Patricia Vandenberg

Sophienlust Paket 3 – Familienroman


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Uhr auf die Station kam.

      »Ich …, ich bin noch nicht sicher, Herr Doktor«, antwortete sie leise. »Darf ich die Entscheidung bis morgen oder übermorgen aufschieben?«

      »Natürlich. Sie haben offenbar ein anderes Angebot?«

      »Nein, das nicht.«

      Er fragte nicht weiter. Sie wollte nicht darüber sprechen. Das hatte sie ihm deutlich zu verstehen gegeben.

      Es war fast neun Uhr geworden, als Hanna das Krankenhaus verließ. Das Auto, das an der Ecke wartete, bemerkte sie zunächst nicht.

      »Hanna …«

      Sie fuhr herum und stand wie angewurzelt. Klaus Martell kam langsam auf sie zu.

      »Verzeih mir, Hanna. Frau von Schoenecker hat mir erzählt, was du mit dir herumgetragen hast. Es war meine Schuld, dass du dich scheutest, mir die Wahrheit zu sagen. Willst du zurückkommen zu mir? Das Haus ist schrecklich leer ohne dich. Ich habe mich nach dir gesehnt.«

      »Ich hätte dir sagen müssen, wer Georg Pflug war«, gab sie stockend zurück. »Dann wäre ich auf dem Schiff nicht zum Schweigen verurteilt gewesen.«

      Er streckte zögernd die Hände aus. »Wollen wir neu beginnen, Hanna? Du, Antje und ich?«

      Da wusste Hanna, dass Denise von Schoenecker das Wunder der Liebe und des Glücks für sie zurückgeholt hatte. Sie ließ sich von Klaus zum Wagen führen und bettete den Kopf an seine Schulter.

      »Ich liebe dich, Hanna. Erst jetzt ist mir bewusst geworden, wie sehr ich dich und dein Kind liebe. Nimmst du die beiden Schmuckstücke wieder an von mir?«

      »Ja, Klaus. Ich war in all meinem Elend froh, dass ich sie nicht weggeben musste.«

      »Dass ich dich allein ließ! Wie stark und tapfer bist du gewesen!«

      »Ach, ich war schwach und hatte kaum Mut, Klaus.«

      »Jetzt stehen wir es gemeinsam durch. Dieser Mann muss seiner Strafe zugeführt werden. Wir werden einen erstklassigen Anwalt nehmen, damit du so schnell wie möglich ganz von ihm loskommst. Antje darf niemals etwas davon erfahren.«

      »Nein, Klaus. Denn für unsere Kinder leben wir.«

      Seine Lippen verschlossen ihren Mund. Nichts trennte sie noch von ihm. Die Mauer des Schweigens war zusammengebrochen.

      Antje trug den Korb mit der jungen Katze vorsichtig zum Auto.

      »Viel Glück«, sagte Henrik. »Vergiss uns nicht, Antje.«

      »Besuch uns mal in den Ferien«, fügte Nick hinzu. »Tut’s dir nicht leid, dass du abfahren musst?«

      Antje holte tief Luft. »Schade ist es schon, Nick. Aber ich gehöre nun mal zu meinem Vati und zu meiner Mutti. Du würdest auch nicht weggehen von deinen Eltern.«

      »Stimmt, Antje. Pass gut auf die Katze auf.«

      »Weißt du, wie ich sie nenne?«

      »Nein.«

      »Vielleicht nimmst du’s übel.«

      »Warum denn? Einen Namen muss die Katze doch haben.«

      »Sie heißt Sophie, weil sie aus Sophienlust stammt.«

      Nick lachte. »Mutti, hörst du es? Antje nennt die Katze Sophie! Zur Erinnerung an Sophienlust.«

      Klaus Martell trat verlegen von einem Fuß auf den anderen. »Es ist vielleicht nicht ganz passend, Frau von Schoenecker. Immerhin ist es der Name von Nicks Urgroßmutter.«

      »Sie würde sich freuen. Ich finde Antjes Idee großartig. Leben Sie wohl, Prof. Martell. Alles Gute, Frau Martell.«

      Die Abschiedsstunde hatte endgültig geschlagen. Denise stand zwischen den Sophienluster Kindern und winkte dem Wagen nach.

      »Was war nun eigentlich mit Matthias Bruck los?«, fragte Nick und hängte sich bei seiner Mutter ein. »Das hast du mir noch immer nicht erklärt.«

      »Nichts Besonderes, Nick. Er war kein zuverlässiger Mensch. Das hatte Severin wohl schneller herausgefühlt als wir. Ein Glück, dass Andrea jetzt den netten Studenten zur Aushilfe hat.«

      Nick blieb nichts anderes übrig, als sich zufriedenzugeben. Zwar merkte er, dass seine Mutter ihm etwas verschwieg. Doch es schien keine Möglichkeit zu geben, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen.

      »Waldi konnte Matthias Bruck auch nicht leiden«, sagte Nick herausfordernd.

      »Na ja, unser Waldi war schon immer der Größte«, gab Denise heiter zurück.

Cover Wann kann ich wieder lachen?

      Das kleine Mädchen stand am Fenster, hatte das Kinn in eine Hand gestützt und schaute ernst und ein wenig traurig in den trüben Tag hinaus.

      »Sibylle!«

      »Hm.« Das Kind mit den großen verträumten Augen wandte den Kopf nicht, als die rundliche Haushälterin das Zimmer betrat.

      »Tante Anita hat geschrieben, Sibylle. Es ist ein langer Brief mit einer ­schönen bunten Marke aus dem Ausland.«

      »Was schreibt sie denn, Barb?« Sibylle schien nicht besonders daran interessiert, den Inhalt des Briefes zu erfahren.

      Barbara, seit mehr als dreißig Jahren unumschränkte Herrscherin in der großen, ein wenig altmodischen Villa der Familie Germersheim, unterdrückte einen Seufzer. »Das will ich gerade mit dir besprechen, Billchen.«

      Langsam wandte sich Sibylle Germersheim um und schaute Barb müde an. »Ist es wichtig?«

      »Ich finde ja. Es gefällt Tante Anita nämlich so gut auf der großen Reise, dass sie länger fortbleiben will.«

      »Das ist mir egal«, warf Sibylle hin. »Wenn sie nicht da ist, kann ich wenigstens machen, was ich will.«

      »Deine Tante hat dich lieb und meint es gut mit dir, Billchen«, versuchte Barbara zu begütigen. Doch es klang nicht überzeugend.

      Dass Sibylle der Haushälterin keinen Glauben schenkte, konnte man von ihrem Gesicht ablesen.

      »Hör mal zu«, fuhr Barb mit erzwungener Munterkeit fort. »Hier schreibt sie: Ich möchte verhindern, dass Sibylle dadurch einen Nachteil hat.«

      »Wodurch denn?«, schaltete das Kind unwillig ein.

      Barbara räusperte sich. »Nun, ­dadurch, dass Tante Anita so lange fort bleibt. Du bist ganz allein hier …«

      »Du bist ja bei mir, Barb.«

      »Ich kann mich nicht viel um dich kümmern, Billchen. Deshalb hat Tante Anita gedacht, dass du eine Zeitlang in ein Kinderheim gehen sollst.«

      Endlich war es heraus. Die arme Barbara hatte sich schon seit einer ­halben Stunde damit herumgequält. Den wahren Grund für diesen völlig überraschenden Entschluss Anita ­Germersheims durfte Sibylle allerdings unter keinen Umständen erfahren.

      »Ein Kinderheim?«, wiederholte die Kleine erschrocken. »Was soll ich denn dort?«

      »Sicher ist es ein sehr schönes Heim. Es heißt Sophienlust. Tante Anita hat die Adresse früher mal von einer Bekannten bekommen. Damals hatte sie auch schon daran gedacht, dich dort unterzubringen.«

      »Warum denn?«, fragte Sibylle mit krauser Stirn.

      »Ich weiß nicht recht. Sie dachte wohl, dass du mit anderen Kindern zusammenkommen solltest.« Barb wusste genau, dass die Überlegungen von Billchens Tante in Wirklichkeit gänzlich anderer Art gewesen waren. »Jedenfalls hat sie schon an die Dame geschrieben, die das Heim leitet. Ich soll mich telefonisch mit ihr in Verbindung setzen und dich möglichst noch in dieser Woche hinbringen.«

      Sibylle wurde blass. »So schnell?« Ihr Stimmchen schwankte. »Müssen wir, Barb?«,