.

      12

      Diesmal trafen wir mit Unterstützung von Polizeiobermeister Hans-Peter Fastendonk bei Nollendorfers Haus ein. Er hatte gleich vier seiner Leute mitgebracht, darunter auch einen, der als Spezialist im Umgang mit Hunden galt.

      Ein weiterer Beamter traf zusammen mit Tommy und Leonhard etwas verspätet ein. „Wir haben einen ganz regulären Durchsuchungsbeschluss und für den Fall, dass sich weitere Anhaltspunkte ergeben, sogar einen Haftbefehl“, berichtete Tommy. „Der Richter war da weit weniger kleinlich, als das bei uns in Berlin gehandhabt wird.“

      „Wahrscheinlich will er genau wie wir, dass dem A24-Monster möglichst schnell das Handwerk gelegt wird“, meinte Rudi.

      Per Megafon wurde Michael S. Nollendorfer aufgefordert, das Haus mit erhobenen Händen zu verlassen.

      Die Hunde bellten laut.

      Von Nollendorfer erfolgte keinerlei Reaktion.

      „Sein Wagen steht nicht da, wo er sein sollte“, stellte ich fest. „Vielleicht ist er gar nicht zu Hause.“

      „Und nimmt seine Hunde nicht mit?“, zweifelte Rudi.

      „Auf jeden Fall muss er etwas sehr Wichtiges vorhaben, sonst würde jemand wie Nollendorfer das nicht tun“, glaubte Frederike Glasmacher.

      „Sind Sie sicher?“, fragte ich.

      Sie nickte. „Die Hunde sind derzeit mehr oder weniger die einzigen Wesen, zu denen er engeren Kontakt hat. Sie gehorchen ihm aufs Wort, das heißt, er hat sehr viel Zeit dafür aufgebracht, um sie entsprechend zu erziehen.“

      Ich atmete tief durch. „Ich weiß nicht, was das größere Problem ist – Nollendorfer und die Hunde oder die Hunde allein.“

      „Mit Nollendorfer könnte man wenigstens reden, auch wenn es vielleicht zu nichts führt“, erwiderte Rudi.

      Mit gezogenen Dienstpistolen näherten wir uns dem Haus von vorn. Tommy und Leonhard übernahmen gemeinsam mit zwei Vollzugsbeamten der örtlichen Dienststelle die Rückfront. Auch wenn einiges dafür sprach, dass Nollendorfer nicht zu Hause war, mussten wir auf Nummer sicher gehen.

      Fastendonk setzte den Wagen, der auf Nollendorfers Namen zugelassen war, unterdessen telefonisch zur Fahndung aus.

      Wir erreichten die Tür.

      Dahinter knurrten die Hunde.

      „Ich glaube, es wäre keine gute Idee, jetzt die Tür aufzubrechen und hineinzustürmen“, meinte Rudi.

      Nollendorfer wurde noch einmal gerufen und ultimativ aufgefordert, das Haus mit erhobenen Händen und ohne seine Hunde zu verlassen.

      Wieder erfolgte keine Reaktion und niemand von uns nahm jetzt noch an, dass Nollendorfer noch im Haus war.

      „Das lösen wir anders“, sagte der Hundeführer von den örtlichen Kollegen. Sein Name war Erich Balestano.

      „Vertrauen Sie Hundeführer Balestano“, schlug Fastendonk grinsend vor. „Er hat fünf Jahre lang Kampf- und Minenhunde im Dienst der Bundeswehr ausgebildet und gehörte längere Zeit als Hundeführer der Hamburger Flughafenpolizei an, für die er Drogenhunde führte.“

      „Ich schätze allerdings, dass die ungefähr nur halb so groß waren wie diese Ungeheuer“, meinte Rudi.

      „Deutsche Schäferhunde“, erklärte der Kollege Erich Balestano. „Aber bei allen Unterschieden gibt es doch ein paar Gemeinsamkeiten zwischen allen Hunden – egal ob Rehpinscher oder Bernhardiner.“

      Hinter der Tür wüteten die Doggen. Sie stellten sich auf die Hinterbeine und drückten ihre geifernden Mäuler gegen die kleinen Sichtscheiben, die etwa in Augenhöhe einer ein Meter achtzig großen Person in die Tür eingelassen waren.

      Der Kollege Balestano nahm seine Dienstwaffe und schlug