Werner Stilz

Darum in die Ferne schweifen


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Zwischen Ost und West

       Zurück im alten Job

       Das Privatleben

       Berufliche Entwicklung

       Zwischen Freude und Ärger

      Parkinson 5: Das neue Jahr 2019 fängt nicht gut an

      V Chinesisches Tagebuch

       Ein neues Abenteuer kündigt sich an

       Vorbereitungen

       Leben und arbeiten in China

       Unterwegs

       Beruf und Familie

       Deutsch-Chinesischer Krimi

       Licht und Schatten

       Unter »Expats«

       Das letzte Jahr

      Parkinson 6: Ostersamstag 2019

      VI Schöne Aussichten

       Eintauchen ins behagliche Leben

       Stadt, Land, Fluss

       Aufgaben

       Namibia

       New York

       Ein bemerkenswertes Jahr

       Start in ein neues Jahrzehnt

      Parkinson 7: Zurück in der Gegenwart

      VII Notizen aus der Fülle der Zeit

       Reisen 2014

       Eine Woche im Oktober 2014

       Die Jahre 2015 bis 2017

       Die Jahre 2018 bis 2020

       Dank

      Parkinson 1

      Erste Begegnung mit Morbus Parkinson

      Gudrun war eine begnadete Hobby-Malerin. Ihre Aquarelle, die sie bei gelegentlichen Vernissagen ausstellte, meist Stillleben mit Schwerpunkt Blumen, gefielen mir ausgesprochen gut. Auch ich begann vor etlichen Jahren, nachdem ich im Ruhestand war, hobbymäßig mit der Aquarellmalerei und bevorzugte die gleiche, lockere Stilrichtung wie Gudrun. Doch ich wollte malen, und sie konnte es!

      Ich lernte Gudrun im Fitnessstudio kennen. Ein- bis zweimal in der Woche ging ich zur Gymnastik der »Best Ager«, womit diskret angedeutet ist, dass die Mitglieder ihre besten Jahre hinter sich haben. Die für uns Rentner anspruchsvolle Gymnastik konnte Gudrun schon lange nicht mehr mitmachen. Sie blieb an den Geräten. Die Übungen gelangen ihr nur unter größter Mühe. Die Gewichte, die sie sich auflegen ließ, wurden immer leichter. Doch Gudrun war zäh, sie ließ sich nicht unterkriegen. Selbst als sie sich von ihrem Freund Peter im Rollstuhl zum Fitnesscenter fahren lassen musste, war sie stets bei der Kaffeerunde nach der Übungsstunde dabei. Ihre Bewegungen waren mehr und mehr eingeschränkt, das Reden fiel ihr immer schwerer. Die böse Krankheit beherrschte ihren Körper vollkommen. Eines Tages hatte Morbus Parkinson obsiegt, wir nahmen Abschied.

      Das war vor etwa sechs Jahren. Natürlich verschwendete ich damals noch keinen Gedanken daran, dass es mir selbst einmal ähnlich gehen könnte. Doch nun ist es sicher und amtlich: Auch ich habe Parkinson.

      Wie fing das alles an? Im April 2017 bekam ich eine starke Erkältung. Ich fühlte mich damals ziemlich elend, wachte nachts schweißgebadet auf, stellte mich bei allem, was ich tat, ungeschickt an, war müde. Meine Hausärztin verschrieb mir ein Antibiotikum, eine große Tablette, von der ich drei Stück pro Tag nehmen sollte. Nach etwa einer Woche ging es mir wieder besser. Ich wagte mich aus dem Haus und auch wieder ins Fitnessstudio. Gerhard, ein Sportfreund, fragte mich unter der Dusche: »Hast du abgenommen?«

      Ich schaute auf meinen Bauch und antwortete nur: »Schön wäre es!«

      Doch die Waage gab dem Sportfreund recht: Sie zeigte fünf Kilogramm weniger an. Ich konnte mir diesen raschen Gewichtsverlust nicht erklären. Meine Hausärztin maß dem keine große Bedeutung bei. Doch mir ließ der große und plötzliche Gewichtsverlust keine Ruhe. Mein erster Gedanke war: Du hast Krebs! Ich wusste von einer Bekannten, wie sie festgestellt hatte, dass ihr Mann an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt war. Sehr plötzlich hatte er Gewicht verloren. Außerdem waren drei meiner Cousins an dieser fürchterlichen Krebsart gestorben.

      Die Alarmglocken klingelten sofort bei mir. Ich wandte mich erneut an meine Hausärztin. Sie blieb weiterhin gelassen: »Es kann schon mal passieren, dass das Gewicht runtergeht, vor allem nach der Einnahme von Antibiotika. Also bitte keine Panik!«

      Natürlich ist es ihre Pflicht als Ärztin, ihre Patienten zu beruhigen. Doch bei mir gelang es ihr nicht so recht. Ich bestand darauf, dass sie mich zu einer Magen- und Darmspiegelung überwies. Als diese keinen Befund ergab, atmete ich auf. Auch die folgenden CT- und MRT-Untersuchungen brachten keine Hinweise auf eine ernsthafte Erkrankung, nur die Lunge zeigte einen kleineren dunklen Fleck. Also alles okay!

      Zweifel blieben dennoch. Ich fühlte mich weiterhin matt, schlief schlecht. Oft war mir schwindelig. Außerdem fing meine linke Hand zu zittern an. Die Gymnastik-Übungen mit meinen »Best-Agern« im Fitness-Studio musste ich sein lassen. Nur an den Geräten fühlte ich mich noch sicher.

      Allmählich verfestigte sich in mir eine bedrohliche Ahnung: Alzheimer oder Morbus Parkinson. Es folgte ein erster Besuch beim Neurologen. Er untersuchte meinen Kopf, machte ein paar Tests – wie den bekannten Uhrentest – und schickte mich wieder weg: »Sie sind nicht dement.«

      Weder er noch meine Hausärztin kamen auf die Idee, dass es Parkinson sein könnte. Doch mir schien dieses Krankheitsbild immer mehr als das wahrscheinlichste. Ich verlangte eine erneute MRT-Untersuchung. Diese bestätigte meinen schrecklichen Verdacht. Die Hausärztin schickte mich zu einem anderen Neurologen. Er erkannte sofort, was Sache war.

      Zunächst fasste er meinen linken Unterarm und bewegte ihn vorsichtig auf und ab.

      »Ganz lockerlassen«, forderte er mich auf, schnappte sich den rechten Arm und wiederholte die Bewegungen. Dann ließ er mich auf dem Gang vor seinem Arztzimmer drei-, viermal auf- und abgehen. Zuletzt erklärte er mit fester Stimme, was ich eigentlich schon wusste: »Es besteht kein Zweifel. Sie haben Morbus Parkinson.«

      Er verschrieb mir das Arzneimittel Levodopa. Ich sollte morgens, mittags und abends erst eine halbe, später eine ganze Tablette einnehmen. Inzwischen sind es zwei. Diese Arznei zeigte zunächst keine Nebenwirkungen. Ich schien sie gut zu vertragen. Beim zweiten Besuch verschrieb mir der Neurologe zusätzlich Pramipexol. Davon sollte ich eine Tablette einnehmen. Für die Nacht kam noch eine Levodopa-Retard-Tablette dazu. Beide Medikamente sollen das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen.

      Auch wenn die Prognose Morbus Parkinson nicht schön klingt, war ich doch irgendwie erleichtert, dass ich endlich aus Expertenmund erfuhr, woran ich war. Meine schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich zumindest nicht. Ich war weder an (fast immer tödlichem) Bauchspeicheldrüsenkrebs noch an Leberkrebs erkrankt.

      Im Laufe der Zeit habe ich einen häufig genannten Satz verinnerlicht: An Parkinson stirbt man nicht! Dabei verdränge ich nicht die Tatsache, dass die Krankheit oft die Ursache für schwere Stürze ist – mit den bekannten Folgen.

       Was ist eigentlich Morbus Parkinson?

      Im Jahr 1817 beschrieb der britische Arzt Dr. James Parkinson in seiner »Abhandlung über die Schüttellähmung« zum ersten Mal die unheilbare Krankheit, die nach ihm benannt wurde. Sie beginnt im Gehirn, wo sich die Nervenzellen mithilfe von bestimmten Botenstoffen verständigen. Für Morbus Parkinson ist Dopamin der entscheidende Botenstoff. Er sorgt dafür, dass die Nervenzellen die Bewegungen der Muskeln miteinander abstimmen. Bei der Parkinson-Krankheit sterben die Gehirnzellen, die Dopamin herstellen,