Conrad Shepherd

Mit Killern darf man nicht handeln: 7 Strand Krimis


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„Wir hätten ein paar Fragen an Sie.”

      „An mich?” Der Bärtige lächelte hintergründig. „Hier bei Kampf den Drogen bekämpfen wir das Drogenproblem auf unsere Weise - aber wir handeln nicht mit dem Teufelszeug, falls Sie diesen Verdacht haben sollten. Allerdings sind wir auch keine Denunzianten und Zuträger der Justiz, weil uns sonst auf der Straße niemand mehr vertrauen würde.”

      „Gilt das auch in Bezug auf Tote?”, fragte ich.

      „Ich weiß nicht, worauf Sie jetzt hinaus wollen. Aber vielleicht kommen Sie erstmal herein.”

      „Danke.”

      „Einen Kaffee?”

      „Gerne.”

      Er führte uns in ein schlichtes Büro. An den Wände hingen Plakate der Kampf den Drogen Stiftung. Mir fiel auf, dass die Drogenkampagne dieser Stiftung offenbar einen deutlich religiös geprägten Unterton hatte. ‘Da ist einer, der dich sieht, was immer du tust’, stand dort über der Abbildung eines Junkies, der sich gerade einen Schuss setzte. Das klang schon fast wie eine Drohung.

      „Mein Name ist Gieselher Omienburg”, sagte der Bärtige. An einer Garderobe hing ein ausgeleierter Parka, darüber eine Baseballkappe an einem Haken. „Sie können mich Gieselher nennen, wenn Sie wollen. Wir sind hier einen sehr persönlichen, direkten Empfang gewöhnt, wenn Sie verstehen, was ich meine.”

      „Ich denke schon.”

      Der Kaffee war dünn. Aber heiß.

      „Was kann ich für Sie tun?”

      „Sagt Ihnen der Name Friedhelm Nöllemeyer etwas, Gieselher?”

      Omienburg hob die Augenbrauen, nahm einen Schluck aus seinem Kaffeebecher und schüttelte dann entschieden den Kopf. „Nicht, dass ich im Moment wüsste. Aber ehrlich gesagt, muss das nicht unbedingt etwas heißen. Wissen Sie, ich habe mit so vielen Menschen zu tun und nur ein Teil davon verrät mir den echten Namen.”

      „Es geht um diesen Mann”, fuhr ich fort und zeigte ihm dabei ein Bild von Friedhelm Nöllemeyer auf meinem Smartphone-Display. „Ein Werbefachmann, der daran starb, dass ihm jemand Heroin-Pulver anstatt Kokain verkaufte. Sie kennen sich mit Drogen aus. Ich denke, ich muss Ihnen nicht erklären, was passiert ist, Gieselher.”

      Omienburg nickte. „Schlimme Sache.”

      „Es gab mehrere solcher Fälle in letzter Zeit.”

      „Ja, ich habe davon gehört.”

      „Ich nehme an auch die Leute, um die Sie sie sich kümmern reden darüber.”

      „Natürlich. Aber wenn es darauf ankommt, ist es denen egal. Die Gefahr kann noch so groß sein, dass würde keinen Süchtigen davon abhalten, zum nächsten Dealer zu gehen und sich seinen Stoff zu holen.”

      „Sind Sie Nöllemeyer schonmal begegnet?”, wiederholte ich meine Frage.

      „Wie ich schon sagte, ich kann mich nicht an ihn erinnern. Aber ich gebe zu, dass ich von ihm im Frühstücksfernsehen was gesehen habe. Allerdings sah er auf dem Bild, das dabei gezeigt wurde, etwas anders aus als auf dem, das Sie mir unter die Nase gehalten haben.”

      „Wir haben eine Ihrer Visitenkarten bei ihm gefunden. Zusammen mit einer Waffe war sie in der Seitentasche seines Mantels.”

      „Wir verteilen viele solcher Karten. Sie liegen in Geschäften aus und wenn immer einer unserer Mitarbeiter mit einem Süchtigen spricht, um ihm den Ernst seiner Lage klar zu machen, dann geben wir ihm so eine Karte, damit er mit uns Kontakt aufnehmen kann.”

      „Ich verstehe.”

      „Herr Nöllemeyer wird sich diese Karte irgendwo besorgt haben, weil er vielleicht selbst schon den Eindruck hatte, dass sich in seinem Leben etwas ändern muss. Leider war diese Erkenntnis offensichtlich zu spät.”

      Ich merkte, dass Rudi das weitere Gespräch mit Omienburg als nicht ergiebig ansah und es am liebsten so schnell wie möglich beendet hätte. Aber mich interessierte der Kerl. Einen Grund dafür konnte ich nicht genau sagen. Ich hatte einfach das Gefühl, dass er für uns vielleicht doch noch etwas zu dem Fall beitragen konnte. Auch wenn er Friedhelm Nöllemeyer nicht gekannt hatte.

      „Wie groß ist Ihre Stiftung eigentlich und wie viele Personen arbeiten speziell hier in der Gegend für >Kampf den Drogen<?”

      „Nun, ich bin zurzeit der einzige hauptamtliche Mitarbeiter der Stiftung in diesem Viertel. Es gibt noch zwei weitere Büros in der Stadt. Das eine liegt im Süden, das andere im Zentrum.”

      „Das klingt so, als wären Sie ziemlich auf sich allein gestellt, Gieselher.”

      „Das würde ich nicht so sehen. Schließlich habe ich Gott auf meiner Seite. Allerdings hat die Stiftung für einige ihrer Programme sehr viel an Geld aufbringen müssen und gleichzeitig gingen die Spendengelder zurück, sodass wir leider zu Sparmaßnahmen gezwungen waren.” Er beugte sich über den Tisch, nachdem er noch einen tiefen Schluck aus seinem Kaffeebecher genommen hatte. Er schien mich mit dem stechenden Blick einer tief liegenden Augen geradezu zu durchbohren, so intensiv sah er mich an. „Wissen Sie, was mich immer am meisten innerlich berührt, wenn es um Drogen geht?”

      Ich hob die Augenbrauen. Die abrupte Veränderung des Tonfalls, in der mein Gegenüber sprach, irritierte mich etwas. „Was?”, fragte ich.

      „Die Kinder. Verstehen Sie, was ich damit sagen will?”

      „Erklären Sie es mir.”

      „Wissen Sie, ein Erwachsener kann tun und lassen, was er will. Jeder darf nach seinem Glück streben. Aber es ist leider nicht verboten, geradewegs sein Unglück zu suchen. Aber wenn jemand Kinder hat, dann richtet er nicht nur sich selbst zu Grunde, sondern zieht die Kleinsten und Schwächsten in unserer Gesellschaft in diesen Dreck hinein. Bei allem Mitleid mit Ihrem Herrn Nöllemeyer oder wie nochmal sein Name auch gewesen sein mag. Aber ich denke, vor allem an seine Kinder. Und für die ist ein toter Vater vielleicht weniger bedrohlich als ein Drogensüchtiger.”

      „Eine harte Aussage”, mischte sich Rudi ein.

      Omienburg verzog das Gesicht zu dem besonderen, etwas schief wirkenden Lächeln, das für die Züge dieses Mannes einfach sehr charakteristisch war. „So hart wie die Wirklichkeit.” Sein Gesicht wirkte jetzt kantig und wurde von schroffen Linien durchzogen. Wie in Stein gemeißelt sah er aus und in diesen Zügen war eine Unerbittlichkeit zu erkennen, wie ich sie im ersten Moment von diesem freundlich wirkenden Mann nicht erwartet hätte. Es musste wohl eine Nebenwirkung seines Jobs sein, der ihn auf einzigartige Weise mit dem Leid von Drogenabhängigen und ihren direkten Angehörigen in Berührung brachte. „Das Kind eines Drogenabhängigen kann sich nicht gegen die traumatischen Umstände wehren, in die es hineingeboren wird”, fuhr Omienburg fort. „Aber das Trauma bleibt ein Leben lang. Die ersten Jahre sind prägend für alles, was danach kommt.” Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ich könnte Ihnen da Dinge erzählen, die selbst Sie nicht hören wollen.”

      „Sie hören doch sicher, was in der Szene so geredet wird”, meinte ich und wollte Omienburg damit wieder etwas näher an unser Thema heranbringen. Und das war noch immer in erster Linie die Frage, wer Friedhelm Nöllemeyer umgebracht hatte und weshalb das geschehen war.

      „Natürlich. Und Sie können davon ausgehen, dass ich die Ohren immer offen habe - schon im Interesse unserer Arbeit.”

      „Was wird über die Fälle mit dem falschen Kokain so gesagt, Gieselher?”, hakte ich nach. „Ich nehme an, dass die Leute, um die Sie sich kümmern, dazu eine Meinung haben.”

      Omienburg lächelte verhalten. „Das glauben Sie wirklich? Da muss ich Sie enttäuschen. Denen ist das vollkommen gleichgültig. So wie ihnen auch alles andere in ihrem Leben immer gleichgültiger wird. Ihre Kinder zum Beispiel.”

      „Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass es die Kokain-Konsumenten völlig kalt lässt, dass ihnen vielleicht jemand