Andrew Hathaway

Der Geisterjäger Staffel 1 – Mystikroman


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Stock! Rick glaubte es zu schaffen.

      Dann hörte er hinter sich einen heiseren Schrei. Mitten im Sprung zur nächsten Treppe drehte er sich kurz um.

      Ein Schatten flog durch das unbeleuchtete Treppenhaus. Patsy Meco schnellte sich durch die Luft und woIlte sich von hinten auf Rick Masters werfen, ihn zu Boden reißen und töten.

      In letzter Sekunde duckte sich der Geisterdetektiv.

      Die Untote segelte über ihn hinweg, stieß gegen die Wand, taumelte und stürzte eine halbe Treppe hinunter. Schneller als eine Katze war sie wieder auf den Beinen und wandte sich Rick zu, der nun oberhalb von ihr stand.

      In der Finsternis schimmerten ihre Augen wie bleiche Steine. Ihre Zähne blitzten, als sie wütend den Mund verzog.

      Ricks Augen hatten sich mittlerweile so gut an die Dunkelheit gewöhnt, daß er jede Einzelheit erkannte. Dracula war zu seiner Erleichterung schon weiter unten, vermutlich sogar auf die Straße gelaufen. Wenigstens konnte dem Hund nichts passieren.

      Doch für Rick ging es um Leben und Tod. Irgendwo über ihm lauerte der Magier, und abgesehen von seinem satanischen Fähigkeiten war er bestimmt auch bewaffnet. Den weiteren Fluchtweg schnitt die lebende Leiche ab. Es war aussichtslos.

      Doch das Wort ›Aufgabe‹ kam in Ricks Wortschatz nicht vor. Blitzartig schätzte er seine Chancen ab.

      Blieb er hier stehen, war er verloren. Wagte er einen verzweifelten Sprung und setzte dabei alles auf eine Karte, hatte er wenigstens den Hauch einer Chance.

      Die Entscheidung war gefallen!

      Nun merkte der Geisterdetektiv die Schmerzen in seinen Händen. Die Wunden, die er sich vorhin bei seinem Sturz zugezogen hatte, brannten. Er durfte sich nicht weiter darum kümmern.

      Rick ließ die lebende Leiche bis auf fünf Stufen herankommen. Dann schwang er sich auf das brüchige Treppengeländer und schnellte sich über den Abgrund, der ihn vor der tieferliegenden Treppe trennte.

      Für Sekundenbruchteile schwebte er über freiem Raum, tief unter sich Steinboden, der jeden Fall in einen Todessturz verwandeln mußte, dann stieß er mit einem Fuß gegen das Geländer der nächsten Treppe, fiel vorwärts, fing sich mit den Händen auf den Stufen ab und überschlug sich.

      Geschickt rollte er den Sturz ab, ohne sich etwas zu brechen, kam auf die Beine und lief weiter. Er blickte sich nicht einmal um, obwohl über ihm wütendes Gebrüll des Magiers und heiseres Fauchen der lebenden Leiche ertönte.

      Jeweils drei Stufen überspringend, jagte der Geisterdetektiv in langen Sätzen die brüchige Treppe hinunter, wirbelte um die Absätze herum und sah die Haustür vor sich. Dahinter schimmerte das feuchte Pflaster des Hofes, kündigte Rettung an.

      Schon wollte sich Rick ins Freie stürzen, als er neben der Treppe einen hellen Fleck entdeckte.

      »Dracula, lauf!« schrie er seinem Hund zu, der sich im Mittelpunkt der spiralförmig gedrehten Treppe zusammenkauerte. Ohne seinen vierbeinigen Helfer wollte Rick Masters nicht fliehen. Er hing nicht nur an Dracula und fühlte sich für den wehrlosen Hund verantwortlich. Dracula hatte ihm auch so oft das Leben gerettet, daß Rick ihn jetzt nicht im Stich lassen durfte.

      Dracula gehorchte ausnahmsweise nicht. Er rührte sich nicht von der Stelle.

      Rick blieb nichts anderes übrig, als den Hund mit seinen eigenen Händen ins Freie zu bringen.

      Doch als er nach Dracula greifen wollte, wich er zur Seite. Ganz dicht über Ricks Kopf ertönte ein Triumphgeschrei der lebenden Leiche. Sie hatte ihn fast eingeholt. Es war nur eine Frage von Sekunden. Und weiter oben im Treppenhaus lachte der Magier, daß es schaurig von den Wänden widerhallte.

      Noch einmal versuchte Rick, Dracula einzufangen, als er auf dem Boden helles Blitzen sah.

      Die Silberkugel!

      Von schwarzmagischen Einflüssen bedroht, hatte sich Dracula an den Ort geflüchtet, von dem die stärksten Gegenkräfte ausgingen, und das war die Silberkugel, die Rick entfallen war.

      In einer einzigen geschmeidigen Bewegung packte Rick Masters die Kugel, ließ sich fallen und drehte sich herum.

      Als sich die lebende Leiche auf ihn warf, um ihn für immer auszuschalten, reckte er ihr die Waffe des Guten entgegen.

      Patsy Meco kam mit der glänzenden Oberfläche der Silberkugel in Berührung. Sie richtete sich wie unter einem Starkstromschlag auf und wurde zurückgeschleudert, ohne daß Rick sich bewegte. Es war allein die Macht der Silberkugel, die der Untoten das unnatürliche Leben entzog. Der Magier schrie noch einmal enttäuscht und wütend auf, dann verstummte er. Rick Masters mußte so lange warten, bis die Leiche der Sekretärin still lag und keine Gefahr mehr von ihr ausging. Sie war für immer unschädlich geworden. Erst danach konnte er sich auf den Magier konzentrieren. Er wollte diesen Mann nicht ungeschoren davonkommen lassen.

      »Bleib hier!« befahl er seinem Hund und machte sich wieder an den Aufstieg. Leider hatte er seine Pistole noch nicht gefunden, doch gegen einen Menschen konnte er sich auch mit seinen bloßen Händen verteidigen, sogar wenn sein Gegner bewaffnet war.

      Ein zweites Mal wollte sich Rick in keine Falle mehr locken lassen. Er hatte aus seinem beinahe tödlich verlaufenden Sturz gelernt.

      So sehr Rick sich auch beeilte, er konnte den Magier nicht einholen. Der Mann mußte sich oben zurückgezogen haben.

      Bis zur vierten Etage konnte Rick sich eine Überprüfung der Wohnungen ersparen, da sie alle keinen Fußboden hatten. Hier steckte der Unbekannte also nicht.

      In der fünften Etage kostete es ihn wertvolle Zeit, ehe er sich davon überzeugt hatte, daß der Magier auch hier nicht war. Darüber kam nur noch das Dach, ein Flachdach mit lediglich drei Kaminen. Rasch hatte Rick herausgefunden, daß der Magier nicht mehr auf dem Dach auf ihn lauerte.

      Die Erklärung für seine Flucht war sehr einfach und doch ärgerlich. Von diesem Dach gab es eine Verbindung zum Nachbarhaus, das wiederum mit etlichen anderen Wohnblocks zusammenhing. Eine Verfolgung hatte unter diesen Umständen keinen Sinn. Inzwischen war der Magier bestimmt schon wieder unten auf der Straße und hatte sich in Sicherheit gebracht.

      Rick Masters stieg zu seinem Hund hinunter, der ihn freudig begrüßte. Gemeinsam suchten und fanden sie die Pistole. »Für die Lebensrettung bekommst du ein großes Steak«, versprach Rick. »Roh und vom feinsten Filet! Du hast es verdient.«

      Dracula verstand das zwar nicht, aber es war ihm deutlich anzumerken, daß er die Gefahr begriffen hatte, aus der sich sein Herr nicht ohne seine Hilfe befreit hatte. Auf dem Weg zu seinem Wagen konnte Rick kaum gehen, weil Dracula immer wieder kläffend an ihm hochsprang und sich kaum beruhigte. Erst im Morgan rollte er sich auf dem Nebensitz zusammen und schlief augenblicklich vor Erschöpfung ein.

      Rick Masters fuhr zurück zum City Tower, da er nicht daran zweifelte, daß er hier den Magier treffen würde. Der Unbekannte besaß in dem Hochhaus sein Hauptquartier, das er nach dem Mißerfolg in der Ruine aufsuchen mußte, um den nächsten Schlag gegen seinen Feind vorzubereiten.

      Schon von weitem sah Rick Masters, daß wieder etwas passiert war. Es überlief ihn kalt, als er sich vorstellte, welches Schreckensregiment der Magier in dem Turm errichtet hatte. Diesmal mußte es klappen. Ein zweites Mal durfte ihm der Urheber des ganzen Unglücks nicht mehr entwischen.

      *

      Noch bevor Rick Masters seinen Morgan verließ, stürmte ein Mann auf ihn zu, an dessen Gesicht Rick merkte, wie dringend es war. Sergeant Myers. Die Haare hingen ihm aufgelöst ins Gesicht. Er bekam kaum Luft, als er sich an der Seitentür des Morgans festkrallte.

      »Schnell, der Chef braucht Sie!« stieß er hervor.

      Rick schob sich ins Freie und nahm seinen Hund wieder auf den Arm. »Was ist denn überhaupt los?« erkundigte er sich und blickte an dem Sergeanten vorbei. Feuerwehrmänner waren damit beschäftigt, einen zertrümmerten Personenwagen auf einen Tieflader zu hieven. Das Dach des Pkw war flachgedrückt, sämtliche Fenster