er über den Hof nach Clem Tuttle, daß die Scheiben klirren.
Hinter ihm sagt Isabell gepreßt zu ihrem Bruder:
»Allen, hat diese Frau etwa alles mit ansehen müssen?«
»Was sie nicht sah, hat sie gehört, eine tapfere und mutige Frau«, sagt Clanton spröde. »Manchmal ist allein das Hören schlimmer als etwas zu sehen, wie? Nun gut, James, Tuttle ist dein Mann. Ich bin gespannt, wie weit er es ist.«
Der alte Mann rennt wie ein gefangener Tiger im Raum umher und sieht ihn kurz an.
»Ich könnte sie alle hinauswerfen!« sagt er heiser. »Aber wem wäre damit geholfen, frage ich dich? Zum Teufel, Clem ist mein Mann, du wirst es sehen!«
Er hat kaum ausgesprochen, als die Tür aufgeht und Clem Tuttle hereinkommt. Wie immer ist Tuttle kühl und beherrscht. Er sieht seinen Boß an, hat den Hut in der Hand, und der Alte kommt auf ihn zu.
»Clem!« sagt er mit fürchterlicher Ruhe. »Clem, wie lange bist du jetzt hier?«
»Viereinhalb Jahre, Boß!« erwidert Tuttle. »Eine ganz gute Zeit, aber ich denke, es werden keine fünf Jahre mehr werden.«
»So, warum?« fragt der Alte scharf. »Du warst mit Mikel bei Clay und hast dieses Unglück auch noch mitgemacht. Wer noch alles außer Walburn und Meehan? Antworte, Clem.«
»Sharp und der junge Ford«, erwidert der Revolvermann ruhig. »Boß, es war kein Unglück.«
»Was dann, zum Teufel?«
»Eine prächtige Schweinerei, wie sie nur ein Mann sich ausdenken konnte«, sagt Clem Tuttle kalt und sieht den Alten seltsam ruhig an. »Mikel hatte gesagt, er sei ein Viehdieb. Nun gut, den Beweis hatten wir bald gefunden. Das war richtig. Aber was dann kam, war gemein, zu hart und zu schlimm. Ich schlucke viel, aber ich schlucke das nicht. Ich wollte dir das schon vorhin sagen, als wir kamen, aber ich dachte an Mikel und daran, daß er der Boß hier sein wird. Nun gut, wenn ich von dir einmal einen Befehl bekomme, Mikel gegen Steven zu decken, ich werde es nicht tun und meine Zeit hier wird um sein.«
Das ist eine erstaunlich lange Rede für Tuttle.
Der Alte starrt ihn an und dreht sich um. Er geht langsam zum Schreibtisch, bleibt dort stehen und nimmt hastig eine Zigarre aus dem Kasten. Erst als sie brennt, sagt er heiser:
»Wußtest du, daß Mikel einmal etwas mit Ireen Clay hatte, Clem? Und bist du sicher, daß er deshalb so rauh wurde?«
»Meine Meinung ist nicht maßgebend«, erwidert Tuttle kühl. »Er hat es nicht direkt gesagt, aber er hat alles getan, was wie eine billige Rache aussah. Dies ist die Wahrheit, nun fange mit ihr an, was immer du willst.«
»Wart ihr sicher, daß Clay ein Rind von unsererer Weide gestohlen hatte?« fragt der Alte.
»Es war bei ihm, also war es gestohlen«, murmelt der Revolvermann träge. »Ich bin nicht dazu da, so etwas erst zu untersuchen. Wenn Mikel behauptet, er hat es von unserer Weide gestohlen, dann wird er seine Gründe dafür haben. Was ich denke, ist gleichgültig. Es war gestohlen, ganz gleich, auf welche Art. Und seine Quittung hat Steven Clay bekommen. Ich hätte es nur nicht so verdammt hart gemacht, daß man ihn band und dann auf ihn einhämmerte. Ich habe nur zugesehen, als ich merkte, was Mikel vorhatte.«
»Wer hat alles geprügelt?« fragt
James Brian Todhunter, »Ford auch?«
»Er paßte nur auf die Frau auf«, sagt Tuttle. »Dem Jungen ging es verdammt an den Magen. Nun gut, mir auch. Wenn du denkst, ich achte auf Mikel wenn Steven auf ihn losgeht, dann kannst du mich gleich auszahlen.«
»Du bist für mich da!« sagt Todhunter grollend. »Das mit Mikel überlaß mir. Steven Clay wird nicht auf ihn losgehen. Wo ist Mikel jetzt?«
»Im Last Penny«, sagt Tuttle ruhig. »Er wird seinen Sieg feiern und nicht einmal wissen, was er für ein Narr gewesen ist. Nun gut, kann ich jetzt gehen?«
»Geh!« sagt Todhunter heiser. »Und falls Mikel etwas von dir will, ich bin auch noch da!«
Clem Tuttle nickt langsam, dreht sich halb um und sagt:
»Clanton, mische dich nicht zu sehr ein, das ist ein Rat.«
Und damit geht er hinaus. Draußen hockt er sich hinter dem Stall auf eine alte Tonne und raucht ruhig. Und seine Mundwinkel sind bitter nach unten gezogen.
Er bleibt dort über eine Stunde in der schwarzen Dunkelheit sitzen und sieht Clanton aus dem Haus kommen, sein Pferd nehmen und reiten. Und erst, als der nicht mehr zu sehen und zu hören ist, geht er in das Haus, in dessen Anbau er neben der Küche sein Zimmer hat.
Der Revolvermann ist lange genug wach, um den Alten manchmal als Schatten vor den erleuchteten Fenstern einherwandern zu sehen. Er wagt nichts, ehe er nicht den Hufschlag kommen hört und die vier Reiter in den Hof einbiegen. Und erst dann sagt er bissig: »Mikel, ich wünsche dir die Pest an den Hals, aber ich bin auf eine Art ein treuer und dummer Hund, der deinem Vater die Treue halten und seine Befehle ausführen wird. Wenn dein Vater nicht wäre, Junge, würde ich dir meinen Colt mit dem Korn am Lauf dreimal durch das verlebte Gesicht ziehen. Vielleicht siehst du dann wie ein Mann, aber nicht wie ein Molch aus.«
Er hört den Alten rufen und sieht durch das Fenster, wie Mikel Todhunter ins Haus geht. Er sieht die anderen drei Männer absatteln und sich umdrehen, als es innen im Haus eine brüllende Kanonade des Alten gibt, die sich über Mikel ergießt.
Vergeblich, alles vergebens, den änderst du nicht mehr, James Brian, denkt der Revolvermann bitter. Du hast ihm zu sehr die Flügel wachsen lassen. Jetzt kannst du ihn noch halten, aber ändern nicht mehr. Er wird sich ducken, aber frage nicht, was er denkt und was er tun wird, wenn du einmal nicht mehr da bist. Du kennst ihn nicht, diesen Burschen. Vielleicht war einer deiner Vorfahren ein Halunke, alter Mann, denn so viel Dreck auf einen Mann verteilt zu sehen, habe ich nicht für möglich gehalten. Tobe und brülle, er wird denken, was nur er will.
Und der Revolvermann hat beinahe recht.
Im Haus tobt der Alte wie besessen und brüllt herum. Er sieht seinen Sohn drohend an, packt ihn an den Westenenden und rüttelt ihn wild. Und Mikel Todhunter ist nichts als ein feiger und aus Furcht vor dem Alten zitternder Mann.
»Du hast dich rächen wollen!« schreit ihn der Alte an. »Weil sie dir zwei Ohrfeigen gab, was? Alles nur deshalb? Gibst du das zu?«
»Nein, nein«, sagt Mikel Todhunter heiser. »Dad, du denkst falsch. Den Gedanken hatte ich kaum. Er war ein Viehdieb. Und sein verdammter Hochmut, wenn er mich traf, ich konnte sein Grinsen nicht sehen und dachte: Er stiehlt eure Rinder und lacht dich noch aus.«
»Weiß der Henker, was du gedacht hast, du Narr!« faucht James Brian wild. »Was passieren wird, ist wichtiger. Vierzehn Tage wirst du auf der Weide sein, mein Junge. Du darfst selber Mavericks aussuchen. Ich werde dich lehren, eigenmächtig etwas zu tun. Du wirst arbeiten und nicht mehr in der Stadt die Mädchen kopfscheu machen.
Jede Mutter in der Stadt hält ihre Töchter eingesperrt, wenn sie dich in die Stadt kommen sieht, Mikel. Du bist ein Windhund, ein Schürzenjäger! Du wirst arbeiten, vierzehn Tage lang. Und die Stadt wird dich nicht sehen. Das ist ein Befehl.
Versuche es und reite trotzdem in die Stadt, du wirst sehen, was ich dir dann vor die Nase setze. Noch bestimme ich hier, fertig!«
»Aber ich habe eine Verabredung in der Stadt«, sagt Mikel beleidigt. »Mach doch nicht so ein Geschrei um Steven. Schon gut, Dad, es war falsch, aber es ist nicht mehr zu ändern. Was ist, ich muß morgen gegen neun Uhr in der Stadt sein! Kann ich nicht…«
»Ein Weib, was?« fragt der Alte grimmig. »Natürlich, diese Walcott, wie? Sie soll einen prächtigen Mode-salon aus dem Osten mitgebracht haben. Bei dir verkauft sie wohl keine Damenhüte und Handschuhe, he? Es wird nichts daraus, mein Lieber! Arbeite, klar? Das ist ein Befehl!«
»Na gut«, mault Mikel. »Du kannst Steven sagen, daß es mir leid täte. Es tut mir wirklich leid. Ich war wohl zu hitzig.«
Und