die Gelegenheit und warf ein paar vorbereitete Köder durch die Öffnung.
„Jetzt müssen wir ein paar Minuten abwarten, ob ich die Geschmacksrichtung der beiden auch getroffen habe“, meinte er.
Es dauerte nicht lange und von den beiden Doggen war nichts mehr zu hören.
Nachdem wir die Tür öffneten, fanden wir sie bewusstlos im Flur und stiegen über sie hinweg. Nollendorfer war nicht im Haus.
Im Bad fand unser Kollege Leonhard Morell blutige Wäsche, die Nollendorfer offenbar seit ein paar Stunden im Waschbecken hatte einweichen lassen.
Wir sahen uns um. Das Haus war sehr spartanisch eingerichtet. Nur für die Hunde war bestens gesorgt. Es gab große Vorräte an Kraftfutter und Nollendorfer hatte auf einem Kalender Termine beim Tierarzt eingetragen. Sein eigener Kühlschrank war dagegen leer und überhaupt nicht angeschlossen. Die Stromversorgung war abgeschaltet worden. Vermutlich, weil er den regelmäßigen Abschlagszahlungen an den Versorger nicht nachgekommen war.
In einer Schublade fand sich ein Futteral für eine Pistole, dazu noch Vorräte an 9-mm-Munition und Utensilien zur Pflege der Waffe.
„Scheint, als hätten Sie zumindest in der Hinsicht recht gehabt, dass sich hinter der wilden Erscheinung dieses Hundeliebhabers offenbar ein sehr reinlicher Pedant verbirgt“, sagte ich an Frederike Glasmacher gerichtet.
„Genau so einen Menschen wie wir suchen. Jedenfalls kümmert er sich rührend um seine Waffen und Hunde.“ Ich bemerkte, dass sie ein eingerahmtes Foto von der Wand abgenommen hatte und dabei keine Latexhandschuhe trug.
„Die Erkennungsdienstler werden alles andere als begeistert sein!“, sagte ich.
Sie zuckte die Schultern.
„Tut mir leid. Aber ich glaube nicht, dass es bei diesem Bild auf die Fingerabdrücke ankommt.“
„Das weiß man vorher nie.“
„Sehen Sie es sich an, Harry.“
Ich atmete tief durch. „Vermutlich seine Familie in den guten Jahren in Lübeck, von der Kalli Bovenschütte sprach. Wollen Sie darauf hinaus, dass die Frau ziemlich genau dem Opferprofil entspricht, dass das A24-Monster bevorzugt?“
„Ich finde das nicht so überraschend“, erwiderte Frederike. „Schließlich sind Frauen mit langen blonden Haaren sind nun mal das vorherrschende Schönheitsideal.“
Rudi mischte sich ein. „Eigentlich müsste Dr. Claus längst wieder in seinem Labor in Berlin sein. Ich werde ihn mal anrufen und fragen, ob er zu der Frage, ob Nollendorfers Messer vielleicht die Tatwaffe sein könnte, nicht doch etwas sagen könnte...“
13
Alexander Dornbach lud die Pistole durch. Einmal, zweimal. Es hatte etwas Zwanghaftes. Er wollte einfach sicher sein, dass die Waffe nicht blockierte, wenn er sie brauchte. Entweder es riss ihm dann die ganze Hand weg oder es passierte gar nichts.
Mach dich nicht verrückt!, versuchte er sich einzureden.
Er lud die Waffe schließlich zehnmal durch und steckte dann die Patronen wieder sorgfältig in das Magazin. Eine Patrone war für den Lauf.
Alexander Dornbach benutzte eine Automatik vom Kaliber 45. Er wollte absolut sicher sein, eine Waffe zu besitzen, die auch aus einiger Entfernung noch eine hundertprozentig mannstoppende Wirkung hatte.
Die Waffe war schließlich geladen und schussbereit.
Du hast es bis hier her geschafft und es gibt keinen Grund, warum du nicht die ganze Tour schaffen solltest!, ging es ihm durch den Kopf.
Er hatte sich in einem Hotel in Hamburg eingemietet.
Das Hotel lag an der Ecke zur Peter-van-Trompen-Straße und trug den hochtrabenden Namen „Alsterblick“. Vielleicht hatte man früher von hier aus auf die Alster blicken können, aber jetzt versperrten zahllose höhere Gebäude die Sicht.
Aber Dornbach war das ohnehin gleichgültig.
Die Qualität einer Unterkunft zeigte sich für ihn in ganz anderen Eigenschaften.
Dornbach versuchte, niemals ein Hotel, eine Pension oder eine andere Unterkunft zweimal zu benutzen. Jedes Mal, wenn er nach Hamburg kam, nahm er daher eine andere Pension. Das gehörte zu seinen Sicherheitsmaßnahmen.
Bisher war er gut damit gefahren.
Dass er noch lebte und nicht in IHRE Hände gefallen war, war der beste Beweis dafür.
Dornbach erhob sich von dem einfachen Holzstuhl, der zusammen einem groben Tisch, einem Kleiderschrank und einem Doppelbett die Einrichtung dieses Zimmers bildete. Dornbach trat ans Fenster.
Sein Zimmer lag im dritten Stock.
Vom Fenster aus konnte er seinen Wagen sehen, den er auf der anderen Straßenseite geparkt hatte. Außerdem hatte er darauf bestanden, ein Zimmer zu bekommen, in dessen Nähe sich eine Feuertreppe befand.
Er hatte die Tour schon so oft gemacht, dass es inzwischen schwierig wurde, überhaupt noch Übernachtungsmöglichkeiten zu finden, die seinen hohen Ansprüchen genügten.
Dornbach wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er hatte Durst, aber eine Minibar gab es in diesem Zimmer nicht. Er atmete tief durch und wischte sich mit dem Taschentuch über die Stirn. Der Gedanke, das Zimmer verlassen zu müssen, um noch etwas zu trinken zu bekommen, gefiel ihm ganz und gar nicht.
Morgen fahre ich zurück!, dachte er. Und dann geht alles wieder von vorne los.
Er überprüfte den Sitz der Waffe ein letztes Mal und verließ das Zimmer. Sorgfältig schloss er hinter sich ab. Mit dem Lift fuhr er ins Erdgeschoss. Im zweiten Stock stieg eine Frau im grauen Business-Kostüm ein. Sie war Mitte dreißig, hatte das gelockte blonde Haar zu einer kunstvollen Frisur aufgesteckt und trug Schmuck im Wert von mindestens zweitausend Euro an den Handgelenken und um den Hals.
Eine Aktentasche, deren Musterung zum Kostüm passte, komplettierte ihr edles Outfit.
Sie musterte Dornbach kurz und fächerte sich selbst mit der Hand Luft zu.
„Ist Ihnen auch so heiß?“
„Ja.“
„Ich nehme an, Sie sind auch auf dem Kongress für Betriebspsychologie im modernen Management im Congress Center.“
Sie sagte Congress Center.
Nicht Kongress-Zentrum.
„Nun...“, sagte Dornbach.
„Ich finde es eine Zumutung, dass wir auf solche Unterkünfte angewiesen sind. Aber man sagte mir, dass im Moment in Hamburg wirklich alles ausgebucht ist, worin eine Matratze liegen kann!“ Sie seufzte. „Nichts gegen eine einfache Hütte – aber so was schätze ich eher, wenn ich zum Snowboarden nach St. Moritz fahre – und nicht, wenn ich mich jeden Tag businesslike aufbrezeln muss und ich noch nicht einmal eine Dusche auf dem Zimmer habe.“
„Sie haben natürlich Recht“, sagte Dornbach.
„Mein Name ist übrigens Katrin Jakobsen. Ich arbeite als Chief Consultant bei Franks & Friends, falls Ihnen das was sagt. Und bevor ich mir jetzt diese hochintellektuellen Vorträge