kannst du dich nicht absichern?«
Chefinspektor Hempshaw unterbrach ihr Gespräch. »Wir haben Benjamin Potter aus dem Aufzugsschacht geholt und weggebracht«, sagte er leise, und rieb sich die Augen. »Diesmal bleibt er hoffentlich in der Gerichtsmedizin.«
»Ganz bestimmt«, versicherte Rick Masters.
»Wir haben übrigens den Toten aus dem ersten Kellergeschoß identifiziert«, fuhr Hempshaw fort. »Den Mann, der erwürgt wurde. Er ist einer der drei Hausmeister.«
»Das paßt ziemlich gut«, stellte Rick Masters fest. »Als Hausmeister hatte er überall Zutritt und war ein guter Helfer für den Magier. Ja, ich bin sicher, daß dieser Mann mir Informationen zuspielen wollte.«
»Er hieß Chuck Bensen, sechsunddreißig Jahre alt, alleinstehend.« Hempshaw musterte düster die Leute in der Halle. »Wer steckt hinter allem? Einer der Mieter? Einer der Büroangestellten? Ein Angestellter der Verwaltungsgesellschaft?«
»Man müßte ihm eine Falle stellen«, murmelte Rick. »Ihn anlocken und entlarven…«
Er verstummte, weil er merkte, daß seine Idee vorläufig noch undurchführbar war. Er hatte keine Ahnung, womit er den Magier aus seiner Reserve locken konnte.
»Wir haben schon mit der Überprüfung der Alleinstehenden in diesem Gebäude begonnen«, fuhr Hempshaw fort. »Es wird aber noch Stunden dauern, bis wir die ersten Ergebnisse erhalten. Vielleicht vergehen sogar Tage, bevor wir alle erfaßt haben.«
»Nicht sehr aussichtsreich.« Rick stand auf. »Ich bringe dich jetzt in dein Haus, Hazel. »Du mußt dich unbedingt erholen.«
»Du hast recht, Darling.« Lächelnd stand sie auf. »Aber ich werde allein fahren. Ich bin wieder in Ordnung.«
Sie konnte Rick davon überzeugen, daß er sich nicht weiter um sie zu kümmern brauchte und machte sich auf den Weg. Erst als Rick sicher war, daß sich seine Freundin außer Gefahr befand, wandte er sich wieder seinen Aufgaben zu.
»Diese Sekretärin wäre interessant«, meinte er zu Hempshaw. »Sie hat bestimmt gleich Dienstschluß. Dann hefte ich mich auf ihre Fersen. Mal sehen, ob sie mich nicht doch auf eine Spur führt.« »Halten Sie Patsy Meco für eine lebende Leiche?« erkundigte sich Hempshaw.
»Abwarten«, erwiderte Rick ausweichend. »Erst einmal beobachte ich sie eine Weile. Danach sehen wir weiter.«
Er bezog vor dem Maklerbüro Stellung, in dem Patsy Meco arbeitete. Hempshaw wollte ihm einige Helfer stellen, doch Rick lehnte ab. Wie immer arbeitete er am liebsten allein.
»Es wird eine lange Nacht«, sagte der Chefinspektor noch, ehe er sich verabschiedete. »Ich komme bestimmt auch nicht zum Schlafen. Dieser Fall läßt mir keine Ruhe.«
»Wir alle werden froh sein, wenn er abgeschlossen ist«, behauptete Rick.
Hempshaw hob zweifelnd die Augenbrauen hoch, »Meinen Sie, daß es einmal ein Ende gibt? Ein gutes, meine ich?«
»Wenn ich nicht daran glaube, wer sollte es dann tun?« antwortete der Geisterdetektiv mit einer Gegenfrage und begann zu warten.
Schon zehn Minuten später erschien Patsy Meco. Der City Tower erwachte zu Betriebsamkeit. Die Büros schlossen.
In dem Gewirr nach Hause eilender Menschen nahm Rick Masters unbemerkt die Verfolgung der Verdächtigen auf.
*
Seit Jahren hatte sich der Magier mit dem Plan beschäftigt, ein Zentrum des Bösen in einer Großstadt zu errichten. London war am geeignetsten, hier kannte er sich am besten aus.
Die Schwierigkeiten waren jedoch enorm gewesen, und erst jetzt war er in der Lage, seine Absichten zu verwirklichen. Er war weit genug in die Geheimnisse der Schwarzen Magie eingedrungen. Seine Verbindungen zu dem Reich der Geister und Dämonen reichten aus.
Es war auch alles glattgegangen, bis dieser Geisterdetektiv auftauchte, dieser Rick Masters. Er brachte alles durcheinander, weil er mit untrüglichem Instinkt die Helfer des Magiers aufspürte.
Wenn der Magier an die Untoten dachte, die er bereits durch das Eingreifen seines Gegners verloren hatte, überliefen ihn kalte und heiße Schauer der Wut.
Dennoch behielt er einen kühlen Verstand. Er durfte sich nicht von seinen Gefühlen hinreißen lassen. Der kleinste Fehler konnte bei einem solchen Gegner vernichtend sein.
Die Vergangenheit hatte gezeigt, daß es nicht genügt, einfach einen Untoten auf Masters zu hetzen. Auch der Versuch, seine Freundin als Geisel zu nehmen, war fehlgeschlagen. Nun blieb dem Magier nur noch eines. Er mußte sorgfältig eine perfekte Falle errichten, daß nicht einmal mehr Rick Masters entwischen konnte.
Dazu war es aber nötig, dem Geisterdetektiv die Silberkugel abzunehmen, diese starke Waffe des Guten. Oder er tötete Masters auf gewöhnliche Weise. Dann half ihm die Silberkugel nicht.
Der Magier entschied sich für eine Mischung, die ihm am sichersten erschien. Er wollte Rick Masters ohne Einsatz magischer Mittel die Silberkugel abnehmen und ihn dann von seinen Helfern töten lassen.
Jetzt kam es nur noch darauf an, den günstigsten Zeitpunkt abzuwarten. Und der schien sich anzubieten, als sich Rick Masters auf die Fersen einer Sekretärin namens Patsy Meco heftete.
*
Eine unerwartete Schwierigkeit tauchte auf, als Patsy Meco auf die Straße trat. Erst jetzt dachte Rick Masters daran, daß er nicht wußte, wo die Sekretärin wohnte und ob sie überhaupt nach Hause wollte.
Mit dem Wagen konnte er ihr nicht folgen, da sie nicht sofort in ein eigenes Auto stieg. Also blieb er ihr zu Fuß auf der Spur, Dracula auf dem Arm, damit er den Hund in dem Menschengewimmel auf den Straßen nicht aus den Augen verlor. Es war Rush-hour, die schlimmste Zeit des Tages. Wenn Patsy Meco ein Taxi anhielt und er nicht sofort einen freien Wagen fand, entkam sie ihm. Vielleicht hätte er doch die Helfer des Chefinspektors akzeptieren sollen.
Wenige Minuten später war Rick alle Sorgen los. Patsy Meco verzichtete auf Bus, Underground oder Taxi. Sie erreichte ihr Ziel bequem zu Fuß, ein Haus in der Nähe der St. Paul’s Cathedral und nur einen Steinwurf von dem City Tower entfernt, in dem momentan die Hölle tobte.
Als sie die Haustür hinter sich schloß, ließ Rick ihr einen Vorsprung von zehn Sekunden. Dann betrat auch er das Treppenhaus.
Miss Mecos Schritte waren von oben zu hören. Sie stieg die Treppe hinauf und befand sich bereits auf der Höhe des ersten Stocks. Rick huschte lautlos hinter ihr her.
Er hörte das Rasseln von Schlüsseln, dann das Schließen einer Tür. Nachdem diese sich wieder geschlossen hatte, stieg der Geisterdetektiv die restlichen Stufen hinauf.
Dracula saß die ganze Zeit auf Ricks Arm und verhielt sich ganz still, als habe er begriffen, daß er seinen Herrn nicht verraten durfte.
Ohne Mühe fand Rick das Namensschild MECO. Die Sekretärin wohnte hier, was die Sache sehr erleichterte.
Im ganzen Haus war es still. Das half Rick bei seinem Vorhaben. Er setzte Dracula auf den Boden und hielt ihm kurz die Hand auf die Schnauze, ein Zeichen, daß er still sein sollte. Und daran hielt sich der vierbeinige Begleiter des Geisterdetektivs auch.
Dann holte Rick seinen Kugelschreiber hervor und hob damit die Klappe in der Tür an, die den Briefschlitz verdeckte. Auf diese Weise konnte er wenigstens einen Teil des Vorzimmers überblicken.
Es funktionierte noch besser. als er zu hoffen wagte. Sein Blick reichte sogar in das Wohnzimmer hinein. In der Diele und im Wohnraum brannte Licht. Er sah Patsy Meco. Die Sekretärin saß steif aufgerichtet in einem Sessel, gar nicht bequem und entspannt zurückgelehnt. Die Hände lagen auf den Knien, der Kopf war geradeaus gerichtet. In ihren Augen war eine Leere, die den Geisterdetektiv erschreckte.
Hätte er noch Zweifel gehabt, ob Patsy Meco unter einem bösen Bann stand, wären sie in diesem Moment beseitigt gewesen. Sie war nicht mehr Herr ihrer Sinne, vielleicht nicht einmal mehr ein lebender Mensch.
Schon