Günter Dönges

Der exzellente Butler Parker Staffel 1 – Kriminalroman


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die ältere Dame ihren Pompadour auf den Hinterkopf des Mannes, der plötzlich das Gefühl hatte, von einem auskeilenden Pferd getroffen worden zu sein. Er verdrehte die Augen und lagerte sich auf den Gehwegplatten.

      »Wagen Sie es nicht noch mal, eine hilflose Frau anzugreifen«, warnte sie anschließend den Schielenden mit baritonal gefärbter Stimme.

      Der Halbwüchsige kroch inzwischen auf die Zuschauer dieser Szene zu und wollte sich in Sicherheit bringen. Um die verstreut liegenden Eßwaren aus der Einkaufstüte kümmerte er sich nicht.

      »Halt, junger Mann«, donnerte Agatha Simpson, während Parker die beiden Schläger höflich-abwartend musterte. »Selbstverständlich wird man Ihnen den Schaden ersetzen. Wir kaufen jetzt noch mal gemeinsam ein.«

      »Nein, nein«, stammelte der Halbwüchsige ängstlich. »Es ist schon gut.«

      »Überhaupt nicht«, entschied die Detektivin und wandte sich an ihren Butler. »Bringen Sie die beiden Waschlappen auf die Beine, Mister Parker. Diese Subjekte werden selbstverständlich den Neueinkauf aus ihren Taschen bezahlen.«

      »Eine Entscheidung, Mylady, die man nur als gerecht bezeichnen kann und muß«, gab Parker zurück. Er wußte bereits zu diesem Zeitpunkt, daß da wieder mal einiges auf Mylady und ihn zukam.

      *

      Der Halbwüchsige schleppte sich mit zwei prall gefüllten Tüten ab und machte dennoch einen unglücklichen Eindruck, als er im Fond des hochbeinigen Monstrums Platz nahm.

      »Sie hätten sich nicht einmischen sollen, Mylady«, meinte er und tupfte sich mit einem Papiertaschentuch die immer noch blutende Nase ab. »Sie haben ja keine Ahnung, was da alles nachkommen wird.«

      »Nun reißen Sie sich mal zusammen, junger Mann«, grollte Lady Agatha. »Sie stehen unter meinem Schutz.«

      »Jetzt noch, Mylady«, lautete die Antwort. »Aber Sie werden weiterfahren. Und dann werden die Männer wieder über mich herfallen.«

      »Sollte es dafür einen bestimmten Grund geben?« schaltete der Butler sich vom Steuer her ein. Er fuhr die Hauptstraße hinunter und hatte die Absicht, den jungen Mann nach Hause zu bringen.

      »Ich bin ein Pakistani«, sagte der Fahrgast mit leiser Stimme.

      »Aha«, meinte Agatha Simpson ironisch. »Ich muß, Ihre Hautfarbe völlig übersehen haben.«

      »Man hat Sie wegen dieser Hautfarbe geschlagen?« erkundigte sich Parker.

      »Und weil ich Pakistani bin«, klang müde die Antwort. »Wir sind hier in Cudlam Hill nicht besonders beliebt.«

      »Ihr Englisch ist recht gut, junger Mann«, stellte die ältere Dame fest.

      »Ich bin ja hier geboren«, erwiderte der junge Mann, der älter sein mußte, als Mylady zuerst angenommen hatte. »Meine Eltern und ich sind vor einem Vierteljahr nach Cudlam Hill gezogen. Mein Vater bekam hier einen Job.«

      »Darf man sich nach Ihrem Beruf erkundigen?« warf Josuah Parker ein.

      »Ich arbeite als Dreher in einem kleinen Betrieb, aber ich hab’ schon die Kündigung in der Tasche.«

      »Eine Kündigung wegen Ihrer Hautfarbe, junger Mann?« fragte Agatha Simpson interessiert.

      »Wegen meiner Hautfarbe«, bestätigte der Fahrgast und wandte sich an den Butler. »Gleich rechts, Sir, dann das letzte Haus links.«

      »Ich kenne genügend Leute, die Sie wegen Ihrer braunen Hautfarbe beneiden würden«, spottete die ältere Dame, »um sie zu erreichen, liegen sie für sündhaft teures Geld auf diesen verrückten Sonnenbänken.«

      »Aber die sind weiß, wir sind von Geburt aus braun«, meinte der junge Mann resigniert. »Und genau das ist der Unterschied, Mylady.«

      Parker hatte das kleine, ebenerdige Haus erreicht und hielt. Der junge Mann stieg aus und bedankte sich noch mal.

      »Es war mir ein echtes Vergnügen«, gab die Detektivin zurück.

      »Sie sprachen davon, daß noch etwas auf Sie zukommen würde«, erinnerte der Butler den jungen Mann, der die beiden hoch gefüllten Papiertüten in die Arme genommen hatte.

      »Vergessen Sie es, Sir«, meinte der Pakistani hastig. »Sie sind ja nur auf der Durchreise.«

      »Müssen Mylady davon ausgehen, daß sogenannte Fremde in Cudlam nicht sonderlich erwünscht sind?«

      »Und zwar ganz gleich, welche Hautfarbe man hat«, lautete die Antwort. »Dafür sorgt schon der Sauber ...«

      »Sie führen absichtlich Ihren Satz nicht zu Ende?«

      »Schon gut. Nochmals, vielen Dank! Und gute Weiterfahrt!« Der junge Mann nickte und ging auf die kleine Haustür zu, die geöffnet worden war. In ihr stand wohl der Vater des jungen Mannes. Er war schmal, fast klein zu nennen, und verbeugte sich, als Parker grüßend die schwarze Melone lüftete.

      »Was sage ich dazu, Mister Parker?« fragte die ältere Dame, als Parker langsam anfuhr.

      »Mylady dürften entrüstet sein«, stellte der Butler fest.

      »Das kann man wohl sagen, Mister Parker. Ich hätte noch viel intensiver zulangen sollen. Ich denke, ich werde noch mal zurückkehren und mir die beiden Schläger kaufen.«

      »Mylady können sich nach Lage der Dinge diese Rückfahrt ersparen«, gab Josuah Parker zurück. »Mylady brauchen nur in der Nähe des kleinen Hauses zu warten.«

      »Aha. Die beiden Subjekte werden nachkommen, um sich für den Zwangseinkauf zu rächen?«

      »In der Tat, Mylady«, lautete Parkers Antwort, »zudem müssen diese beiden Schläger ihr sogenanntes Image wahren. Darf man Mylady in diesem Zusammenhang an den Satz erinnern, den der junge Pakistani nicht zu Ende brachte?«

      »Sprach er nicht von ...? Von wem sprach er noch?«

      »Von einer Person, deren Name ›Sauber‹ lautet, wobei man davon ausgehen muß, daß zumindest eine Silbe aus Angst verschluckt wurde.«

      »Selbstverständlich werde ich hier in der Nähe auf diese beiden Lümmel warten«, meinte Lady Agatha. »Der gute Sir Alfred kann warten. Die Sache hier hat absoluten Vorrang.«

      Sie betastete freudig den sogenannten Glücksbringer in ihrem perlenbestickten Pompadour. Ihre Finger umrundeten das veritable Hufeisen in dem Handbeutel. Der Größe nach zu urteilen mußte es von einem mächtigen Brauereipferd stammen.

      *

      Das hochbeinige Monstrum stand hinter einer übermannshohen Hecke auf einem schmalen Feldweg. Parker hatte die Wagenlichter gelöscht und das Fenster auf seiner Seite nach unten gedreht. Er horchte in die Dunkelheit und rechnete jeden Augenblick damit, daß zumindest die beiden Schläger erschienen. Bis zum kleinen, ebenerdigen Haus, in dem die pakistanische Familie wohnte, war es nicht sonderlich weit.

      Josuah Parker war durchaus damit einverstanden, daß man sich in dieses Geschehen einschaltete. Er war ein Mann ohne Vorurteile. Fragen der Hautfarbe interessierten ihn grundsätzlich nicht. Für ihn zählte nur die Tatsache, daß ein Mensch sich menschenwürdig benahm und verhielt.

      »Sie haben die Lage wieder mal völlig falsch eingeschätzt«, räsonierte die ältere Dame und ließ ihn aus seinen Gedanken hochfahren. »Selbstverständlich werden diese beiden Subjekte nicht erscheinen und ...«

      »Man scheint zu kommen, Mylady«, meldete der Butler gemessen nach hinten in den Wagen.

      »Unsinn«, widersprach sie, »das ist ein durchfahrender Wagen, der ... vor dem Haus hält.«

      Sie war wie elektrisiert und stieß die linke Tür auf. Sie schob ihre imponierende Fülle nach draußen und brachte ihren Pompadour in Schwingung.

      Parker verließ ebenfalls den Wagen und übernahm die Führung. Er hatte das leise Zuschlagen einer Wagentür gehört. Parker übernahm die Führung und geleitete seine Herrin durch ein schmales, geöffnetes Gartentor. Von hier