Ralph Muller

Erfolg in Digitalien


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von Good Practices ablöst und damit alte Bewertungsmechanismen und die Beispielhaftigkeit bewährten Umgangs mit dem Neuen ad absurdum geführt werden.

      Zentral versus dezentral

      Konnte in der einfachen Welt noch der Patron alle notwendigen Entscheidungen treffen und – gerne auch kaskadierend – in Arbeitsanweisungen an Untergebene übersetzen, so wird dies bereits ab der komplizierten Welt schwieriger. Kaum ist es noch möglich, genau zu bestimmen, welche der vielfältigen Wirkungen und Ursachen für Veränderungen verantwortlich gemacht werden können, und wie nun darauf reagiert werden sollte. Gänzlich unmöglich lässt sich dies jedoch in der komplexen Welt verorten. Spätestens hier lässt sich die Beziehung zwischen Ursachen und Wirkungen erst im Nachhinein erkennen, und Entscheidungen für den Umgang lassen sich nurmehr probierend und in kurzen Iterationen evaluierend treffen.

      Eine zentrale Erkenntnis daraus ist es, dass diejenigen, die Führungsverantwortung ausüben, fundierte Entscheidungen nicht mehr in nützlicher Frist treffen können. Sie brauchen Menschen, die nahe am Geschehen sind, um Entwicklungen zeitnah zu erkennen. Die in der Lage sind, ihre Erkenntnisse daraus einordnen zu können, und bereit sind, diese im Netzwerk mit korrespondierenden Bereichen im Idealfall sogar organisationsübergreifend zu Entscheidungen zu verdichten.

      Neues Arbeiten und Lernen in bestehenden Settings

      Wenn wir davon sprechen, dass in Organisationen ein Typ Mensch benötigt wird, um gewisse Entwicklungsschritte machen zu können, hat dies in der Regel Auswirkungen formaler Art. Das heisst, die Personalentwicklung erhält den Auftrag, diese Menschen zu be­­fähigen (häufig sprechen wir dabei auch noch ganz ungeschminkt von trainieren!). Es folgen Schulungskonzepte, die Entwicklung von Lehrmitteln, -veranstaltungen, Lernerfolgskontrollen und schliesslich die Erwartung, dass ab dann alle Voraussetzungen erfüllt sind, um angemessen mit den neuen Bedingungen umzugehen.

      Wer in Organisationen derartige Veränderungskontexte erlebt hat, weiss, dass dies nur theoretisch so funktioniert. Weil davon ausgegangen wird, dass der Mensch zum einen beliebig formbar und es zum anderen lediglich eine Frage des Lernens sei, sich (und die eigene Haltung gegenüber der Arbeit) in ein völlig neues Wesen zu transformieren.

      Was sich ändern muss

      Aber werfen wir doch erst einen Blick auf die benötigten Veränderungen, um sich auf den permanenten Wandel einzustellen. Da sind natürlich zuerst mal die Menschen. Jene also, die die Arbeit verrichten. Um in die Position zu gelangen, die ihre Rolle und Funktion spiegelt, haben alle das Bildungssystem durchlaufen. Und auch wenn es hier gewaltige Unterschiede gibt, bleibt der gemeinsame Nenner, dass sie mit dem Eintritt in dieses Bildungssystem Abschied nehmen mussten von der Art und Weise, wie sie zuvor lernten, sich ihre Welt eroberten und sich entwickelten. Sie mussten neu lernen, wie in dem System von Schule, Ausbildung, Universität und schliesslich Arbeit gelernt und gearbeitet wird. Nämlich verordnet, fremdorganisiert, kontrolliert und kompetitiv. Dies formt nachhaltig unsere Haltung in formalen Settings. Wir lernen, uns sagen zu lassen, welche Inhalte für uns relevant sind, wann und in welcher Form wir diese zu konsumieren haben, wir lassen uns in diesem Prozess kontrollieren und bewerten. Wobei – und das lernen wir schon recht früh in der Schule – unsere Leistungen und Errungenschaften stets mit jenen unserer Mitlernenden verglichen und beurteilt werden.

      Stellen wir uns nun solche – zugegeben sehr überspitzt gezeichneten – Menschen in Organisationen vor. Von ihnen wird plötzlich erwartet, dass sie ihre gesamte Bildungsbiografie über Bord werfen. Dass sie das Lernen und die eigene Entwicklung selbst organisieren und sich erst noch mit Menschen aus anderen – zum Teil fachfremden – Bereichen vernetzen, um ihr Wissen zu teilen und von den Erkenntnissen anderer zu profitieren. Und dass sie schliesslich selbst beurteilen, ob sie sich das für ihre Arbeit benötigte Wissen und die entsprechenden Skills angeeignet haben. Neben Fassungslosigkeit wird uns hier völliges Unvermögen begegnen.

      Unvermögen, weil wir es in all den Jahren seit unserer Einschulung schlicht verlernt haben, selbstgesteuert und autonom zu entscheiden, wo wir Lernbedarf haben, wie wir unsere Defizite beheben können und woran wir schlussendlich merken, ob wir unsere (Lern)Ziele erreicht haben. Fassungslosigkeit, weil wir das schliesslich noch nie so gemacht haben. Und es die Rahmenbedingungen auch schlicht nicht hergeben, dies von uns aus zu ändern.

      Rahmenbedingungen für neues Lernen und Arbeiten

      Was also würde es für eine klassisch aufgestellte Organisation bedeuten, die Bedingungen für neues Lernen und Arbeiten zu schaffen? Die Antwort lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Unruhe. Und das lässt auch die meisten Führungskräfte davor zurückschrecken. Unruhe gilt als Synonym für weniger Leistung, weniger Umsatz und unzufriedene Kunden. Natürlich kann sich niemand waschen, ohne dabei nass zu werden. Und eine Light-Version der Digitalen Transformation, die nur ein bisschen Bewegung verursacht, führt am Ende auch nur zu einem geringfügig transformierten Unternehmen.

      Schauen wir uns diese doch eher beunruhigend erscheinende Unruhe mal etwas genauer an. Wollen wir, dass Menschen in einer Organisation anders arbeiten, indem sie mehr Verantwortung für ihr Tun und ihre persönliche Ermächtigung übernehmen, dann müssen wir Verhältnisse schaffen, in denen das gewünschte Verhalten möglich werden kann. Und stossen damit schon in die erste Stolperfalle, wenn nämlich sowohl Zielverhältnisse wie auch Zielverhalten von oben vorgegeben werden. Wir erinnern uns: Die Mitarbeitenden sollen eigenverantwortlich und selbstorganisiert arbeiten und lernen. Wollen wir darin konsequent bleiben, müssen wir ihnen schon bei der Gestaltung des WIE Mitverantwortung geben. Das kann sich ganz einfach gestalten, indem wir beispielsweise Teams fragen, wie sie denn lernen und arbeiten wollen. Dafür braucht es wenigstens zwei Faktoren, die zentral gesteuert moderiert werden sollten. Zum einen muss ein für alle Betroffenen anschlussfähiges WARUM als Grundlage entwickelt und vermittelt werden. Zum zweiten soll bei allen kollaborativen und co-kreativen Abläufen, die das Team entwickelt, immer der Kontext berücksichtigt werden, in dem diese stattfinden. Welches sind vorgelagerte oder nachfolgende Vorgänge? Wo gilt es weitere Teams oder Bereiche einzubinden? An welche generische Schnittstellen kann zusätzlich gedacht werden?

      Die Vorteile eines partizipativen Vorgehens liegen auf der Hand. Zum einen können die Betroffenen in der Regel sehr gut beurteilen, welche Abläufe und Kontaktstellen sinnvoll und praktikabel sind. Und zum zweiten ist das erwartbare Commitment zur Einhaltung von mitgestalteten Arbeitsabläufen höher als bei vorgegebenen Prozessen.

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