verbunden. Dazu betrachten wir eine Anordnung von Atomen in einem Kristall wie in Abb. 4-21a; eine Länge der Elementarzelle soll sich von den beiden anderen unterscheiden. Eine solche Struktur hat tetragonale Symmetrie (siehe Abschnitt 19.1.1). Weiter wollen wir annehmen, dass sich die kürzeren Seiten der Elementarzelle bei Erwärmung des Kristalls stärker ausdehnen als die lange Seite. Schließlich wird so ein Zustand erreicht, in dem alle drei Kanten der Elementarzelle gleich lang sind. Der Kristall hat dann kubische Symmetrie (Abb. 4-21b); eine weitere Erwärmung bewirkt nun eine gleichmäßige Ausdehnung in alle drei Raumrichtungen, da diese jetzt äquivalent sind. Es hat also ein Phasenübergang tetragonal → kubisch stattgefunden. Er kann nicht erster Ordnung sein, da sich sowohl die Wechselwirkungsenergie der Atome als auch das Volumen des Festkörpers kontinuierlich ändern.
Als Beispiel für einen λ-Übergang diskutieren wir die Umordnung von β-Messing (CuZn). Bei niedriger Temperatur liegt eine geordnete Phase mit alternierenden Cu-und Zn-Atomen vor; bei hoher Temperatur tritt eine Phase mit unregelmäßig verteilten Atomen auf (Abb. 4-22). Am absoluten Nullpunkt der Temperatur sind die Atome vollständig geordnet. Sobald die Temperatur ansteigt, entstehen zunächst ungeordnete Inseln, da der Übergang kooperativ ist: Der Platzwechsel zweier Atome erleichtert deren Nachbarn die Umordnung. Die Inseln wachsen mit steigender Temperatur, bis bei der Übergangstemperatur (742 K) nur noch eine Phase vorliegt. Bei Annäherung an diesen Punkt steigt die Wärmekapazität der Legierung, da infolge der kooperativen Natur des Übergangs eine zunehmende Wärmemenge zur Umordnung verbraucht werden kann und diese nicht als thermische Bewegung gespeichert wird.
Abb. 4-22 Der Übergang zwischen einer geordneten und einer ungeordneten Phase. (a) Am absoluten Nullpunkt liegt eine ideale Ordnung vor; die Atome sind alternierend angeordnet. (b) Bei Erhöhung derTemperatur wechseln die Atome ihre Plätze; Inseln aus jeweils einer Atomsorte bilden sich. Die ursprüngliche Ordnung ist noch teilweise vorhanden. (c) Bei und oberhalb der Phasenübergangstemperatur sind die Inseln zufällig im ganzen Festkörper verteilt.
Die wichtigsten Gleichungen auf einen Blick
Stichwort | Gleichung | Anmerkung |
Chemisches Potenzial | μ = Gm | für eine reine Substanz |
Phasenregel | F = C – P + 2 | |
Variation von μ mit derTemperatur | (∂μ/∂T)p =–Sm | |
Variation von μ mit dem Druck | (∂μ/∂p)T = Vm | |
Dampfdruck unter äußerem Druck | p = p* eVmΔP/RT | ΔP = Pext – p* |
Clapeyron-Gleichung | dp/dT = ΔTrans S/ΔTrans V | |
Clausius–Clapeyron-Gleichung | d ln p/dT = ΔVH/RT2 | unter den Annahmen Vm(g) ≫ Vm(l) und Idealität des Dampfes |
Diskussionsfragen
1 4.1 Beschreiben Sie, wie das Konzept des chemischen Potenzials die Diskussion von Phasengleichgewichten vereinheitlicht.
2 4.2 Warum hängt das chemische Potenzial auch für inkompressible Systeme (d. h. Systeme, deren Volumen sich unter Druck nicht verändert) vom Druck ab?
3 4.3 Wie kann man mithilfe der dynamischen Differenzkalorimetrie Phasenübergänge identifizieren?
4 4.4 Was würde man beobachten, wenn eine Probe Wasser einen geschlossenen Kreisprozess in der Nähe des kritischen Punkts durchliefe?
5 4.5 Suchen Sie in der Literatur und im Internet Informationen über Prinzipien, Vor- und Nachteile sowie gegenwärtige Einsatzgebiete von Extraktionsverfahren mit überkritischen Fluiden.
6 4.6 Arbeiten Sie die Unterschiede zwischen Phasenübergängen erster und zweiter Ordnung sowie λ-Übergängen auf mikroskopischem und makroskopischem Niveau heraus.
Leichte Aufgaben
1 A4.1a Wie viele Phasen liegen in Abb. 4-23a an den gekennzeichneten Punkten jeweils vor?
2 A4.1b Wie viele Phasen liegen in Abb. 4-23b an den gekennzeichneten Punkten jeweils vor?Abb. 4-23 Zu Aufgabe A4.1a, b.
3 A4.2a Der Unterschied der chemischen Potenziale zweier Bereiche eines Systems betrage +7.1 kJ mol–1. Um welchen Betrag ändert sich die Freie Enthalpie des Systems, wenn 0.10 mmol einer Substanz vom einen in den anderen Bereich gebracht werden?
4 A4.2b Der Unterschied der chemischen Potenziale zweier Bereiche eines Systems betrage –8.3 kJ mol–1. Um welchen Betrag ändert sich die Freie Enthalpie des Systems, wenn 0.15 mmol einer Substanz vom einen in den anderen Bereich gebracht werden?
5 A4.3a Schätzen Sie die Differenz zwischen Normal- und Standardschmelzpunkt von Eis ab.
6 A4.3b Schätzen Sie die Differenz zwischen Normal- und Standardsiedepunkt von Wasser ab.
7 A4.4a Wie viele Phasen können in einem Zweikomponentensystem maximal im miteinander Gleichgewicht stehen?
8 A4.4b Wie viele Phasen können in einem Vierkomponentensystem maximal im miteinander Gleichgewicht stehen?
9 A4.5a Wasser wird von 25 °C auf 100 °C erhitzt. Um welchen Betrag ändert sich dabei sein chemisches Potenzial?
10 A4.5b Eisen wird von 100°C auf 1000 °C erhitzt. Um welchen Betrag ändert sich dabei sein chemisches Potenzial? Verwenden Sie (den Mittelwert) über den gesamten Temperaturbereich.
11 A4.6a Um welchen Betrag ändert sich das chemische Potenzial von Kupfer,wenn der Druck auf eine Probe von 100 kPa auf 10 MPa steigt?
12 A4.6b Um welchen Betrag ändert sich das chemische Potenzial von Benzol, wenn der Druck auf eine Probe von100 kPa auf 10 MPa steigt?
13 A4.7a Auf Wasser bei 20°C wird mithilfe eines Kolbens Druck ausgeübt. Bei 1.0 bar beträgt der Dampfdruck von Wasser 2.34 kPa. Wie groß ist der Dampfdruck der Probe bei einem Druck von 20 MPa?
14 A4.7b Auf geschmolzenes Naphthalin bei 95 °C wird mithilfe eines Kolbens Druck ausgeübt. Bei 1.0 bar beträgt der Dampfdruck von Naphthalin 2.0 kPa und seine Dichte ist 0.962 g cm–3. Wie groß ist der Dampfdruck der Probe bei einem Druck von 15 MPa?
15 A4.8a