Bernd Mayer

Die E-Zigarette


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      E-Zigaretten sind in unüberschaubarer Vielfalt am Markt. Die Palette reicht von kleinen, zigarettenförmigen Wegwerfgeräten, Cigalikes genannt, über relativ handliche Pod- und Tanksysteme bis hin zu schweren Geräten, die man auch als Totschläger verwenden könnte (Abb. 3). Abbildung 4 zeigt einige heute gebräuchliche Varianten, die alle nach demselben Prinzip funktionieren. Das Herzstück ist eine Verdampferkammer, in der sich eine Drahtspule mit einem Watte- oder Baumwoll-Docht befindet. Die Drahtspule wird gemeinhin als Wicklung (englisch: Coil) bezeichnet. Der Docht wird laufend mit Flüssigkeit, dem Liquid, versorgt, ohne dabei die Verdampferkammer zu fluten. Dazu wurden unterschiedliche Systeme entwickelt, deren Funktionen ebenso wie deren Vor- und Nachteile in den sozialen Medien und in zahlreichen Youtube-Videos detailliert beschrieben und diskutiert werden.

      Abbildung 3: Größenvergleich: Vapor Giant mit zwei gestackten 26650 Akkus und 17 ml Tank vs. Juul.

      Abbildung 4: Gebräuchliche Varianten von E-Zigaretten (Auswahl). Von links: Cigalike, Podsystem, verschiede Tanksysteme (3x), RDA (Rebuildable Dripping Atomizer = wiederherstellbarer Tröpflerverdampfer).

      Die Wicklung wird elektrisch erhitzt, wobei der Strom von einer Batterie oder einem aufladbaren Akku geliefert wird. Zumeist betätigt man dazu einen Knopf am Gerät. Manche E-Zigaretten, vor allem Cigalikes, sind mit einem drucksensitiven Sensor („Zugautomatik“) ausgestattet, der bei Unterdruck, der durch das Ziehen entsteht, den Stromkreis schließt. Durch die Erhitzung der Wicklung wird das Liquid im Docht verdampft, der Dampf über ein Mundstück abgesaugt und inhaliert. Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch sollte Liquid permanent nachfließen und den Docht mit ausreichend Flüssigkeit versorgen. Der grundlegende Aufbau von E-Zigaretten ist in Abbildung 5 schematisch dargestellt.

      Der wesentliche Parameter bei der Verdampfung des Liquids ist die Temperatur an der Wicklung. Der typische Temperaturbereich beträgt 150 bis 250 °C, wobei die Temperatur von der Leistung des Setups (Einheit: Watt) abhängig ist. Zur Erinnerung an den Physikunterricht: Die Leistung P ist das Produkt aus Spannung (U) und Stromstärke (I), also P (Watt) = U (Volt) x I (Ampere). Gemäß dem Ohm‘schen Gesetz entspricht die Stromstärke I dem Quotienten aus Spannung und Widerstand, also I (Ampere) = U (Volt)/R (Ohm). Wenn man diesen Ausdruck in die Formel für die Leistung einsetzt erhält man P = (U2)/R, die Leistung nimmt also mit dem Quadrat der angelegten Spannung zu und ist indirekt proportional dem Widerstand der Wicklung. Dementsprechend verwenden Nutzer, die an hoher Leistung interessiert sind, Wicklungen mit niedrigem Widerstand.

      Abbildung 5: Bestandteile einer E-Zigarette (aspire®), von links: Mundstück, Tank, Verdampferkopf, Base, Batterie.

      Wie groß sind diese Parameter beim Dampfen? Die überwiegende Mehrheit der in E-Zigaretten verwendeten Akkus liefert voll aufgeladen maximal 4,2 Volt. Bei Geräten ohne elektronische Regelung („mechanischen Geräten“) wird die Leistung über den Widerstand der Wicklung eingestellt und nimmt mit Entladung des Akkus fortlaufend ab. Bei einem Widerstand von 1 Ohm würde ein solches Gerät zu Beginn (4,2)2 = 17,6 Watt liefern, nach Entladung des Akkus auf 3 Volt hingegen nur mehr 9 Watt. Dieser Abfall der Leistung erfordert relativ häufiges Wechseln des Akkus, sodass mechanische Akkuträger zunehmend vom Markt verschwinden und vorwiegend von Liebhabern benutzt werden, die das Dampfen als Hobby betreiben. Außerdem sind die meisten dieser Geräte mit keiner Schutzelektronik ausgestattet, die Überbelastung oder Tiefentladung des Akkus sowie Kurzschlüsse verhindern würde. Mechanisches Dampfen und Modifikation der Geräte durch Bastler sind der häufigste Grund für „explodierende E-Zigaretten“ (korrekt: ausgasende Akkus), über die dann lustvoll – zumeist mit Fotos der blutigen oder angebrannten Opfer illustriert – in den Medien berichtet wird. Solche Geräte sollten daher nur von erfahrenen Dampferinnen und Dampfern mit ausreichender Kenntnis der Materie benutzt werden. Es besteht allerdings keine Veranlassung mechanische Geräte gesetzlich zu verbieten. Sportwagen mit 500 PS überfordern manche Autofahrer, sind aber deshalb nicht verboten. In beiden Fällen sollten Konsumenten jedoch beim Kauf eingehend über die Risiken und die korrekte Handhabung der Geräte informiert werden.

      Cigalikes, Podsysteme und kleine Akkuträger, die häufig von Einsteigern gekauft werden, sind mit Elektronik ausgestattet, die die Leistung über die gesamte Nutzungsdauer konstant hält (zumeist auf 3,5 bis 3,8 Volt). Diese Art von E-Zigaretten oder Akkuträgern nennt man getaktet. Abgesehen von der Sicherstellung gleichmäßiger Leistungsabgabe schützt die Taktung auch vor Tiefentladung des Akkus. Für langfristige Nutzung am sinnvollsten sind geregelte Akkuträger, auf die ein passender Verdampfer mit einem Tank für das Liquid aufgeschraubt wird. Die Regelung erlaubt variable Einstellung von Spannung oder Leistung. Mittlerweile wird anstatt der Spannung zumeist die Leistung eingestellt, sodass die abgegebene Dampfmenge unabhängig vom Widerstand der Wicklung ist. Zur Vermeidung des Trockenlaufens der Wicklung, was zum sogenannten Kokeln führen würde (siehe 5.1), stehen auch Geräte mit Temperaturbegrenzung zur Verfügung. Dazu werden Drahtmaterialen verwendet, deren Widerstand im Unterschied zum weit verbreiteten Kanthaldraht stark temperaturabhängig ist. Nickel, Titan oder Edelstahl sind die gebräuchlichsten Materialen. Bei ungenügendem Nachfluss von Liquid wird die Wicklung zunehmend heißer, was eine Erhöhung des Widerstands und damit einen Abfall der Leistung zur Folge hat. Temperaturkontrolle ist mittlerweile Standard bei den meisten höherpreisigen Akkuträgern. Aufgrund der verstärkten Emission gesundheitsschädlicher Carbonylverbindungen durch überhitzte Wicklungen (siehe 5.1) wird gelegentlich gefordert, E-Zigaretten ohne Temperaturkontrolle gesetzlich zu verbieten. Meines Erachtens ist das nicht gerechtfertigt, da das Dampfen trockener (kokelnder) Wicklungen äußerst unangenehm ist und daher von Nutzern vermieden wird. Auch handelsübliche Toaster erlauben Einstellungen, bei denen das Brot verkohlt, sind aber deshalb nicht verboten. Gesetzgebung sollte mit Augenmaß erfolgen und den Bürgerinnen und Bürgern nicht den letzten Rest an Eigenverantwortung nehmen. Im Folgenden werde ich kurz auf die verfügbaren Typen von E-Zigaretten eingehen. Für weitergehende Informationen verweise ich meine Leserinnen und Leser auf das Internet.

      Cigalikes sind kleine Geräte in Zigarettenoptik mit Zugautomatik und LED am vorderen Ende zur Simulation der Zigarettenglut. In der einfachsten Ausführung sind das Wegwerfgeräte, wobei die Kapazität der Batterie der Liquidmenge im Depot angepasst ist. Es sind aber auch Varianten mit wieder aufladbaren Akkus und auswechselbaren Liquid-Depots am Markt. Die Grenze zur Kategorie der Podsysteme ist fließend. Cigalikes haben ihre Berechtigung, da sie Raucher durch Optik, Handlichkeit und sehr einfache Handhabung ansprechen und damit deren Bereitschaft zum Umstieg fördern könnten. Langfristig werden solche Geräte aber aufgrund ihrer geringen Leistung und kurzen Nutzungsdauer nicht zufriedenstellen. Daher besteht die Gefahr, dass potentielle Umsteiger aufgrund der Mängel und eingeschränkten Tauglichkeit dieser Geräte die gesamte Produktgruppe „E-Zigarette“ als mangelhaft bewerten und vom Umstieg abgehalten werden könnten.

      Podsysteme sind etwas größer als Cigalikes und unterscheiden sich von diesen durch Fehlen der Zigarettenoptik. Sie bestehen aus aufladbaren Akkus mit etwas höherer Kapazität, auf die sogenannte Pods mit integriertem Verdampfer und Liquidtank aufgesteckt werden. Podsysteme sind in diversen Ausführungen am Markt. So findet man sowohl Geräte mit, als auch ohne Zugautomatik. Manche Varianten erlauben Füllungen der Pods mit selbstgewählten Liquids, bei anderen kommen Einweg-Pods zum Einsatz, die regelmäßig nachgekauft werden müssen. Es gibt exzellente Podsysteme, die aufgrund ihrer Handlichkeit auch von erfahrenen Dampferinnen und Dampfern langfristig benutzt werden. Das zurzeit wohl bekannteste Podsystem wurde von der Firma Juul Labs in USA entwickelt. In Abschnitt 10.11 werden wir den Einfluss dieses Fabrikats auf die Dampferszene näher beleuchten.

      Langfristig