von dp/dT unter der Annahme, dass ΔSmH und ΔSmV so wenig von der Temperatur abhängen, dass sie als Konstanten behandelt werden können. Wenn die Schmelztemperatur bei dem Druck p* gleich T* und bei dem Druck p gleich T ist, haben wir folgende Integration auszuführen:
Wir erhalten als Näherungsgleichung für die Phasengrenzlinie fest/flüssig
(4-8)
■ Kommentar 4-1
Berechnungen mit natürlichen Logarithmen können wir uns oft vereinfachen: Für –1 < x < 1ist
Diese Gleichung wurde von einem Mitglied der Familie Thomson erstmals formuliert – von James, dem Bruder des späteren Lord Kelvin. Wenn T nahe bei T* liegt, kann man den Logarithmus in guter Näherung als
schreiben; damit wird
(4-9)
Dies ist eine Geradengleichung für p als Funktion von T (siehe Abb. 4-16).
Die Phasengrenzlinie flüssig/gasförmig
Die Verdampfungsentropie eines Stoffs bei der Temperatur T ist gleich ΔVH/T;die Clapeyron-Gleichung der Phasengrenzlinie lautet demzufolge
Die Verdampfungsenthalpie ist stets positiv, ΔVV ist ein großer, ebenfalls positiver Wert. Die Ableitung dp/dT ist daher auch positiv, aber wesentlich kleiner als für die Phasengrenze fest/flüssig. Der Differenzialquotient dT/dp ist folglich groß, weshalb die Siedetemperatur wesentlich empfindlicher auf Druckänderungen reagiert als die Schmelztemperatur.
Beispiel 4-2 Der Einfluss des Drucks auf den Siedepunkt
Bestimmen Sie, wie groß der Einfluss einer Erhöhung des Drucks auf den Siedepunkt einer Flüssigkeit in typischen Fällen ist.
Vorgehen Um Gl. (4-10) verwenden zu können, müssen wir die rechte Seite abschätzen. Am Siedepunkt entspricht der Term AV H/ T gerade der Trouton-Konstante (Abschnitt 3.1.3). Das Molvolumen von Gasen ist viel größer als das von Flüssigkeiten, wir schreiben daher ΔV V = Vm(g) – Vm(l) und setzen für Vm(g) das Molvolumen eines idealen Gases ein (dies ist zumindest für kleine Drücke eine akzeptable Näherung).
Antwort Entsprechend der Regel von Pictet–Trouton ist ΔVH/T ≈ 85 J K–1 mol–1; das Molvolumen eines idealen Gases beträgt bei Atmosphärendruck und einer Temperatur etwas oberhalb der Zimmertemperatur etwa 25 dm3 mol–1. Durch Einsetzen der Zahlenwerte erhalten wir
(mit 1 J = 1Pam3) oder umgerechnet 0.034 barK–1; damit ist dT/dp = 29 K bar–1. Eine Druckerhöhung um 0.01 MPa (0.1 bar) hat eine Verschiebung der Siedetemperatur um + 3 K zur Folge.
Übung 4-3
Berechnen Sie die Steigung dT/dp für Wasser am Siedepunkt. Die erforderlichen Daten finden Sie in Tabelle 3-2; setzen Sie Vm(g) = RT/p ein. [28 K bar–1]
Das Molvolumen eines Gases ist viel größer als das einer Flüssigkeit, sodass wir in guter Näherung ΔV V ≈ Vm(g) setzen können, wie wir es in Beispiel 4-2 bereits getan haben. Wenn ein ideales Gas vorliegt, gilt außerdem Vm(g) = RT/p. Setzt man diese beiden Näherungen in die exakt gültige Clapeyron-Gleichung ein, erhält man
und daraus durch Umstellen die Clausius-Clapeyron-Gleichung für die Abhängigkeit des Dampfdrucks von der Temperatur:
(4-11)°
(Dazu haben wir dx/x = d ln x verwendet.) Wie auch die Clapeyron-Gleichung (die exaktgilt) istdie Clausiu–-Clapeyron-Gleichung (die nur eine Näherung ist) entscheidend für das Verständnis der Gestalt von Phasendiagrammen, insbesondere der Lage und Form der Phasengrenzen flüssig/gasförmig und fest/gasförmig. Mit ihrer Hilfe können wir voraussagen, wie sich der Dampfdruck mit der Temperatur und die Siedetemperatur mit dem Druck ändert. Wenn wir noch voraussetzen, dass die Verdampfungsenthalpie nicht von der Temperatur abhängt, können wir diese Gleichung integrieren und erhalten
wobei p* der Dampfdruck bei der Temperatur T* ist; p gehört entsprechend zu T. Da das Integral auf der linken Seite ln( p/p*) liefert, lautet die Beziehung zwischen den beiden Dampfdrücken folglich
Diese Funktion beschreibt den Verlauf der Phasengrenzlinie flüssig/gasförmig (Dampfdruckkurve) in Abb. 4-17. Sie endet bei der kritischen Temperatur Tkrit,da oberhalb dieser keine flüssige Phase mehr existiert.
Abb. 4-17 Eine typische Phasengrenzlinie flüssig/gasförmig; sie entspricht einer Auftragung des Dampfdrucks als Funktion der Temperatur. Gelegentlich wird zur Darstellung von Phasendiagrammen eine logarithmische Druckskala verwendet; die Phasengrenzlinie ist dann entgegengesetzt gekrümmt (siehe Abb. 4-11). Am kritischen Punkt (nicht eingezeichnet) endet die Phasengrenzlinie.
Ein praktisches Beispiel
Mithilfe von Gl. (4-12) können wir den Dampfdruck einer Flüssigkeit ausgehend von ihrem Normalsiedepunkt (der Temperatur, bei der der Dampfdruck 1.00 atm (101 kPa) ist) bei beliebiger Temperatur berechnen. Der Normalsiedepunkt von Benzol ist beispielsweise 80 °C (353 K); aus