Susan Blum

Autoimmunerkrankungen erfolgreich behandeln


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erkennen, dass es sich um „Eindringlinge“ handelt, und signalisieren Ihrem Körper, dass er reagieren soll. Dieses Phänomen nennt man Leaky-Gut-Syndrom (der Darm ist „leck“), Menschen jeden Alters können auf diese Weise Allergien und Unverträglichkeiten entwickeln. Das Prinzip und wie es in Ordnung zu bringen ist, besprechen wir in Kapitel 8. Ich erwähne es hier, weil ich einfach erklären möchte, wie Nahrungsproteine zu einem Problem für Ihr Immunsystem werden können.

      Man nimmt an, dass Nahrungsmittel durch verschiedene Mechanismen überall im Körper Entzündungen verursachen können. Zum einen können Sie eine Nahrungsmittelallergie entwickeln, dabei bildet Ihr Immunsystem Antikörper gegen das Nahrungsmittel. Es gibt vier verschiedene Arten von Antikörpern, in unserem Zusammenhang sind zwei davon am wichtigsten. Wenn Sie zum Allergologen gehen, untersucht er Sie auf IgE-Antikörper, das sind diejenigen, die Nesselsucht, das Anschwellen der Zunge oder Atemnot verursachen. Manche Nahrungsmittelallergien verursachen aber eher die Bildung von IgG-Antikörper, die Ihr Arzt eventuell nicht testen wird. Sie spielen eine Rolle bei der Bildung von Immunkomplexerkrankungen. Dabei gelangen Nahrungspartikel in den Blutstrom, Ihr Immunsystem bildet daraufhin Antikörper, die sich daran anhängen und einen Antigen-Antikörper-Komplex bilden (siehe Kapitel 1). Da diese Komplexe groß sind, können sie sich in Ihren Geweben festsetzen und lokale Entzündungsreaktionen und andere Schäden anrichten, die in einen noch größeren Immunangriff auf das Gewebe münden. Ihre Gelenke sind für Ablagerungen von Immunkomplexen sehr anfällig, und man nimmt an, dass diese zu den hauptsächlichen Mechanismen bei der Entwicklung der rheumatoiden Arthritis gehören.

      Empirische Daten lassen vermuten, dass alle Menschen mit einer Autoimmunerkrankung ein Leaky-Gut-Syndrom haben, daher besteht die Wahrscheinlichkeit, dass auch Sie auf Nahrungsmittel reagieren. Ich werde Ihnen dabei helfen, die diejenigen zu finden und auszusondern, die Probleme verursachen. Jede Art von Symptom aufgrund von Nahrungsmitteln wird als Empfindlichkeit oder Unverträglichkeit bezeichnet und so kann es durch Nahrungsmittel zu Entzündungen kommen. Unverträglichkeiten sind zwar keine „echten“ Allergien, da sie oft nicht durch einen Bluttest zu verifizieren sind, aber sie sollten nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Ohne Bluttest richte ich mich danach, ob ein Nahrungsmittel Symptome verursacht wie Müdigkeit, das Gefühl des Aufgedunsenseins und der Steifigkeit im ganzen Körper, Konzentrationsprobleme, Gelenk- oder Muskelschmerzen und alle möglichen Verdauungsprobleme wie Sodbrennen, Gasbildung und einen Blähbauch nach dem Essen, Durchfälle oder Verstopfung. Der einfachste Weg herauszufinden, ob Sie auf ein bestimmtes Nahrungsmittel reagieren, ist, es drei Wochen lang zu meiden, es dann wieder zu sich zu nehmen und genau darauf zu achten, wie sich Ihr Körper verhält. Im Praxiskapitel helfe ich Ihnen dabei.

      Im Fokus: Gluten

      Es ist zwar möglich, dass für Ihre Symptome mehrere Nahrungsmittel verantwortlich sind; bei Autoimmunerkrankungen gilt jedoch: Das wichtigste, mit dem man sich befassen muss, ist das Gluten. Gluten ist ein Protein, das in Weizen, Roggen, Kamut und Dinkel vorkommt (aber auch in Grünkern, Gerste und den alten Weizensorten Emmer und Einkorn; Anm. d. Übers.). Hafer enthält normalerweise kein Gluten, kann jedoch verunreinigt sein und dann doch Gluten enthalten, es sei denn, auf dem Etikett steht ausdrücklich „glutenfrei“; Reis, Quinoa, Buchweizen, Hirse und Amaranth enthalten normalerweise ebenfalls kein Gluten. Gluten ist ein Gemisch aus mehreren Proteinen, hauptsächlich Gliadin und Glutenin. Diese Proteine tragen verschiedene „Namensschilder“, sodass Ihr Immunsystem sofort erkennt, was Sie zu sich nehmen.

      Ich werde oft gefragt, warum heutzutage Gluten ein größeres Problem darstellt als je zuvor und warum es vielen Menschen so schlecht geht, wenn sie es zu sich nehmen. Darauf gibt es zwei Antworten. Erstens ist die Glutenmenge in unserer Nahrung heute größer denn je und zweitens – wenn es Ihnen geht wie den meisten Menschen – herrscht Chaos in Ihrem Verdauungssystem, dadurch gelangt nur teilweise verdautes Gluten durch die Darmwand und damit ins Blut, wo es in Ihrem Körper „Amok läuft“. (Darüber wird in Kapitel 8 noch ausführlich zu sprechen sein.) Warum gibt es heutzutage mehr Gluten? Wie in Kapitel 1 beschrieben habe, nimmt die Nutzung von hochgezüchtetem Weizen zu. Dabei ist ein hoher Glutengehalt sogar ein Züchtungsziel, denn dieses Klebereiweiß verbessert die Backeigenschaften. Hinzu kommt, dass wir täglich mehrere Portionen Weizenmehlprodukte zu uns nehmen, und damit jeden Tag auch hochkonzentriertes Gluten.

      Ist Gluten etwas also Neues? In gewissen Sinne ja. In der Steinzeit, die den größten Anteil der Geschichte der Menschheit auf der Erde ausmacht, waren die Menschen Jäger und Sammler. Das bedeutet, sie aßen, was sie töten oder sammeln konnten, etwa Tiere, Nüsse, grüne Blätter, Samen und Beeren. Daran war der Körper gewöhnt. Als die Landwirtschaft aufkam, aßen die Menschen weiterhin, was es zur jeweiligen Jahreszeit gab, und wechselten mit Getreiden und Feldfrüchten ab. Doch die Landwirtschaft weitete sich aus, und die Menschen lernten, Feldfrüchte zu verarbeiten und zu lagern. Dadurch wurde es leichter, Weizen das ganze Jahr über und in großen Mengen zu essen. Damals aß man noch die alten Weizenarten (Einkorn und Emmer), deren Gene und Gluten sich vom heutigen Weizen unterschieden. Neulich las ich ein Buch von Dr. med. William Davis, „Die Weizenwampe – Warum Weizen dick und krank macht“. Es ist eine faszinierende und detaillierte Chronik, wie sich der Weizen im Laufe der Zeit veränderte. Laut Dr. Davis begann diese Veränderung schon 1943, als der Weizen in dem irrigen Bemühen, den Hunger auf der Welt zu besiegen, züchterisch verändert wurde, um den Ertrag zu steigern.2

      Für unseren Zweck reicht es, wenn Sie erkennen, dass dieser „neue“ Weizen zur selben Zeit eingeführt wurde, als die Menschen begannen, mehr verarbeitete Nahrungsmittel zu essen. Damals wurde Amerika zur Fastfood-Nation, und jetzt leben wir in einer Fastfood-Welt. Es war niemals vorgesehen, dass wir mehrmals täglich an 365 Tagen im Jahr verarbeiteten Weizen mit hochkonzentriertem Gluten essen sollten. Und die Forschung zeigt ganz eindeutig, dass die übermäßige Belastung mit Nahrungsproteinen Immunreaktionen verursachen kann. Ich bin der Ansicht, dass diese in neuerer Zeit entwickelte Form des Weizens, der wir jetzt in hohem Maße ausgesetzt sind, der Grund für die steigende Häufigkeit und vermehrte Schwere der Reaktionen auf Gluten ist.

      Zöliakie

      Als Ärztin gehört es zu meiner Arbeit, mich über die aktuelle Forschung zu informieren, um über die neuesten Nachweise eines bestimmten Zustands oder einer Krankheit auf dem Laufenden zu sein. Im Rahmen dieser Veröffentlichungen sorgt Gluten definitiv für Schlagzeilen, es gibt viele Studien, die eine ganze Reihe von Krankheiten mit Gluten in Verbindung bringen.

      Doch sehen wir uns zuerst die Zöliakie an. Sie ist eine Autoimmunerkrankung des Dünndarms, eine der häufigsten Störungen, von der, so nimmt man an, etwa ein Prozent der Menschen europäischer Abstammung betroffen sind, zum Beispiel in Europa, Nord- und Südamerika sowie Australien. Doch auch in anderen Regionen nimmt sie zu, so zum Beispiel in Nordafrika, in Nahost und in Teilen Asiens, denn die Ernährungsweise in diesen Ländern gleicht sich immer mehr an die der westlichen Länder an und die dort lebende Bevölkerung isst mehr Weizenprodukte als vorher. Zöliakie ist genetisch bedingt, wer eine Veranlagung für die Krankheit hat und einem umweltbedingten Auslöser ausgesetzt ist, bei dem bricht die Krankheit schließlich aus. Auslöser ist wahrscheinlich das Gluten, insbesondere das hochkonzentrierte, aus genetisch modifiziertem Getreide stammende Gluten.

      Was geschieht, ist Folgendes: Die Immunzellen greifen die Villi, die kleinen fingerartigen Ausstülpungen der Darmwand, an und schädigen sie. Villi kann man sich als langflorigen Teppich vorstellen, der den Darm auskleidet. Sie sind von großer Bedeutung, denn sie vergrößern die Oberfläche (und damit die Resorptionsfläche) der Darmwand, sodass alle Nährstoffe, die Ihr Körper braucht, vom Körper resorbiert, sprich aufgenommen werden können. Greifen die Immunzellen die Villi ungehindert an, sind sie irgendwann zerstört und der „Teppichflor“ verschwindet, die Darmwand ist entzündet und glatt. Wie geht es Ihnen, wenn das passiert? Meist haben Menschen mit dieser Art von Glutenreaktion Verdauungssymptome wie Durchfälle, Gasbildung und einen Blähbauch. Außerdem resorbieren sie Nährstoffe wie Proteine, Fette, Vitamine und Mineralstoffe nicht gut, sodass sie anämisch, müde und häufig krank werden sowie Haarausfall bekommen, um nur einige häufige Symptome zu nennen. Bei Kindern kann es zur Wachstumshemmung kommen.

      Die Schulmedizin