Wolfgang Santjer

Ostfriesenspieß


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Metallsuchgerät zusammen. Jan lächelte, weil er sich freute, wie gut die beiden zusammenarbeiteten. Egon schwenkte den Teller des Suchgerätes langsam über dem Erdboden hin und her. Dabei näherte er sich der Stelle, wo man Rolf Bergers Handy gefunden hatte. Anni suchte in der Zwischenzeit noch einmal den Bereich auch außerhalb der Markierungen ab. Immer wieder bückte sie sich, um sich einzelne Gegenstände genauer anzusehen.

      Jan Broning fertigte eine grobe Skizze in seinem Notizbuch und sah immer wieder auf, um die Zeichnung mit den tatsächlichen örtlichen Verhältnissen zu vergleichen.

      Das Metallsuchgerät gab einen lauten Signalton ab. Aus den Augenwinkeln beobachte Jan, wie Egon sich hinunterbeugte, um an der Stelle den Boden genauestens abzusuchen. Dann sah er zu Jan hinüber und schüttelte den Kopf. Die Signaltöne des Gerätes und das Rascheln, wenn Anni sich durch die Büsche kämpfte, vermischte sich mit den Geräuschen des Verkehrs, der auf der Autobahn an ihnen vorbeirauschte.

      Jan zeichnete die Fundstelle des Handys ein. Die Entfernung von dort bis zu dem Bereich, wo sich Berger aufgehalten hatte, schätzte er grob auf 15 bis 20 Meter. Das Handy war vermutlich zusammen mit den Schlüsseln in die Grünanlage geworfen worden. Fragte sich nur, von wem und warum. Sollte Berger sein Handy selbst weggeworfen haben? Sehr unwahrscheinlich.

      Die oder der Entführer wollten vermutlich eine erfolgreiche Handypeilung verhindern. Dazu passte auch der schriftliche Hinweis auf eine andere Frau im Notizbuch des Kollegen: ein Ablenkungsmanöver, da war Jan sich inzwischen sicher. Die Begegnung der Täter mit dem Kollegen Berger hier auf dem Parkplatz war vermutlich Zufall gewesen. Trotzdem hatte er oder sie überlegt gehandelt, und das sagte viel über die Kaltblütigkeit aus.

      Jan blickte von seinem Notizbuch auf, als ein Mercedes rückwärts auf den Parkplatz fuhr. Das Getriebe heulte protestierend auf, als der Wagen im Rückwärtsgang beschleunigte. Jan erkannte ihn sofort. Sein Chef hatte diesen ausgelutschten Streifenwagen von der Autobahnpolizei ›geerbt‹. Die blauen Folien und die Signalanlage hatte man entfernt.

      Der Mercedes parkte neben Bronings Zivilwagen, und Renko Dirksen stieg aus. Jan winkte ihm zu. Dirksen achtete sehr auf sein Äußeres. Er trug edle Klamotten – Hut, langer Mantel und sauteure italienische Schuhe. Irgendwie sah er aus wie dieser Kommissar Maigret aus den alten Schwarzweiß-Fernsehkrimis. Fehlte eigentlich nur noch die Pfeife.

      Jan lächelte, als Renko vorsichtig wie ein Storch im Salat durch das Gras auf ihn zukam. Der hatte sicher Angst, in Hundetretminen zu laufen. Er inspizierte sehr genau die Bank gegenüber von Jan, und setzte sich dann.

      Jan bemerkte die tiefen Falten in Renkos Gesicht. Auch der Anteil der grauen Haare hatte in den letzten Jahren stark zugenommen. Sein Chef strahlte heute eine gewisse Anspannung aus. Renkos Blick wanderte ständig zwischen Jan, den Kollegen von der Spurensicherung und dem vorbeifließenden Verkehr hin und her.

      »Hallo, Jan.« Er sah wieder hinüber zu Anni und Egon, dann schaute er Jan fragend an.

      »Bis jetzt negativ«, kam Jan seiner Frage zuvor.

      Für eine kurze Zeit schauten sie zu, wie die Spurensicherer konzentriert arbeiteten. Renko unterbrach die Stille. »Ich hab mit dem Kollegen Sprengel gesprochen. Insbesondere habe ich ihm von deiner Vermutung berichtet, dass zwischen den zwei Toten und dem vermissten Kollegen ein Zusammenhang bestehen könnte. Kurz gesagt, wir sind der Meinung, dass die Bildung einer Sonderkommission sinnvoll ist. Wir wollen uns gleich bei der Dienststelle der Autobahnpolizei treffen. Die Einzelheiten können wir dann gemeinsam mit dem Kollegen Martens besprechen.«

      Jan war nicht überrascht. Vermutlich würde man ihm die Leitung der Soko übertragen. Eine große Verantwortung, insbesondere, weil das Leben eines Kollegen von seinen Entscheidungen abhing. Andererseits konnte er als Leiter einige Rahmenbedingungen aushandeln. Als Erstes würde er sich um einen Partner kümmern. Er hatte keine Lust mehr auf Alleinfahrten.

      Jan zeigte seinem Chef die Situation auf dem Parkplatz und verabschiedete sich von den Kollegen der Spurensicherung. Hintereinander fuhren Jan und Renko mit ihren Autos vom Parkplatz. Ihr Ziel war das Autobahnpolizeigebäude am Emstunnel. Dazu mussten sie zunächst bis zur AS Weener fahren, dann ging es wieder zurück in Richtung Leer.

      Sie parkten im Innenhof der Dienststelle und gingen gemeinsam ins Gebäude. Anton Martens, der Leiter der Autobahnpolizei, kam ihnen im Flur entgegen und begleitete sie in die Einsatzzentrale. Die Stimmung im kleinen Raum war gedrückt. Kein Lächeln, lange Gesichter und viel Stille.

      »Ich mach es kurz«, sagte Renko. »Anton hat mir bereits den Sitzungsraum hier oben für die Soko angeboten. Der Leiter der Soko sollte natürlich entscheiden, von wo aus die Soko arbeiten soll.«

      Jan wartete regungslos darauf, dass sein Chef die Katze aus dem Sack ließ.

      »Jan, ich habe mich mit Thomas abgestimmt und wir sind uns einig: Wenn du möchtest, kannst du die Rahmenbedingungen festlegen …« Renko räusperte sich und entschied sich für eine klare Ansage: »Mit anderen Worten, wir bieten dir den Posten als Leiter der Soko an, was sagst du?«

      Jan ließ seinen Chef etwas zappeln. »Angenommen, ich stelle mich als Leiter zur Verfügung, dann habe ich doch sicher etwas Beinfreiheit…. Zum Beispiel … könnte ich mitbestimmen, wer mich in der Soko unterstützt?«

      Trotz der ernsten Lage konnte sich Renko ein Grinsen nicht verkneifen. »Hattest du denn an bestimmte Personen gedacht?« Der alte Fuchs wusste genau, worauf Jan hinauswollte.

      Trotzdem spielte Jan den Unschuldigen. »Weißt du, Renko, bei der letzten Soko habe ich doch sehr gut mit der Kollegin Maike de Buhr zusammengearbeitet. Die hattest du mir ja an die Seite gestellt. Es wäre doch im Sinne der Ermittlungen, wenn wir wieder erfolgreich zusammenarbeiten können.«

      Renko knirschte mit den Zähnen. Jan hatte seinem Chef elegant unter die Nase gerieben, dass dieser ihm Maike de Buhr damals selbst aufs Auge gedrückt hatte.

      Lief da etwas zwischen Jan und Maike? Renko konnte nicht abstreiten, dass sich beide zumindest dienstlich hervorragend ergänzten. Sie würden schneller Ergebnisse erzielen als ein neues Ermittlerteam. Und das Privatleben seiner Beamten war ihm egal, solange es sich nicht auf den Dienst auswirkte. »Einverstanden. Such dir deine Ermittler selbst aus. Meinetwegen auch Kollegin de Buhr. Wo ist die eigentlich?«

      »In Osnabrück, irgendeine Fortbildung«, antwortete Jan mit Unschuldsmiene. »Onno Elzinga sollte auch zum Team gehören.« Jan fügte schnell hinzu: »Wenn er möchte.«

      Die Kollegen trennten sich. Renko Dirksen fuhr zurück zur Dienststelle in der Stadt. Jan folgte Anton hinauf in die erste Etage des Autobahnpolizeigebäudes. Der Treppenaufgang war an einer Wandseite verglast. Von hier konnte man weit in den Hammrich bis zum Deich sehen. Genau das Richtige für einen Ostfriesen. Der Blick konnte sich am Horizont verlieren.

      Anton ging voraus, Jan trat hinter ihm ein und sah sich in dem hellen Raum um. »Na, was meinst du?«, fragte Anton. »Nebenan ist eine kleine Küche. Gar nicht schlecht, oder?«

      Die Dienststelle gefiel Jan sehr, und dieser Raum machte davon keine Ausnahme. »Sehr schön – und wie sieht es aus mit Technik? Wir brauchen mindestens noch zwei Telefone, Fax und Computer. Vorläufig.«

      »Kein Problem, der Chef hat grünes Licht gegeben. Ihr bekommt alles, was ihr wollt, und zwar mit Vorrang.« Anton ging zur Tür, drehte sich aber noch einmal zu Jan um, bevor er hinausging. »Ich bin auf der Wache, falls du mich suchst.«

      Vom Fenster der neuen Soko-Zentrale konnte Jan auf den Innenhof der Autobahnpolizei blicken. Dort herrschte hektische Betriebsamkeit. Die Suchteams wechselten sich ab, betankten ihre Einsatzfahrzeuge.

      Es war schon Nachmittag und sie hatten noch keine Spur vom vermissten Kollegen Berger. Nicht gut, dachte Jan, gar nicht gut. Die Chancen, ihn unversehrt aufzufinden, verringerten sich mit jeder abgelaufenen Stunde. Was konnte Jan noch unternehmen? Hatte er etwas übersehen?

      Kurzfristig hatte die Suche nach Rolf Berger absoluten Vorrang. Der Hubschrauber zog seine Kreise über dem Suchgebiet. Die Hundeführer durchkämmten systematisch ihre zugewiesenen Sektoren. Auswärtige Dienststellen wie die Bundespolizei und der Zoll