Der Mann hetzte um seinen Wagen herum, glitt aus, stützte sich im letzten Moment gerade noch, nahm Kurs auf das Wohnhaus und hätte es wahrscheinlich noch geschafft, wenn nicht zwei andere Borstentiere ihm in die Quere gekommen wären. So sprang er über das erste Schwein, landete dann aber auf dem Rücken des zweiten und klatschte satt zu Boden. Anschließend rannten die munteren Borstentiere über ihn hinweg und strebten dem offenen Gelände zu.
»Herzerfrischend, Mister Parker«, meinte die ältere Dame, die sich neben ihrem Butler aufgebaut hatte. Die Schweine hatten die in den Boden gerammten Schläger inzwischen überlaufen und machten sich ebenfalls daran, noch mehr an Freiheit zu gewinnen.
Die rosige Woge ergoß sich auf eine weite Wiese, die nicht eingezäunt war. Dahinter dehnte sich sanft hügeliges Gelände. Mit etwas Glück und Geschick konnten die Borstentiere sich dort verstreuen und unauffindbar machen.
Die vier Streifengardisten sahen sehr ramponiert aus.
Vom anfänglichen Schwung war an ihnen nichts mehr zu entdecken. Stöhnend und fluchend drückten die vier Männer sich aus dem leicht verunreinigten Boden hoch und blickten dann betreten an sich hinunter. Sie sahen verdreckt aus und fanden sich momentan wohl ausgesprochen widerlich.
»Sie sollten vielleicht etwas für die Hygiene und Sauberkeit tun«, schlug Josuah Parker ihnen in seiner höflichen Art vor. »Dazu bietet sich mit Sicherheit die Duschanlage in Ihrem Sportclub an.«
Sie hätten sich ja liebend gern auf Parker und Lady Agatha gestürzt, doch Mylady hielt eine der vorher sichergestellten Waffen in der Hand und demonstrierte ihr einmaliges Verständnis für Technik.
Sie richtete den Lauf der schallgedämpften Pistole auf die vier Gardisten, die das dumpfe Gefühl nicht los wurden, es könnte sich rein zufällig ein erster Schuß lösen. Sie setzten sich also schleunigst in Bewegung und trabten hinüber zum Sportclub.
Von der Eingangstür dirigierte der Butler die vier Schlammfiguren in den Waschraum. Einer der Gardisten, der nur darauf gewartet hatte, den Butler im Eßraum abfangen zu können, duckte sich schleunigst, als Parker einen Schuß abgefeuert hatte, der dicht neben ihm in der Wand landete. Auch der Butler hatte sich mit einer Beutewaffe ausgerüstet und demonstrierte bei dieser Gelegenheit, daß er ein erstklassiger Schütze war.
Als die vier Gardisten im Waschraum waren, der übrigens nur einige schmale Lüftungsschlitze aufwies, schloß er die Tür und verließ den Eßraum. Er begab sich zu Lady Simpson zurück, die ihn ungeduldig-freudig anblickte.
»Und jetzt, Mister Parker?« fragte sie. »Reicht das hier endlich für eine Massenverhaftung?«
»Keineswegs und mitnichten, Mylady«, bedauerte Parker. »Aussage würde gegen Aussage stehen, wie zu befürchten ist.«
»Diese Subjekte wissen doch ganz sicher nicht, wer dieser Saubermann ist.«
»In der Tat, Mylady. Die Gardisten an sich sind unwichtig.«
»Dann sollte ich warten, ob der Saubermann nicht hier erscheint«, redete sie weiter. »Er erwartet doch schließlich, daß man mich abgefangen hat, nicht wahr?«
»Davon dürfte der erwähnte Saubermann mit einiger Sicherheit ausgegangen sein, Mylady.«
»Dann werde ich etwas Tee nehmen«, entschied sie und deutete auf das Wohnhaus, »und ich werde ...«
»Das Telefon, Mylady«, meinte der Butler. Im Wohnhaus war das Läuten des Telefons klar zu vernehmen. Parker deutete eine höfliche Entschuldigung an, begab sich ins Haus und entdeckte einen Wandapparat neben dem Kamin. Er hob ab und meldete sieh mit seinem Namen.
Auf der Gegenseite blieb erst mal alles ruhig, nur scharfes Durchatmen war zu hören.
»Meine Wenigkeit geht davon aus, daß sie mit dem sogenannten Saubermann spricht«, sagte Parker. »Ihre Streifengardisten handelten sich erneut eine Niederlage ein, wie Sie inzwischen wohl vermuten oder gar wissen.«
»Von diesen Strolchen bekomme ich jederzeit Ersatz, Parker«, antwortete eine sehr undeutliche Stimme. »Kein Problem also. Aber Sie werden mich nicht daran hindern, für Ordnung und Sauberkeit zu sorgen. Ich werde meinen Weg gehen.«
»Und schließlich nachhaltig stolpern, Mister Saubermann«, prophezeite der Butler. »Eine Person von Ihrer grenzenlosen Dummheit, Arroganz und Selbstüberhebung hat sich bereits überlebt ...«
Josuah Parker hängte auf, bevor der Saubermann antworten konnte. Er war daran interessiert, den Saubermann zu reizen. Daraus erwuchsen schließlich Fehler, die man positiv nutzen konnte.
*
Chief-Superintendent McWarden war ein untersetzter, bullig aussehender Mann von etwa fünfundfünfzig Jahren. Er leitete im Yard ein Sonderdezernat, das sich mit der Bekämpfung des organisierten Verbrechens befaßte. McWarden war dem Innenministerium direkt unterstellt, ein sehr fähiger Kriminalist und im Haus der älteren Dame in London ein oft und im Grund gern gesehener Gast.
Er nahm es ohne weiteres hin, daß Agatha Simpson sich liebend gern an ihm rieb, denn McWarden schätzte in erster Linie die Fähigkeiten des Butlers. Nur zu oft hatte Parker in der Vergangenheit für ihn komplizierte Fälle gelöst.
»Während Sie hier Urlaub machen, bin ich bereits tätig gewesen, mein lieber McWarden«, stichelte Lady Agatha, nachdem man sich begrüßt hatte. »Ich habe die Streifengardisten außer Gefecht gesetzt. Und Mister Parker hat mir dabei ein wenig geholfen.«
Die ältere Dame und Parker waren auf Cudlam Castle eingetroffen. Zusammen mit McWarden hielt man sich in der Eingangshalle des schloßähnlichen Hauses auf.
Man war übrigens nicht allein. Die von Sir Alfred zur Treibjagd geladenen Gäste hatten sich versammelt, nahmen einen letzten Imbiß und bereiteten sich auf das Unternehmen vor. Angestellte trugen Platten mit kleinen und großen Appetithappen herum.
Agatha Simpson winkte einen Angestellten heran und deutete auf die Platte, die der ahnungslose Mann gerade hereingetragen hatte.
»Setzen Sie die Platte hier ab, mein Bester«, meinte sie überaus freundlich, »und besorgen Sie mir umgehend eine Flasche Sherry. Und etwas Tee, wenn ich bitten darf!«
Der Angestellte gehorchte augenblicklich. Agatha Simpson strahlte schließlich Autorität aus. Die ältere Dame lächelte zufrieden und widmete sich dann den Happen.
Josuah Parker nutzte die Gelegenheit, dem Chief-Superintendent ein Bild der Lage zu vermitteln. McWarden hörte aufmerksam zu und lächelte flüchtig, als Parker auf die diversen Kontakte mit den sogenannten Streifengardisten zu sprechen kam.
»Die Herren dürften die Biggin-Farm inzwischen längst geräumt haben«, schloß der Butler seine kurze Schilderung.
»Und sind austauschbar, wie dieser Saubermann am Telefon sagte«, meinte McWarden. »Schläger dieser Art findet man überall, Mister Parker. Und in diesem Fall umgeben diese Personen sich sogar noch mit einem nationalen Mäntelchen.«
»Ihnen sind ähnliche Bestrebungen aus London bekannt, Sir?«
»Nur zu bekannt, Mister Parker.« McWarden nickte und seufzte leise. »Dieser Saubermänner gibt es überall. Haben Sie bereits einen vagen Verdacht, wer der Saubermann hier sein könnte?«
»Besonders interessant dürften die Herren Dennis Hall und Graham Grooner sein, Sir.«
»Und wie kommen Sie gerade auf diese Personen, Mister Parker?« fragte der Chief-Superintendent. Er hatte sich vom Butler bereits die diversen Namen nennen lassen und wußte sie einzuordnen.
»Doctor Halls Geländewagen wurde von meiner Wenigkeit signiert, Sir, als damit Streifengardisten die Flucht ergriffen«, sagte der Butler. »Und Mister Graham Grooner, der sich Schriftsteller nennt, passierte Mylady und meine Wenigkeit auf einer recht einsamen Landstraße, ohne sich um einen Ford zu kümmern, der von der Straße abgekommen war.«
»Und was ist mit diesem echten Saubermann aus Cudlam Hill?«
»Er vermietete immerhin seine Farm