Stephanie von Deyen

Mami Staffel 9 – Familienroman


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in der Nacht schlangen sich zwei Ärmchen um Isabels Hals, und ein tränenfeuchtes Gesicht schmiegte sich an das ihrige.

      »Mausi! Was ist denn los? Hast du schlecht geträumt?«

      »Mami, Mami!« ein Tränenstrom folgte, und Saras kleiner Körper wurde von Schluchzern nur so geschüttelt. »Dieser Rolf… ist so böse! Ich habe Angst! Er hat gesagt, ich darf nichts verraten… kein Wort… sonst… aber ich muß es dir doch sagen!«

      »Kleines, natürlich. Ich bin doch deine Mami. Und du brauchst keine Angst zu haben, niemals… ich helfe dir immer.«

      Beruhigend nahm Isabel ihre kleine Tochter in den Arm. »So. Und jetzt… heraus mit der Sprache!«

      Vor lauter Aufregung bekam Sara einen Schluckauf. »Er, der Rolf, hat gesagt, daß er uns allen was antut, etwas Schlimmes, auch Kiki. Aber ich kann es verhindern, wenn ich dir sage, daß du ihn heiraten sollst und nicht Gero. Und ich soll so tun, als ob ich Rolf ganz gern mag.« Erneute Schluchzer. »Aber ich hasse ihn, Mami! Und ich sage nicht, daß ich ihn mag! Tut er uns jetzt etwas? Uns und Kiki?«

      In Isabel kochte es! Aber ihrer kleinen Maus gegenüber blieb sie ganz ruhig.

      »Nichts wird passieren, mein Schatz. Abreisen wird er, und nie wieder wird er dich oder mich belästigen. Darauf kannst du dich verlassen, Saralein. Weißt du was? Jetzt schlafen wir beide schnell wieder ein, du bleibst hier bei mir, und morgen regele ich alles!«

      Ein müdes Nicken… und von Saras Gesicht wich der furchtsame Ausdruck. Wenn Mami etwas versprach, dann hielt sie es… immer. Mami konnte einfach alles in Ordnung bringen… und außerdem gab es jetzt auch noch Gero!

      *

      Sara verbrachte den Vormittag bei Jens Harmsen. Punkt zwölf erschienen Isabel und Gero Wilms im Hotel Dünenhof.

      Rolf, für seine finanziellen Verhältnisse viel zu teuer gekleidet, saß in einem Clubsessel in der Halle und trank einen Apéritif. Lässig erhob er sich, als er Isabel und ihren Begleiter erblickte.

      »Sie hatte ich eigentlich nicht erwartet, Herr Wilms!« sagte er spöttisch. »Isabel und ich, wir werden zu Mittag essen, und Sie stören nur. Wo hast du unsere kleine Sara gelassen, meine Schöne?«

      »Ich bin nicht deine Schöne, und wo Sara ist, geht dich nichts an!« Isabels Stimme war nicht laut, klang aber so scharf, daß Rolf vor Überraschung erst einmal die Worte fehlten.

      »Du hast dem Kind gedroht!« fuhr sie fort. »Erpressen wolltest du sie, meine Kleine. Ich habe Gero alles erzählt, und als mein zukünftiger Ehemann ist es sein gutes Recht, bei diesem Gespräch dabeizusein.«

      Rolf lief so rot an wie ein gesottener Krebs.

      »Ich habe gar nichts gesagt oder getan!« blaffte er. »Was kann ich dafür, wenn dieses dumme Gör alles falsch versteht. Überhaupt… frech ist sie, deine verwöhnte Sara! Ich pfeife auf euch alle… ihr seid doch…«

      »Sollten Sie noch jemals wieder auftauchen, Herr Berger, dann zeige ich Sie an!« schaltete sich Gero ein. »Und ich werde es auch dann tun, wenn Sie nicht bis zum Abend aus Hohensand verschwunden sind. Das ist noch großzügig. Ein Mann, der kleine Kinder mit Drohungen erschreckt, gehört eigentlich in die Hände der Polizei…«

      »Ich… soll Sara erschreckt haben? Lächerlich!« Nun war Rolf auf einmal sehr unruhig. »So was lasse ich mir nicht nachsagen, ich reise gern ab… liebend gern! Undankbares Pack… und ich habe auch noch Geld investiert in diese Frau und ihr Gör!«

      Zum Glück war die Hotelhalle fast leer bis auf ein älteres Ehepaar, so daß die peinliche Szene weitgehend unentdeckt blieb. Seltsam fand man es im Dünenhof nur, daß der Gast aus Köln Hals über Kopf wieder abreiste. Da er das Zimmer aber bis August fest gebucht hatte, mußte er bezahlen… und billig war das exklusive Hotel gerade nicht!

      Auch der schönste Urlaub geht einmal zu Ende. So schlug für Isabel und ihre kleine Sara am fünfzehnten August die Stunde des Abschieds. Hohensand mit all den freundlichen Menschen, dem rauschenden Meer und den hübschen Häusern war ihnen so ans Herz gewachsen, daß sie sich kaum losreißen konnten… wenn es auch nur für kurze Zeit war!

      Denn es wurde alles, alles anders: Neu und wunderschön. Gero reiste mit ihnen zurück nach Köln, kurzerhand hatte er doch sein Büro abgeschlossen, obwohl sich die Arbeit häufte. Die Firma Reiter hatte ihm schon wieder einen neuen Auftrag erteilt. Und dann gab es da noch die vertrauliche Mitteilung, daß Marita Kraus die Firma verlassen habe, um eine Stelle im Ausland anzunehmen.

      Auch von Rolf Berger war in der Rotenbuchstraße nichts mehr zu hören und zu sehen.

      »Ich habe ihm gekündigt, Frau Sievers!« empörte sich Frau Schön. »Stellen Sie sich vor, er ist mir drei Monatsmieten schuldig beblieben… und frech ist er auch noch geworden. Fristlos habe ich ihn vor die Tür gesetzt, und da hat er auch noch gelacht. Ich wette, mein Geld bekomme ich nie. Hätten Sie das gedacht? Dieser Mann hat uns doch alle an der Nase herumgeführt!«

      Timmy Markward mußte erfahren, daß seine kleine Freundin Sara noch vor Weihnachten für immer nach Hohensand umziehen würde. Tieftraurig meinte er: »Dann gehen wir ja bloß noch ein paar Monate zusammen in die Schule! Man, Sara, muß das denn sein?«

      »Ja, Timmy, es muß!« Sie nickte energisch und kraulte Kiki am Kopf. Entzückt reichte er ihr eine Kralle und krächzte leise:

      »Alle Mann von Bord!«

      »Und warum? Hat dieser Mann was damit zu tun, der bei euch zu Besuch ist?«

      »Klar!« rief Sara vergnügt. »Das ist Gero, und ich sage bald Papa zu ihm. Meine Mami und er heiraten nämlich in Hohensand, am vierten Advent. Sie sind schon ganz aufgeregt, und meine Großeltern auch.«

      »So was!« staunte Timmy. »Du kriegst einen neuen Vater! Darf ich auch mal zu euch kommen, an die See?«

      »Aber immer!« lud ihn Sara ein. »Wenn du Ferien hast. Wir können mit Jens spielen, der ist ein prima Kumpel. Mami hat gesagt, sie will deine Eltern und dich auch zur Hochzeit einladen. Da kommst du dann zum ersten Mal.«

      Timmys Gesicht, eben noch betrübt, verklärte sich zu einem zufriedenen Lächeln. »Ja, das ist toll… richtig…«

      »… super!« krächzte Kiki. »Toll! Super!«

      »Timmy… er kann es! Er hat es doch gelernt!« jubelte Sara. »Die Worte toll und super!«

      »Er ist eben ein kluger Vogel«, meinte Timmy. »Du, Sara… und euer Haus hier in der Rotenbuchstraße? Bleibt das denn leer?«

      »Ach, Quatsch!« widersprach Sara vergnügt. »Oma und Opa ziehen ein, weil sie es hier so schön finden. Und ihr eigenes Haus vermieten sie an ganz nette Leute. Ein bißchen irre, aber die Erwachsenen machen ja immer so ein Durcheinander.«

      *

      Unrecht hatte sie damit nicht, die kleine Heldin. Auch der Umzug nach Hohensand ging nicht ohne das erwähnte »Durcheinander« vonstatten.

      Und weil kurz danach bereits die Hochzeit in der schönen alten Dorfkirche von Hohensand stattfand, wurde alles noch ein bißchen hektischer. Dann aber kehrte Ruhe ein… spätestens in dem Moment, als Isabel an Geros Arm nach der Trauung die Kirche verließ. Sie trug einen Traum in Weiß, und man war sich einig: Hatte es je eine schönere Braut in dem kleinen Ort am Meer gegeben?

      Alle waren gekommen… Fischer Harmsen mit seiner Frau und seinem Sohn, Heini Hartbeck, ja, sogar Lebensmittelhändler Jansen. Und natürlich alle Freunde und Verwandten des Brautpaares.

      Sara hatte Blumen gestreut, in einem hellblauen Kleid. Jetzt blickte sie ihre Mami strahlend an… und ihren frischgebackenen Papa natürlich ebenfalls! Pünktlich zum Festtag hatte Gero die Adoptionsurkunde erhalten: Sara war mit Brief und Siegel seine Tochter.

      »Mami!« flüsterte Sara begeistert. »Das ist alles so toll!«

      Und dann machte sich die Hochzeitsgesellschaft auf den Weg ins Hotel Dünenhof, wo ausgelassen gefeiert wurde. Ein ganz besonderer