Cedric Balmore

Einäugige Killer: 5 klassische Krimis


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Wir sind in Rochelle Park gesehen worden«, wandte Andy Bribe ein.

      »Die sehen uns täglich ein paarmal«, meinte Svensson. »Schließlich wohnen wir hier.«

      »Wie stellst du dir die praktische Ausführung vor?« wollte Bribe wissen. »Soll ich ihn etwa halten?«

      Svensson lachte. »Unsinn. Das würdest du nicht schaffen. Nein, wir binden ihn auf den alten Jeep, der hinter dem Hangar steht. Dann fahren wir den Jeep langsam an die Maschine heran. In der Art eines Baumstammes, der von einer Transportbühne an die Säge hei'-angeführt wird.«

      »Mir wird schon bei dem Gedanken übel«, sagte Bribe.

      »Ich bin gleich wieder da«, meinte Erik Svensson und ging hinaus. Andy Bribe steckte sich eine Zigarette an, obwohl mindestens ein Dutzend Schilder innerhalb des Hangars das Rauchen strikt untersagten.

      »Wer tötete Lala Price?« fragte ich Andy Bribe.

      Er starrte mich verblüfft an. »Das wirft mich um«, murmelte er. »Wir reden von dem, was wir mit Ihnen anstellen wollen, und Sie interessieren sich für Dinge, die nicht im geringsten damit Zusammenhängen. Haben Sie denn nicht kapiert, daß Sie Ihren Kopf praktisch schon los sind?«

      »Theoretisch«, stellte ich richtig. »Los, sagen Sie es mir: Wer hat es getan?«

      »Erik hat das Mädchen erschossen. Lester Norwich wollte es so«, sagte Bribe.

      »Und Sie lenkten den Wagen?«

      Andy Bribe nickte. »Erik konnte nicht gleichzeitig schießen und fahren. Wir waren dem Mädchen über eine Stunde gefolgt. Lala wiederum hatte sich Ihnen an die Fersen geklebt.«

      »Warum wollte mich das Girl töten? Wer hatte ihr weisgemacht, daß ich Lester Norwich erschossen haben sollte?«

      »Lester Norwich wollte Lala loswerden. Um dieses Ziel zu erreichen, mußte er sie mit einem Trick aus dem Haus locken. Er ließ Lala telefonisch bestellen, daß Sie — Jesse Trevellian — hinter die Zusammenhänge des Hartford-Diamantenraubes gekommen seien und versucht hätten, Lester Norwich zu verhaften. Dabei sei es zwischen Norwich und Ihnen zu einem Schußwechsel gekommen, in dessen Verlauf Lester getötet worden sei.«

      »Wie kam Norwich ausgerechnet auf meinen Namen?« erkundigte ich mich.

      Andy Bribe zuckte mit den Schultern. »Er hat ihn irgendwo mal aufgeschnappt, nehme ich an. Er hätte ebensogut den Namen eines anderen FBI-Agenten wählen können, aber es war nun mal Ihrer.«

      »Okay, weiter«, sagte ich. »Konnte er denn voraussehen, daß Lala Price seinen Tod rächen würde?«

      »Nein«, sagte Bribe kopfschüttelnd. »Aber ihm war klar, daß das Girl wie eine Furie aus dem Haus rauschen würde, um Sie zur Rede zu stellen.«

      »Ich kann noch immer nicht verstehen, warum Norwich das Mädchen loswerden wollte«, sagte ich. »Es sei denn, er wünschte die Beute mit ihr nicht zu teilen.«

      »Das war nur ein Punkt seiner Überlegungen«, meinte Andy Bribe. »Es gab einen weitaus bedeutungsvolleren. Er wollte nicht Lala, sondern Corinna heiraten. Solange Lala lebte, wäre das nicht möglich gewesen.«

      »Warum nicht? Die beiden Schwestern verstanden sich nicht. Vielleicht hätte es Corinna sogar Vergnügen gemacht, der ungeliebten Schwester den Liebhaber auszuspannen.«

      »Das hätte Lala nicht zugelassen. Sie haben ja erlebt, wozu sie imstande war. Norwich wußte, daß Lala nicht einmal vor einem Mord zurückschrecken würde — und das störte ihn an ihr. Er wollte keine Frau heiraten, die seine kriminellen Neigungen teilte. Er wollte der Boß sein und bleiben — deshalb zog er die schöne Corinna vor.«

      »Wie gut kannte er Corinna?«

      »Eigentlich kannte er sie nur vom Ansehen. Er war überzeugt davon, sie gewinnen zu können. Er fühlte, daß sie für seine Zwecke die geeignetere Partnerin sein würde — nicht so ausgekocht wie Lala, die ihn zwar abgöttisch liebte, von der er aber befürchtete, daß sie ihm immer wieder mit ihrem Temperament Schwierigkeiten machen würde, und die er im übrigen nicht in dem Maße für gesellschaftsfähig hielt wie ihre Schwester Corinna.«

      »Es gab sicherlich noch einen anderen Punkt, der Lester Norwich’ Pläne und Überlegungen formte«, sagte ich. »Er ist der wichtigste von allen.«

      »Nämlich?« fragte Bribe.

      »Ken Price’ Vermögen. Norwich wollte es erben.«

      »Stimmt«, sagte Bribe.

      »Es war von Anbeginn Norwich’ erklärte Absicht, die Price-Millionen zu kassieren«, sagte ich. »Um dieses Ziel zu erreichen, mußten ihm zwei Dinge gelingen. Erstens mußte er eine der Erbinnen heiraten, und zweitens mußte er durch Ken Price’ Tod die Erbschaft wirksam werden lassen. Wenn Norwich eines der Mädchen geheiratet und das andere am Leben gelassen hätte, wäre nur die Hälfte der Erbschaft in seinen Besitz gelangt. Da Norwich kein Mann ist, der halbe Sachen macht, entschloß er sich dazu, die Schwester seiner ,Braut' aus dem Weg zu räumen. Für ihn erhob sich demnach die Frage, ob es Lala oder Corinna treffen sollte. Er konzentrierte sich zunächst auf Lala. Sie verliebte sich prompt in ihn. Er drehte mit ihr ein paar krumme Sachen, um sie enger an sich zu ketten, begriff aber dabei, daß sie nicht die Frau war, mit der er auf die Dauer zusammen leben konnte.«

      »Warum fragen Sie soviel? Sie wissen doch bestens Bescheid!« meinte Andy Bribe.

      »Ich weiß zwar, was geschehen ist, aber es gibt da ein paar Dinge, die mir zu hoch sind«, sagte ich. »Da ist zum Beispiel der Diamantenraub. Die Aktion hätte Lester Norwich mit einem Schlag zum reichen Mann machen können. Wieso gab er sich damit nicht zufrieden?«

      »Sie überschätzen den Wert der Beute. Außerdem wurde sie ihm ja wieder abgeknöpft.«

      »Das konnte er vorher nicht wissen.«

      »Er mußte Erik und mich für die Morde entlohnen, und wir sind nun mal nicht billig. Lester Norwich unterschätzte seine Aufgabe keineswegs. Er wußte, welche Macht Ken Price verkörperte und wie schwierig es sein würde, den Syndikatsboß abzuservieren. Um dieses Ziel zu erreichen, benötigte Lester Norwich eine eigene schlagkräftige Organisation. Das kostet Geld. Mit der Hartford-Beute wollte er ursprünglich seinen Feldzug gegen Ken Price finanzieren. Dummerweise schnappten Sie ihm die Beute aus Lalas Schlafzimmer weg. Norwich hatte sie dem Girl überlassen, um zu zeigen, wie sehr er Lala vertraute — es war einer seiner Bluffs.«

      »Als Norwich den Befehl gab, Lala zu töten, schickte er eines seiner Bandenmitglieder los, um die Beute aus dem Apartment holen zu lassen…«

      »Ganz recht«, nickte Andy Bribe und schielte unruhig zum Eingang des Hangars, »aber Bernie Hobson geriet dabei in die Hände von Stan Pollock. Sie kamen dazu und verhafteten Bernie. Damit war die Beute im Eimer.«

      »Welche Rolle spielte Lala Price’ Gorilla in diesem schmutzigen Stück?« wollte ich wissen.

      »Fred Harper? Gar keine. Er ging einfach stiften, als er sah, daß es Lala erwischt hatte. Fred Harper hatte Angst, von Ken Price wegen Vernachlässigung seiner Sorgfaltspflicht zur Verantwortung gezogen zu werden.«

      »Wie kam Ken Price hinter Lester Norwich’ Pläne?«

      »Das kann ich nur vermuten«, sagte Andy Bribe. »Ihn interessierten die Leute, die mit seinen Töchtern verkehrten. Er ließ sie vermutlich überwachen und mit Abhörgeräten belauschen. Dabei muß er entdeckt haben, was gespielt wurde. Es ist klar, daß er zum Gegenangriff ansetzte und Lester Norwich abzuservieren versuchte.«

      Ich hörte, wie ein Motor ansprang.

      »Endlich«, sagte Bribe. »Ich dachte schon, der wollte einen Jeep aus dem Ort holen.«

      Am Tor des Hangars erschien ein alter, klappriger Jeep. Er rollte bis zu Andy Bribe und mir heran und stoppte. Svensson sprang heraus. Er hatte eine Handvoll Stricke unter seinem linken Arm.

      »Mann,