die ganze Stadt nach einem blonden Mann mit dunklem Teint absuchen.‟
„Woher weißt du, dass auch der zweite Stützpunkt gefallen ist?‟
„Ich hab angerufen. Auch die Geheimnummern. Auch die Handys. Keine Reaktion.‟
„Ob Ali Sadr geredet hat?‟
„Möglich.‟
Sie schwiegen und rauchten.
Es war schon nach fünf, als Ismael aufstand und den Griff seines Einkaufswagens packte. Er schob das klappernde Ding an der Bank entlang und ließ es vor Raphael stehen. Ächzend bückte er sich und fummelte am Schnürsenkel seines Turnschuhs herum.
„Das ändert alles, kleiner Bruder‟, sagte er. „Wir haben nur noch ein paar hundert Dollar. Waffennachschub gibt es nun nicht mehr. Wir können uns nirgends verstecken, und sämtliche Polizisten dieser verfluchten Stadt suchen dich.‟
„Was sollen wir tun?‟ Raphael öffnete die schwarze Aktentasche und nahm ein Handy heraus.
„Wir können die Hinrichtung der Frau nicht tagelang vorbereiten. Sobald wir den Mann bestraft haben, müssen wir uns die Frau vornehmen. Morgen, spätestens übermorgen. Unsere Zeit ist knapp. Sehr knapp.‟
„Ohne unsere Operationsbasis werden wir nicht mehr aus der Stadt herauskommen‟, murmelte Raphael.
„Nur mit Allahs Hilfe.‟ Ismael richtete sich auf und sah seinen Bruder an.
Raphael schloss die Aktentasche und ließ sie in den Einkaufswagen gleiten. „Im Außenfach ist das Handy‟, sagte er. „Wenn ich dich anrufe, hat er bereits das Haus verlassen.‟
Ismael nickte und fasste den Griffholm des Wagens. „Gott segne dich, kleiner Bruder.‟
Der Wagen rasselte, als Ismael ihn über die Parkwege schob. Kurz vor dem Ausgang zur 9th Avenue hielt er an und sah sich um. Jetzt, um die späte Nachmittagszeit, hatte der Park sich trotz des Regens mit Menschen gefüllt. Niemand aber achtete auf den Berber mit seinem armseligen Einkaufswagen.
Ismael griff in den Wagen, öffnete das vordere Fach der Aktentasche und zog das Handy heraus. Er schloss die Tasche wieder, und hob sie kurz an. Sie wog etwas mehr als zwei Pfund.
Ja – mehr wog die Waffe nicht, vor der es kein Entrinnen gab. Zwei Pfund. Zwei Pfund knetbarer Plastiksprengstoff. Zwei Pfund Semtex. Genug, um ein großes Flugzeug zu zerstören. Oder ein mittleres Haus ...
Ismael schob den Wagen aus dem Park, rollte ihn ein Stück die 9th Avenue nach Norden hinauf, und überquerte schließlich die 28. Straße. Als er in die Straße hineinblickte, sah er von Weitem den Streifenwagen vor dem Haus des Verurteilten stehen ...
37
Zufrieden betrachtete Michael Valezki die Bilderfolge auf seinem Zeichentisch. Sieben Bilder waren es, die er im Laufe des Nachmittags gezeichnet hatte. Sie zeigten die Karikatur eines Orientalen auf einem Kamel. Die Figur trug einen grünen Turban und einen langen, schwarzen Kaftan. Und sie hielt ein überdimensionales Maschinengewehr in den Händen. Den Propheten Mohammed sollte das schräge Männchen darstellen.
Sehr gut Mike, wirklich sehr gut ...
Valezki hatte sich eine Geschichte ausgedacht, in der ein Agent des Teufels dem Propheten eine Mixtur in den Tee schüttet. Eine giftige Mixtur, die den Propheten in eine mordlüsterne Kampfmaschine verwandelte ...
Valezki zog seine Taschenuhr heraus. Ein Erbstück von seinem Urgroßvater. Halb sieben. Er knipste das Licht über seinem Zeichenbrett aus. Genug für heute.
Er legte den Powerschalter seines PCs um. Morgen würde er die Produktion des heutigen Tages einscannen und bearbeiten. Vielleicht noch heute Nacht. Aber erst einmal ein Bier. Valezkis Stammkneipe lag in der 9th Avenue.
Er zog sich sein Jackett über und öffnete seine Brieftasche, um sein Geld zu zählen. Noch genug Bares, um den Abend zu bestreiten. Nacheinander löschte er die Lichter in seinem Apartment und trat aus der Wohnung. Er schloss die Tür ab.
Von unten drangen Schritte das Treppenhaus hinauf. Valezki ließ seinen Schlüsselbund in die Jacketttasche gleiten und stieg die Treppe hinunter. Die Schritte von unten waren schnell und laut. Pumps. Wahrscheinlich das süße Mädchen, das über ihm wohnte.
Ein Blondschopf tauchte unter ihm auf der Treppe auf. Tatsächlich – sie war es.
„Hi, Mike‟, grüßte sie. Sie trug ein kurzes, enges Kleid. Ihre Brüste wölben sich darunter und wippten bei jedem Schritt auf und ab.
„Hi.‟ Valezki hob lässig die Hand, um sie vorbei zu lassen. Sie lächelte. Der Duft schweren Parfüms stieg ihm in die Nase, als sie sich nahe an ihm vorbeischob.
Sie stieg die Treppe hinauf, und er sah ihr nach. Bei jedem Schritt, jeder nächsten Stufe, schob sich der Saum ihres Kleides ein Stück nach oben und enthüllte ihren Oberschenkel fast bis zum Höschen.
Lecker ...
Valezki atmete tief durch. Ihr praller Hintern wackelte. Deutlich zeichnete sich die festen Wölbungen ihrer Gesäßbacken ab.
Lecker ... Valezki riss seine Augen endlich von dem göttlichen Anblick los und lief das Treppenhaus hinunter. Warm kribbelte es seine Lenden hinauf. Wann hast du eigentlich zum letzten Mal mit einer Frau geschlafen ...?
Vor der Haustür blieb er noch einen Augenblick stehen und lauschte nach oben. Ihre Schritte waren verstummt. Er hörte ihren Schlüsselbund rasseln und ihre Wohnungstür aufgehen.
Warum zum Teufel hast du sie nicht schon lange mal zum Essen eingeladen ...?
Er zog die Haustür auf. Der Streifenwagen stand direkt vor seinem Haus. Es regnete ...
38
Die Kollegen des 20. Reviers hatten einen eigenen Schießstand. Ich kannte den Captain recht gut. Manchmal trafen wir uns auf einen Drink in einem Bistro in der West Side. Kein Problem für mich, auch den Schießstand hin und wieder zu benutzen.
Um halb sechs hatte ich Sharon in meinem Apartment abgeholt. Seit sechs Uhr übte sie den Umgang mit der Waffe. Ich hielt mir die Ohren zu, während sie den Pappkameraden an der Stirnseite des Schießstandes unter Feuer nahm. Sie trug Ohrenschützer.
Nacheinander feuerte sie acht Schuss ab. Ein Knopfdruck und die Zielscheibe rauschte heran. Zufrieden begutachteten wir das Ergebnis. Fünf Treffer. Zwei davon ins Schwarze. „Du wirst immer besser, Lady Sharon‟, sagte ich.
Sie küsste