Cedric Balmore

Einäugige Killer: 5 klassische Krimis


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»Dir ist doch hoffentlich die Zeit nicht lang geworden?«

      »Ich will weg von hier«, sagte Andy Bribe nervös. »Verdammt, was geschieht, wenn plötzlich jemand hier aufkreuzt?«

      »Um diese Zeit und in dieser Hitze? Keine Angst!« lachte Erik Svensson. »In zehn Minuten ist alles vorüber. Lege ihn auf die Motorhaube.«

      Andy Bribe zog seinen Revolver aus dem Hosenbund und schaute mir in die Augen. »Hören Sie gut zu, Trevellian. Es ist für alle Beteiligten das beste, wenn wir die Sache schnell hinter uns bringen. Natürlich können Sie versuchen, sich zu wehren, aber das würde ich Ihnen nicht raten. Wenn Sie Schwierigkeiten machen, bekommen Sie eine Vollnarkose mit dem Revolverschaft. Ist das klar?«

      Mein Mund war trocken. In dem Hangar war es knallheiß. Unter Bribes und Svenssons Achseln zeichneten sich Schweißflecken ab. Ich wollte etwas sagen, ich wollte mit ein paar schlauen Worten versuchen, den Plan der Männer umzustoßen, aber mir fiel nichts ein. Mein Kopf war wie ausgehöhlt.

      Sie legten mich auf die Motorhaube. Ich ließ mich prompt herunterrollen. Dann geschah das, was Bribe mir angedroht hatte. Ich erhielt einen Schlag über den Kopf und wurde ohnmächtig. Als ich wieder zu mir kam, zurrten sie mich mit den Stricken auf der Motorhaube fest.

      Ich entdeckte, daß die Gangster mich auf ein Brett geschnallt und dann auf die Motorhaube gelegt hatten. Das Brett stützte den Nacken und sorgte dafür, daß ich mit dem Kopf über den Kühler hinausragte. Meine Füße lagen auf der heruntergeklappten Windschutzscheibe.

      Ich konnte mich nicht rühren. Die Stricke waren alt und schmutzig, aber sie hatten nichts von ihrer soliden Festigkeit verloren. Ich versuchte sie mit einem gewaltsamen Anspannen meiner Muskeln zu sprengen, mußte aber vor den Schmerzen kapitulieren, die ich mir dabei zufügte.

      »Alles okay?« fragte Svensson, als Andy Bribe nochmals den Sitz der Knoten prüfte.

      »Es kann losgehen«, sagte Andy Bribe , schwer atmend.

      Über Erik Svenssons schweißnasses Gesicht huschte ein schmutziges Grinsen. »Diese Methode hat einen unleugbaren Vorteil«, sagte er. »Wir sind dabei echte Partner. Wenn einer von uns ausfiele, wäre diese Exekution unmöglich. Ich lasse den Motor an, und du fährst unseren Freund unter das Rasiermesser.«

      »Halt die Schnauze!« brüllte Andy Bribe wütend. »Du redest zuviel. Steig endlich ein, damit wir die Sache hinter uns bringen können.«

      »Warum denn so eilig?« höhnte Svensson. »Ich finde, wir sollten unserem Freund noch Gelegenheit zu einem letzten Wort geben.«

      Ich verzog das Gesicht. Die schmutzigen, ölverschmierten Stricke stanken bestialisch. Entweder hatten sie bislang zur Befestigung von Benzinkanistern gedient, oder Svensson hatte sie aus einer Öllache gezogen.

      »Haben Sie noch einen Wunsch, G-man?« erkundigte sich Erik Svensson spöttisch.

      »Ja«, sagte ich. »Eine Zigarette.«

      »Kommt nicht in Frage«, entschied Andy Bribe. »Er will bloß Zeit gewinnen.«

      »Du bist zu hart, Andy«, höhnte Erik Svensson und zog ein Päckchen Zigaretten aus seiner Hosentasche. Er schob mir eine Zigarette zwischen die Lippen und gab mir Feuer. Ich inhalierte tief und fragte mich, ob diese Zigarette meine Henkersmahlzeit sein sollte.

      Ich lauschte angestrengt nach draußen. Außer dem Zirpen der Grillen war nichts zu hören. Man hätte meinen können, daß im Umkreis von fünfzig Meilen keine Menschen wohnten.

      »Willst du etwa warten, bis er mit dem Ding fertig ist?« fragte Andy Bribe gereizt und setzte sich an das Steuer des Jeeps.

      Erik Svensson beobachtete mich grinsend, dann schüttelte er seinen Kopf. »Da fällt mir eine Nummer ein, die ich mal im Zirkus gesehen habe«, sagte er. »Da schlug jemand seinem Partner mit der Peitschenspitze die brennende Zigarette aus dem Mund. Wir ändern das 'ein wenig. Wir machen das mit dem Propeller.«

      »Wenn du nicht sofort anfängst, hau’ ich ab«, drohte Andy Bribe wütend.

      »Erst müssen wir mal Maß nehmen«, sagte Svensson. »Fahr zu Ammons Maschine hinüber.« .

      Der Motor des Jeeps sprang beim ersten Startversuch an. Ich blickte an die Decke des Hangars, als wir auf eines der Flugzeuge zurollten. Andy Bribe stoppte den Wagen unterhalb des Propellers. »Mist«, sagte er. »Das hätten wir uns vorher überlegen sollen. Da fehlen mindestens noch anderthalb Yard.«

      »Das werden wir gleich haben«, meinte Svensson. Ich hörte, wie er zum Schwanz des Flugzeugs ging. Er hatte keine Mühe, ihn anzuheben. »Ich schiebe den Holzbock darunter«, sagte er. »Reicht das?«

      »Prima«, sagte Andy Bribe. »Jetzt kommt es tadellos hin. Wird die Chose auch halten, wenn du die Kiste anläßt?«

      »Ich schiebe vorsichtshalber noch ein paar Bremsklötze unter das Fahrgestell«, meinte Erik Svensson.

      Ich wandte den Kopf. Dicht neben mir war die Schneide des Metallpropellers. Wenn der Motor ansprang, war es für mich zu spät. Ich hörte, wie Erik Svensson die Bremsklötze unter die Räder schob und wiederholt mit seinen Füßen dagegentrat.

      »Kann’s losgehen?« fragte Andy Bribe. Erstaunlicherweise klang seine Stimme jetzt ganz ruhig.

      »Es ist soweit«, bestätigte Erik Svensson und kletterte in die Kanzel der Maschine.

      Ich machte einen tiefen Zug. Dann drehte ich den Kopf mit der Zigarette so weit herum, wie mir das möglich war, und drückte ihr brennendes Ende gegen den ölgetränkten Strick, der meine Schultern an dem Brett festhielt.

      Die Wirkung war verblüffend. Nach einem kurzen häßlichen Zischlaut schoß eine Flamme aus dem Strick, als wäre es eine Zündschnur. Ich spürte, wie die Hitze nach meiner Haut griff, und schloß die Augen.

      »Stop!« schrie Andy Bribe und schwang sich aus dem Jeep. Die Stricke brannten jetzt lichterloh. Mein Anzug bot einen gewissen Schutz gegen die züngelnden Flammen, aber es war klar, daß sie sich in Sekundenschnelle hindurchgefressen haben würden.

      Andy Bribe sprang vor die Kühlerhaube, des Jeeps, um schieben zu können. Er wollte vermeiden, daß die Flammen die Benzinleitungen des über mir befindlichen Flugzeugmotors gefährdeten. Genau in diesem Moment sprang der Motor knatternd an.

      Ein seltsames, ebenso flaches wie hartes Geräusch machte mir klar, daß Andy Bribe von dem Propeller erwischt worden war.

      Mein Kopf war von dem rotierenden Propeller nur wenige Inch entfernt. Mir war es zumute, als würde er mein Haar und meine Kopfhaut abrasieren. Ich zog meinen Körper zusammen oder bildete mir doch ein, es zu tun. Die sengende Hitze auf meiner Haut verebbte. Der Propellerwind drückte die Flammen aus und ließ nur noch einen kleinen Schmorbrand übrig.

      Der Motor wurde gestoppt. Der Propeller machte noch einige Umdrehungen, dann kam er zum Stillstand. Die schmorenden Stricke stanken infernalisch.

      Erik Svensson sprang aus der Kanzel auf die Tragfläche und von dort auf den Boden. Als er seinen Partner sah, stieß er einen würgenden Laut aus. Ich wußte nicht, welches Bild sich ihm in diesem Moment bot.

      Erik Svensson wandte sich ab. Ich hörte, daß er sich erbrechen mußte.

      Ich spannte die Muskeln und schaffte es mit äußerster Kraftanstrengung, die von den Flammen zerfressenen Stricke an meinen Schultern zu sprengen. Nachdem ich den Oberkörper frei bewegen konnte, schaffte ich es, die Handfesseln gegen die scharfen Seitenkanten des Brettes zu reiben. Ich spürte, wie die einzelnen Hanfstränge platzten. Der Rest war ein Kinderspiel. Ich schwang mich von der Motorhaube. Hinter mir polterte das Holzbrett zu Boden.

      Das Geräusch ließ Erik Svensson herumfahren. Er lehnte leichenblaß an der Tragfläche. Seine Augen weiteten sich, als er entdeckte, daß es mir während seines Unwohlseins gelungen war, mich zu befreien.

      Seine Hand zuckte hoch, um den Revolver aus der Schulterhalfter zu reißen. Ich war bei ihm, noch ehe