Patricia Vandenberg

Sophienlust Paket 3 – Familienroman


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die Tür. Mit Tränen in den Augen betrachtete sie den Schmuck, der ihr nun doch geblieben war. Das letzte Geschenk ihres Mannes.

      »Klaus, ich liebe dich. Warum hast du mir nicht zuhören wollen? Es ist alles ganz anders, als du denkst«, flüsterte sie. Doch zugleich musste sie sich eingestehen, dass alles ihre eigene Schuld war. Sie hatte zu lange geschwiegen.

      *

      Antje saß im Wintergarten und mühte sich mit einem Strickzeug ab. Handarbeiten lagen ihr wenig.Viel lieber beschäftigte sie sich mit Tieren, wobei ihr ein bisschen Schmutz und schlechter Geruch nichts ausmachten. Aber Tante Ma hatte gesagt, dass Stricken auch gelernt sein wolle. Also versuchte Antje ihr Bestes. Doch sie hoffte auf eine Unterbrechung, als Denise von Schoenecker in den Wintergarten kam.

      »Fährst du zum Tierheim, Tante Isi?«

      »Isii, Isiii«, kreischte der Papagei Habakuk laut und begeistert.

      Antje lachte. »Er ist wirklich frech. Nimmst du mich mit zu Tante Andrea?«

      »Nein, Kind, ich will gar nicht zu ihr. Ich möchte dir Grüße von deinem Vati ausrichten. Er wird dich am Sonntag besuchen kommen.«

      »Bloß Vati? Mutti nicht?«

      »Nein, er kommt allein.«

      Antjes eben noch so glückliches Gesichtchen umschattete sich. »Ob sie krank geworden ist?«

      »Mach dir keine Sorgen, Antje. Freue dich lieber, dass dein Vati kommen will. Zeig mal das Strickzeug! Schau, du musst die Maschen so aufnehmen, sonst gibt es einen dicken Knoten.« Denise nahm die Nadeln und zeigte dem Kind, wie man es machte.

      »Ach so, jetzt verstehe ich es, Tante Isi. Du kannst wirklich alles.« Antje strahlte Denise an. »Siehst du, jetzt klappt es.«

      »Ja, Antje. Nun versuche die Reihe bis ans Ende zu schaffen. Ich zeige dir dann, wie man umdreht.«

      Denise setzte sich geduldig neben das Kind, dessen Finger noch sehr ungeschickt waren. Es dauerte ziemlich lange, bis die erste Nadel ordnungsgemäß abgestrickt war.

      »So, jetzt geht es genauso weiter. Du musst nur umwechseln. Ja, in die andere Hand. Nun wieder die erste Masche. Richtig, Antje. Das ist das ganze Geheimnis.«

      »Eigentlich ganz einfach«, freute sich Antje. »Vorhin dachte ich, ich lerne es nie.«

      Henrik erschien atemlos und fragte: »Willst du mit mir reiten, Antje? Lass doch das blöde Strickzeug.«

      Antje sah Denise schwankend an. »Muss ich weiterstricken?«

      »Später. Jetzt zieh dich rasch um und geh mit zum Reiten. Die Ponys werden sonst faul und dick. Sie müssen bewegt werden.«

      »Du bist die beste Tante Isi der Welt.« Antje warf das Strickzeug auf einen Sessel und umarmte Denise stürmisch. Dann rannte sie davon, um das Kleid mit ihren Reithosen zu vertauschen.

      Henrik trollte sich. Er wusste, dass Antje ihn bei den Ställen finden würde.

      Nachdenklich blieb Denise zurück. Sie trat an den großen Käfig von Habakuk und kraulte ihn ein bisschen, was er sich gerade von ihr besonders gern gefallen ließ.

      »Also, hier finde ich dich!« Alexander umarmte seine Frau. »Ich habe dich wie eine Stecknadel gesucht.«

      »Ich wollte nachdenken. Außerdem musste ich Antje Grüße ausrichten. Ihr Vater hat angerufen. Antje war nämlich eben noch hier und kämpfte mit dem Strickzeug da.«

      »Ach so. Sind damit für heute deine Pflichten im Heim erledigt? Können wir nach Schoeneich fahren und gemütlich Tee trinken?«

      »Ja, Alexander. Frau Rennert kümmert sich um alles andere.«

      Alexander sah seine Frau prüfend an. »Du bist müde oder enttäuscht. Was hast du?«

      »Warte, wir sprechen gleich dar­über. Es hat keinen Zweck, wenn ich versuche, es vor dir zu verheimlichen.«

      Denise verabschiedete sich herzlich von Frau Rennert und setzte sich zu ihrem Mann in den Wagen. »Prof. Martell hat sich von seiner Frau getrennt, Alexander. Er rief an und teilte mir mit, dass sie ihn verlassen habe. Er hat die Anweisung erteilt, dass Antje mit der Mutter keinen Kontakt haben darf.«

      »Meine Güte. Das klingt grausam und ziemlich dramatisch.«

      »Vor allem klingt es, als sollte Nick recht behalten mit seinen vorlauten Bemerkungen«, seufzte Denise. »Herr Martell machte ein paar Andeutungen, als habe seine Frau sich eine Verfehlung zuschulden kommen lassen. Mir ist das unbegreiflich. Sie wirkte verängstigt, als sie bei uns war. Aber sie machte durchaus nicht den Eindruck, als wollte sie ihren Mann verlassen. Im Gegenteil, sie sah ihn ständig an, als könnte von ihm allein eine Rettung kommen. Ich weiß allerdings nicht, wovor er sie retten sollte.«

      »Frau Martell sah nicht aus wie eine Frau auf Abwegen«, entgegnete ihr Mann. »Trotzdem muss irgendetwas vorgefallen sein. Ob ihr Mann allerdings das Recht hat, der Mutter jedes Wiedersehen mit ihrem Kind zu verbieten, bezweifle ich. Aber wir können im Augenblick nichts daran ändern. Wenigstens bleibt die kleine Antje vorerst unberührt von der Sache. Wie gut, dass sie in Sophienlust ist.«

      Denise nickte. »Der Professor kommt übrigens am Sonntag. Natürlich fragte mich Antje sofort, ob ihre Mutter auch käme. Wir müssen es ihrem Vater überlassen, ihr darauf eine Antwort zu geben.«

      In Schoeneich ließ Denise den Teetisch decken und saß dann still und nachdenklich mit ihrem Mann beisammen. Es gab nichts mehr zu sagen über den rätselhaften Fall. Umso mehr gab es darüber zu grübeln.

      Gegen sechs Uhr klingelte das Telefon.

      Alexander ging an den Apparat. »Für dich, Denise. Es ist Frau Martell.«

      Denise stand auf und übernahm den Hörer. »Guten Abend, Frau Martell.« Sie bemühte sich, ruhig und freundlich zu sprechen. Das Herz schlug ihr bis zum Halse. Würde sie jetzt etwas erfahren?

      »Guten Abend, Frau von Schoenecker. Wie …, wie geht es Antje? Ist sie gesund?«

      »Ja, es geht ihr ausgezeichnet. Sie ist gerade dabei, das Stricken zu erlernen. Heute Nachmittag ist sie mit unserem Henrik geritten. Sie brauchen sich um Antje keine Sorgen zu machen.«

      »Frau von Schoenecker, mein Mann hat …, hat mir verboten, Antje zu besuchen.«

      »Er hat heute Mittag angerufen. Ich weiß es schon, Frau Martell.«

      »Bitte, glauben Sie mir, Frau von Schoenecker, ich habe nichts von dem getan, was er denkt. Er ließ mich nicht zu Wort kommen. Aber vielleicht hätte ich auch nicht den Mut aufgebracht, ihm alles zu erklären. Ich habe schon zu lange gewartet und zu viel falsch gemacht. Jetzt ist es zu spät.«

      »Es gibt immer einen Weg, Frau Martell. Sie dürfen den Mut nicht verlieren. Haben Sie sich gesundheitlich etwas erholen können?«

      »Ach, das ist so unwichtig geworden. Es kommt auf mich nicht mehr an. Nur auf Antje! Behalten Sie meine Kleine lieb, Frau von Schoenecker. Ich bitte Sie von Herzen darum.«

      »Natürlich habe ich sie lieb. Wie gern wir Antje ein bisschen länger aufnehmen, wissen Sie. Ich hoffe zuversichtlich, dass in ein paar Wochen alles wieder anders aussehen wird.«

      »Das ist kaum möglich. Ich muss schauen, wie ich damit fertig werde. Darf ich gelegentlich in Schoeneich anrufen und mich erkundigen, wie es Antje geht?«

      »Jederzeit, Frau Martell. Und wenn ich Ihnen sonst irgendwie helfen kann, dann lassen Sie es mich wissen. Sie dürfen nicht verzweifeln. Es ist schwer für mich, Ihre Lage richtig zu beurteilen. Aber die Möglichkeit, einen Brief zu schreiben, gibt es immer. Wenn Sie das, was geschehen ist, schriftlich niederlegen, wird Ihr Mann es in Ruhe lesen. Wäre das nicht denkbar?«

      »Ich fürchte nein. Es ist sehr schwer … Ich danke Ihnen, Frau von Schoenecker.«

      Denise sah ihren Mann betroffen an. »Sie hat aufgelegt. Ich kann nicht zurückrufen, denn ich habe keine Ahnung, wo sie sich aufhält. Sie machte einen