G.F. Barner

G.F. Barner Staffel 3 – Western


Скачать книгу

hört das grelle, scharfe Singen, spürt den Schlag, der kurz seinen linken Jackenflügel trifft, und hat dann den grollenden, berstenden Knall des Gewehres in den Ohren. Die Kugel jagt um zwei Zoll vor seiner Brust vorbei und schmettert dann mit einem hellen Schlag die Scheibe des Fensters vom »Last Penny« entzwei. Scherben regnen, aber Rosco stürzt schon. Er reißt im Fallen den Revolver heraus und gibt sich mit dem Fuß einen Stoß, der ihn genau dem Generalstore zudreht.

      Die Waffe in seiner Hand fliegt hoch. Er rollt sich weg, zielt kurz und feuert im selben Augenblick. Das Krachen des Revolvers kommt, die Kugel schlägt in den Zaun ein, der gut fünfzig Schritt entfernt ist und an dem sich für den Bruchteil einer Sekunde ein kurzes Blinken zeigt. Rosco feuert auf diese Entfernung, sieht das Blinken nicht mehr, rollt noch einmal und jagt dann zwei weitere Schüsse hinaus. Hinter ihm brüllt der Fahrer des Wagens – es ist doch nicht Zach, das hört Rosco an der Stimme. Der Wagen steht, Rosco schnellt sich hoch, wirbelt herum und rennt dann geduckt los. Irgendwo ist ein heller durchdringender Schrei, der von der Fellhandlung zu kommen scheint. Fünfzig Schritt bis zum Zaun, aber Rosco stürzt nicht zum Zaun, wirbelt herum und rennt auf den Eingang des »Last Penny« zu. Er erreicht ihn, als der Mann gerade hinaus will, stößt den Mann, den er nicht kennt, zur Seite und kommt in den Saloon hinein.

      Sein erster Blick fällt auf den Tresen hinten.

      Er sieht dem Mann ins Gesicht, in dem der nackte Hohn zu lesen ist.

      Carter lehnt am Tresen, an dem die Chips ausgegeben werden. Er hält die Arme verschränkt. In seinen Augen ist nichts als Spott. Den gleichen Ausdruck hat Donaldson im Gesicht.

      »Hallo?«, fragt Donaldson dann hämisch. »Was ist denn das? Rosco, mein Freund, suchst du jemanden? Was soll der Revolver?«

      Rosco geht auf ihn zu, an den Männern vorbei, die hastig ausweichen. Er sieht, wie Donaldson den Mund bewegt, irgendetwas zischt und Carters starre Haltung sich lockert. Dicht vor dem Tresen bleibt Rosco stehen, sein Blick heftet sich fest auf den korpulenten, großen Donaldson. Und dann sagt er düster: »Gut gemacht, Freund, ganz gut. Nur danebengeschossen, wie? Wer hat gefeuert, Mister, antworte?«

      »Ich – wie zum Teufel«, keucht Donaldson wild, und der Hohn ist immer noch in seinen Augen, »soll ich das wissen? Bist du verrückt, Mann? Hat etwa jemand auf dich geschossen?«

      »Ich wette«, erwidert Rosco kalt, »du weißt, wer es gewesen ist, Donaldson, eines Tages wirst du reden müssen, das verspreche ich dir.«

      Er hört die hastigen Schritte auf dem Gehsteig und einen Mann draußen rufen: »Gates – man hat auf Rosco geschossen. Der Kerl feuerte vom Zaun neben dem Schuppen des Generalstore aus, ich habe es gesehen! Da laufen schon zwei hin! Rosco ist hier drin.«

      Die Schritte kommen durch die klappende Schwingtür, dann erscheint Sheriff Gates und sagt heiser: »Rosco, wer hat geschossen?«

      »Das«, erwidert Rosco und steckt langsam den Revolver ein, »wollte ich gerade erfahren, aber mein Freund Donaldson konnte mir keine Antwort geben.«

      »Gates«, brüllt Donaldson wild. »Dieser Narr da verdächtigt mich – er kommt mit gezogenem Revolver herein und bedroht mich. Seit wann kann ein ehrlicher Bürger in seinem eigenen Haus von einem anderen Mann mit einem Revolver bedroht werden? Ich verlange, dass Rosco sich entschuldigt, der Kerl ist wahnsinnig, fürchte ich!«

      »Rosco – warum bist du zu Donaldson gerannt?«, fragt Gates unwirsch. »Woher soll er wissen, wer auf dich geschossen hat?«

      »Ich wette, er weiß es«, murmelt Rosco und blickt Donaldson scharf an. »Nun gut, ich entschuldige mich, Donaldson, zufrieden?«

      Er lächelt plötzlich. Donaldson wird unsicher, als er diesen Blick und das Lächeln sieht. Anscheinend weiß er nicht, was sich hinter dem glatten Lächeln verbirgt. Ehe er jedoch etwas sagen kann, stürzt ein Mann herein und sagt aufgeregt: »Jemand ist wie der Teufel durch die Gassen hinter dem Store geritten. Wir haben eine Gewehrpatrone gefunden – hier!«

      Er reicht Gates die abgefeuerte Patronenhülse, Gates betrachtet sie, zuckt die Achseln und fragt dann Rosco: »Wer hat einen Grund, auf dich zu schießen, Rosco? Vielleicht ist es einer der Spieler von Sherman, der zurückgekommen ist, um sich zu rächen, was?«

      »Nur vielleicht«, antwortet Rosco knapp. »Ich glaube nicht, dass sich nach den Prügeln, die sie hier bezogen haben, noch einmal einer von ihnen in die Stadt zurückgetraut hat, Gates. Donaldson, fehlt einer deiner Leute?«

      Die Spieler an ihren Tischen beginnen zornig zu murmeln. Donaldson aber sagt schrill vor Wut: »Das ist die nächste Verdächtigung, Gates, das brauche ich mir nicht gefallen zu lassen. Ich werde den Kerl verklagen, Rosco, wenn du die Absicht hast, meinen Ruf zu ruinieren, dann lass dir gesagt sein, du bezahlst dafür mehr. Hier wird ehrlich gespielt. Gates, ich hatte einen Zusammenstoß mit ihm, er fasst alles falsch auf, dieser Bursche.«

      »Einen Zusammenstoß, wann?«

      »Heute nach dem Mittag«, antwortet Donaldson wild. »Ich dachte, er würde vielleicht für mich arbeiten, darum ging ich zu ihm. Um ihn zu überreden, zeigte ich ihm das Geld, das ich gerade zur Bank bringen wollte, ich wollte ihn nur beeindrucken, aber der Narr dort bekam es in den falschen Hals. Er schrie, ich wolle ihn bestechen, schlug mich und warf Carter eine Schüssel an den Kopf, dass Carter einen Augenblick nicht bei Besinnung war. Dann jagte er uns mit dem Revolver aus dem Haus.«

      Gates fährt herum, blickt Rosco groß an und fragt heiser: »Rosco, ist das wahr?«

      »Wenn ich jetzt sage, dass er mir achttausend Dollar bot, damit ich aus der Stadt verschwinde, dann wird er sagen, dass ich lüge. Und dieser Revolverschießer da wird es beschwören.«

      »Die nächste Verdächtigung!«, brüllt der Salooninhaber. »Gates, er hat gesagt, ich hätte ihn mit achttausend Dollar bestechen wollen.«

      Gates zwinkert einen Moment mit den Lidern, ehe er sagt: »Er hat gesagt, wenn – Donaldson. Wenn – verstehst du? Tragt euren Ärger von mir aus vor dem Richter aus, mich geht er nichts an. Wenn du dich geschädigt fühlst, Donaldson, dann klage ihn an. Rosco, es ist besser, du kommst mit hinaus, ehe es hier Ärger gibt.«

      »Ich gehe schon«, murmelt Rosco freundlich. »Donaldson – du hast mir natürlich kein Geld geboten, wie?«

      »Das ist die nächste …«

      Donaldsons Stimme überschlägt sich vor Wut. Gates aber zieht Rosco am Arm aus dem Saloon und bleibt draußen neben ihm stehen.

      »Ja«, sagt Gates finster. »Ich glaube dir und nicht Donaldson. Wird bei ihm falsch gespielt, Rosco?«

      »Sie wollten mich bestechen, Sheriff!«

      »Also, Rosco, was war los?«

      »Es ist falsch gespielt worden«, antwortet Rosco leise. »Erinnerst du dich, dass einige Saloons sofort nach der Sache mit Shermans Saloon geschlossen und nicht vor dem nächsten Abend aufmachten? Nun gut, sie haben in der Zwischenzeit alles umgestellt und sämtliche Spuren beseitigt, durch die man ihnen auf die verdammten Betrügereien kommen konnte. Es ist ein Trick, Gates – ein Saloon, der mit Betrug arbeitet, hat immer einige Roulettes zum Auswechseln da. Du wirst jetzt nichts mehr finden, was man ihnen anhängen könnte. In der Nacht sind einige Wagen abgefahren, wette ich, die alle getrimmten Roulettes fortschafften, um sie bei Bedarf wieder aufzustellen, verstehst du?«

      »Und das sagst du mit dieser Sicherheit?«

      »Ja«, gibt Rosco kühl zurück. »Und es ist wahr! Gates, kommst du mit – ich werde in der Gambling-Hall spielen. Die Spielhalle hatte nicht geschlossen, wie die anderen.«

      »In Ordnung, Rosco, du denkst also, dass sie sofort wieder mit dem Betrug anfangen werden, wenn du fort bist?«

      »Das tun sie sicherlich. Nur kostet sie jeder Tag zu viel, an dem sie nicht die Leute schröpfen können. Und darum wollten sie gerade den Weg bis zu meiner Abreise ein wenig abkürzen, Sheriff.«

      »Oh, ver… Mann, bist du sicher?«

      »Du nicht?«, fragt Rosco und lächelt dünn. »Hier