Udo Lau

Jagd mit Freunden


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oder gar einen tödlichen Treffer hin…der Bock geht gesund ab…wieder vorbei!!

      VorbeiauchKarlHeinzruhigeZuversichtundGelassenheit.Schweißüberströmt kommt er mir wie ein Häufchen Unglück entgegen, Resignation und Enttäuschung stehen in seinem Gesicht, da helfen auch keine tröstenden Worte. Diana war ihm an diesem Tag nicht hold und ein Waidmannsheil war ihm nicht vergönnt. Was bleibt für ihn als Trost übrig? Eine eigene Waffe muss her, nur die gibt ihm Sicherheit und Vertrauen in den eigenen Schuss. Damit versuche ich ihn bei einem Herforder wieder aufzubauen und von seinen Grübeleien abzulenken.

      Nach einem verspäteten Frühstück und der Rückkehr unserer beiden Probeschützen Rudi und Fivos, machen wir uns zu viert auf das Einsammeln der Beute an der Lakeweide. Der erste Bock ist schnell gefunden, auch wenn er fünf Meter auf dem Nachbarrevier seinen letzten Schnaufer getan hat. Vom „Knopfer“ aber fehlt jede Spur. Das gibt uns Rätsel auf.

      Nachdem ich vom Platz der Schussabgabe bis zum vermeintlichen Anschuss 210 Schritt zurückgelegt habe, suche ich den Platz vergeblich nach verwertbaren Schusszeichen ab. Das hohe Roggengras und die dichte Bodenvegetation erschwert die Suche ganz erheblich. Ich werde unsicher!

      Sollte der von Rudi und Fivos beobachtete Bock, dessen merkwürdiges Verhalten auch wir gesehen haben, vielleicht doch der Gesuchte sein? Sollte er tatsächlich noch einmal hochgekommen sein und sich ins Wundbett gelegt haben, ohne dass wir seinen Fluchtweg bemerkt hätten?

      Die Hunde sind durch die vielen Rehwildfährten und völlig verwirrt und geistern ziellos hin und her. Dennoch weisen sie uns ein Wundbett nach und wir finden den ersten Schweiß, ein gutes oder schlechtes Zeichen? Fivos findet sogar einen Knochensplitter, und nach allem was wir beobachtet haben, muss das Stück einen Laufschuss haben und krank abgegangen sein; deshalb auch der hohe Rücken.

      Erle wird geschnallt und bögelt die Wiese im kniehohem Roggengras ab, Fussel assistiert, ist aber gar nicht zu sehen… nichts! Wir suchen die Kanten ab und untersuchen noch einmal den Anschuss…nichts. Die Mittagssonne und die Hitze treiben uns nach drei Stunden zur Hütte zurück, kurze Pause und die Erkenntnis, ein brauchbarer Schweißhund muss her. Aber aktuell ist auf die Schnelle keiner zu finden.

      Also müssen wir nach einer kurzen Stärkung noch einmal ran. Alle Möglichkeiten werden erwogen: - 1. er ist über den Grenzbach ins Nachbarrevier gewechselt. – 2. er hat sich unbemerkt ins Gehölz geschlagen. – 3.er liegt noch weidwund auf der Wiese.

      Wir gehen alles noch einmal ab, jedes rote Fleckchen auf einem Grashalm kommt uns wie die langersehnte Schweißspur vor. Jedes ungewohnte Trittsiegel auf dem feindlichen Acker wie die Bestätigung des flüchtigen Dreibeiners. Stunden vergehen und uns verlassen langsam die Kraft und der Mut.

      Es bleibt noch die letzte Chance: wir müssen die Wiese mit dem Wundbett noch einmal systematisch durchkämmen – bei der Größe von zwei Fußballfeldern keine leichte Aufgabe. Die Schützenkette besteht aus drei Mann und zwei Hunden, Rudi verhandelt inzwischen mit dem Reviernachbarn Kannengießer.

      Nach der 4. Bahn nähern wir uns dem markierten ersten Wundbett und keine 20 Schritt davon entfernt sehe ich ein braunes Etwas. Sekunden später mein erlösender Ruf:“ Da liegt er!“

      Drei Meter von mir entfernt schaut er mich an. Fivos ist heran und hebt die Waffe, langsam richtet er die Mündung auf den Weidwunden und jeder von uns erwartet den finalen Fangschuss. Nichts passiert. Wie paralysiert stehen sich der Grieche und der Bock Auge in Auge gegenüber…wer ist das Kaninchen, wer die Schlange?

      Da müdet der Bock auf und flüchtet mit hängendem Vorderlauf davon. Jetzt erwacht Fivos aus seiner Trance und reißt die Mannlicher an seine Schulter und wird seinem griechischen Naturell gerecht: in kurzen Abständen schickt er dem Flüchtenden ein Sperrfeuer hinterher, dreimal staubt der braune Ackerboden auf, ohne Treffer, dann hat der Bock den Grenzgraben überfallen und ist im nächsten Gehölz verschwunden. Welch eine schändliche Choreografie!

      Ich kann es gar nicht fassen und schaue Fivos entsetzt an, bevor ich mit entsicherter Waffe und Fussel an der Leine dem Bock hinterherstürze. Auch Erle hat die Fluchtfährte aufgenommen und hetzt dem armen Kerl mit lautem Jiff und Jaff nach. Dann Standlaut und Ruhe.

      Mit seinem norwegischen Jagdmesser hat Rudi der Qual ein Ende gesetzt.

      Das Stück hatte die daumenlangen Knubben noch nicht verfegt und wog aufgebrochen nur knappe 10 kg. Dennoch hätte man ihm ein solch dramatisches Ende gern erspart.

      Die abendliche Nachbesinnung dieses ungewöhnlichen Jagdtages, an dem am Ende alle vier Freunde und die Hunde beteiligt waren, hatte bei dem einen oder anderen doch manch stille und nachdenkliche Phase. Einig waren sich am Ende alle über den Titel dieser Dramaturgie: Das „Himmelfahrtskommando“

       STOLZE BEUTE

      DER BIRKHAHN RUFT

      Oktober 1985

      Aus den Erfahrungen der beiden letzten Tage haben wir gelernt und beschlossen, unseren Ansitz auf den Bereich zwischen „Spielhahnwiese“ und den „Elchkamm“ zu konzentrieren. Eine Strategie, die sowohl die Geländeformationen, Windrichtung und Deckungsbedingungen, als auch Sicht – und Sicherungsaspekte berücksichtigte.

      Wir – das sind fünf verwegene „Jagersmanen“ aus „Tüskeland“, die sich zu einem verschworenen Quintett zusammengetan haben, um in der Einsamkeit Südnorwegens auf Birkwild zu jagen. Ein Vorhaben, das nach langer Planung und Vorbereitung nun endlich wahr wurde.

      Ausgangspunkt war – wie so häufig – Rudis Angebot und Einladung zu einer Jagdreise, deren Ziel ihm seit vielen Jahren schon vertraut und durch häufige Familienurlaube ans Herz gewachsen war…sozusagen seine zweite Heimat: ein einsam gelegener, alter Bauernhof mit einem traumhaften Panoramablick auf einen kristallklaren See, inmitten einer norwegischen Urlandschaft, die von der Eiszeit geformt und von der Sonne gemalt wird: geschliffene Felspartien durchsetzt von Birken – und Kieferwäldchen, in den Tälern liegen moorige Feuchtwiesen mit kniehohem Riedgras, hier und da plätschert ein silbernes Bächlein über Felskaskaden in kleine versteckte Seen, und die grünen Blaubeerbüsche wechseln sich mit dem lila Heidekraut ab. Eine Augenweide für den Betrachter und ein Genuss für die Sinne, eingebettet in eine unfassbare Ruhe.

      Und die fünf Jagdfreunde ? – eine Mannschaft der Verwegenen – jeder für sich ein Original. Sie und ihre Eigenarten zu beschreiben würde allein eine umfangreiche Charakterstudie füllen. Hier bleibt das Bild auf ihre jagdlichen Fähigkeiten und ihre outdoortüchtigen Qualitäten beschränkt, deren Herausforderungen ohnehin groß genug sind.

      Wir hatten schon drei erlebnisreiche Tage hinter uns und uns mit der Umgebung auf bewaffneten Spaziergängen vertraut gemacht. Dazu gehörte auch eine zünftige Fahrt mit dem Kanadier über den See zu dem einsamen Nachbarn Arne Bjorvatn, der uns mit seinen drei Hasenhunden freundlich empfing und sich mit Rudi auf Espestjölplatt „fließend“ unterhielt.

      Im Haus hatten wir uns gemütlich eingerichtet und die Bettenverteilung nach Schnarchgewohnheiten berücksichtigt. Die herbstliche Kühle wurde durch die gewissenhafte Befeuerung des Kamins mit der Erfahrung unseres Oberförsters Klaus dauerhaft beherrscht…sogar nachts.

      Meine Aufgaben bestanden im Wesentlichen in der Organisation des Unterhaltungsprogramms und der notwendigen Ergänzungseinkäufe für die Sicherung der weiteren Nahrungs – und Verpflegungseinheiten.

      Fivos – unser Grieche – kam mir mit seinen kretischen Kochkünsten dabei zur Hilfe, sodass wir die Truppe auf`s Feinste verköstigten.

      W.P. – unser Feingeist, beschränkte sich hauptsächlich auf die Einhaltung seiner rituellen Waschungen und die telefonische Kontaktaufnahme mit seiner frischvermählten Verlobten.

      So war jeder eingespannt in den täglichen Ablauf unserer Abenteuer, deren Höhepunkte natürlich die gemeinsamen Jagdeinsätze waren, die dann unsere totale Konzentration erforderten.

      Rudi – unser Jagdherr und Revierkenner – hatte bereits vorgelegt und am Abend vorher