Alfred Bekker

Zwei Alfred Bekker Krimis: Tot und blond / Der Hurenmörder von Berlin


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war.

      „Es gab vor einem Jahr eine Anklage wegen Drogenhandels, die aber niedergeschlagen wurde“, stellte Rudi überrascht fest.

      „Dann war Rita Rabulewski nicht die seriöse Geschäftsfrau, auf die ihre Garderobe schließen ließ?“, fragte ich.

      „Ihr gehörte eine Diskothek namens >Temple of Luxor<, die als Umschlagplatz für Kokain in Verdacht stand.“

      Den uns zugänglichen Aufzeichnungen nach hatte es mehrere Razzien gegeben, aber letztlich hatten nicht genügend Beweise sichergestellt werden können, um zu beweisen, dass die Geschäftsleitung und die Besitzer des >Temple of Luxor< die Diskothek tatsächlich als Umschlagplatz für Drogen benutzten. Ein Drogenhändler namens Claude-Oliver Schindler war festgenommen worden, der Rita Rabulewski zunächst belastet, später seine Aussage aber zurückgezogen hatte und jetzt seine Zeit in der JVA absaß.

      Frederike Glasmacher kam an die offen stehende Fahrertür des Porsches und hörte unsere Unterhaltung mit.

      „Sie glauben doch nicht im Ernst, dass dieser Fall etwas mit Drogenkriminalität zu tun hat!“, entfuhr es ihr. Sie schien etwas irritiert zu sein.

      „Für uns ist dieser Zusammenhang auch sehr überraschend“, sagte ich.

      „Aber dieser Serientäter hat seine Opfer ausschließlich nach optischen Gesichtspunkten ausgesucht. Vielleicht spielte noch die eine oder andere Charaktereigenschaft eine Rolle, die sich ihm durch Körpersprache und andere Signale vermittelte.“

      „Wir müssen jeder Spur nachgehen“, sagte ich. „Im Übrigen ist die Tatsache, dass Rita Rabulewski Mitbesitzern einer Diskothek war, die im Verdacht stand, als Drogenverteiler zu fungieren, nur eine Facette ihrer Persönlichkeit. Ob es da einen Zusammenhang mit ihrem Tod gibt, wissen wir nicht.“

      „Wir wissen aber, dass sie Halterin eines BMW war“, meldete sich jetzt Rudi zu Wort. „Zu dem dürften dann die Schlüssel passen, die sich in der Handtasche befanden.“

      „Ich schlage vor, wir befragen als Nächstes diesen Kalli“, sagte ich.

      Rudi nickte.

      „Eine gute Idee.“

      „Und möglicherweise werden wir danach Herrn Nollendorfer noch einen zweiten Besuch abstatten“, fügte ich hinzu. „Allerdings mit größerem Aufgebot...“

      „...und am besten einem Hundefänger, der weiß, wie man diese kalbsgroßen Doggen bändigt!“, sagte Rudi.

      Ich wandte mich an Frederike Glasmacher. „Fahren Sie mit zu Kallis Autobahn-Restaurant?“

      „Gerne.“

      9

      Wir mussten einen ziemlich weiten Umweg zur nächsten Auffahrt auf die A24 nehmen und kamen daher erst eine halbe Stunde später auf dem Parkplatz von Kallis Autobahn-Restaurant an.

      Den Dienst-Porsche parkte ich direkt vor der Raststätte. Frederike Glasmacher setzte ihren Toyota daneben.

      Etwa dreißig Meter entfernt befand sich ein BMW, dessen Kennzeichen mit dem übereinstimmte, das wir für Rita Rabulewskis Wagen ermittelt hatten.

      „Sie war also hier!“, stellte Rudi fest.

      „Dann wird sie hier auch jemand gesehen haben“, nickte ich.

      Wir gingen zu ihrem BMW. Frederike Glasmacher folgte uns.

      „Das ist typisch für alle bisherigen Fälle dieser Serie“, sagte sie. „Der Wagen blieb irgendwo zurück. Der Täter hat das Opfer in seinem eigenen Fahrzeug mitgenommen.“

      „Aber zu dem Zeitpunkt ist sie bereits betäubt gewesen, oder?“, vergewisserte ich mich.

      Schließlich befasste ich mich erst seit kurzem mit diesem Fall, während Frederike Glasmacher seit Jahren geradezu davon besessen war, ihn endlich aufzuklären und damit der grausamen Serie dieses Killers ein Ende zu bereiten.

      Rudi deutete in Richtung der Raststätte. „Vielleicht hat sie dort einen Kaffee getrunken und jemand hat ihr ein paar Tropfen hineingemixt. Hier draußen ist ihr dann übel geworden und der Täter brauchte ihr nur zu folgen und sie in seinen Wagen schaffen.“

      „Vier der Opfer wurden zusätzlich noch chloroformiert, weil die K.o.-Tropfen nicht schnell genug wirkten“, erläuterte Frederike Glasmacher.

      „Wie es in diesem Fall gewesen ist, dürften wir erst wissen, nachdem Dr. Claus’ vorläufiger Obduktionsbericht vorliegt“, stellte ich fest.

      Ich zog mir Latexhandschuhe über und öffnete den Wagen, um nach weiteren Hinweisen zu suchen. Im Handschuhfach waren die Papiere des Wagens. Außerdem ein kleinkalibriger Revolver und ein Elektroschocker.

      „Das hätte sie besser bei sich gehabt, anstatt es im Wagen zu lassen“, meinte Rudi.

      „Ich glaube nicht, dass ihr das etwas genutzt hätte“, war Frederike Glasmacher überzeugt. „Wie ich Ihnen bereits gesagt habe, der Mann, den wir suchen ist eher unscheinbar und sehr rücksichtsvoll. Er wirkt auf keinen Fall gefährlich. Zu einem Kampf ist es in keinem der Fälle gekommen, dafür hat unser Mann gesorgt.“

      „Jemand, der auf Nummer sicher geht, - ist das auch ein Kennzeichen seines Charakters?“, fragte ich an Frederike gewandt. „Ich meine, wenn jemand seinem Opfer K.o.-Tropfen verabreicht und es zusätzlich auch noch in einigen Fällen chloroformiert...“

      „Sie haben vollkommen Recht, Harry. Er überlässt nichts dem Zufall.“

      Rudi nahm das Handy ans Ohr und sprach mit unseren Kollegen am Tatort. Er hatte Pascal Horster am Apparat.

      „Wir haben den Wagen des Opfers. Jemand von euch müsste den noch erkennungsdienstlich unter die Lupe nehmen.“

      Ich sah derweil Frederike Glasmacher an.

      Sie erwiderte den Blick und hob die Augenbrauen.

      „Ist irgendetwas nicht in Ordnung, Harry?“

      „Ich nehme an, Ihnen ist bewusst, dass Sie ziemlich genau dem Beuteschema des Killers entsprechen.“

      Sie nickte. „Das weiß ich. Und um Ihre nächste Frage gleich vorwegzunehmen: Meine Haare sind keineswegs gefärbt und die Locken hatte ich schon als Kind. Ich habe mich keineswegs so gestylt, dass ich den Eigenschaften der von unserem Serientäter bevorzugten Opfer entspreche!“

      „Das habe ich auch damit nicht sagen wollen“, erwiderte ich.

      Sie atmete tief durch. Eine dunkle Röte hatte ihr Gesicht überzogen.

      „War nicht so gemeint“, murmelte sie. „Ich bin im Moment mit den Nerven etwas am Ende. Eigentlich wollte ich nur deutlich machen, dass ich keineswegs so verrückt bin, mich selbst als Köder für einen Serienkiller ins Spiel zu bringen. Das wäre im höchsten Maße unprofessionell.“

      Rudi öffnete die Fahrertür des BMW und griff nach dem Navigationssystem. Auch er trug selbstverständlich Latexhandschuhe, um nicht selbst jede Menge Spuren zu hinterlassen.

      Rudi aktivierte das Navigationssystem. „Als Zielort ist Ludwigslust, Kreis Parchim angegeben“, meinte er. „Die Adresse entspricht derjenigen, die