Herbert George Wells

H. G. Wells – Gesammelte Werke


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das Glück, das Ge­fäß für sie zu sein.

      Die drei Ge­hil­fen wa­ren un­rühm­li­che Bei­spie­le der Klas­se von Hand­wer­kern, aus der sie stamm­ten. Ge­wis­sen­haft, wenn auch un­in­tel­li­gent, stark, höf­lich und wil­lig. Der eine, Spar­gus, der das Ko­chen und alle Me­tall­ar­beit be­sorg­te, war See­mann ge­we­sen; ein zwei­ter, Gibbs, war Schrei­ner; und der drit­te war ein ehe­ma­li­ger Ak­kord­gärt­ner, jetzt all­ge­mei­ner Ge­hil­fe. Sie wa­ren blo­ße Ar­bei­ter. Alle Ar­beit des In­tel­lekts tat Ca­vor. Selbst im Ver­gleich mit mei­nem wir­ren Ein­druck wa­ren sie von fins­te­rer Un­wis­sen­heit.

      Und jetzt, was die Na­tur der Un­ter­su­chun­gen an­geht. Hier kommt lei­der eine erns­te Schwie­rig­keit. Ich bin kein wis­sen­schaft­li­cher Sach­ver­stän­di­ger, und woll­te ich ver­su­chen, das Ziel, auf das sei­ne Ex­pe­ri­men­te hin­aus­woll­ten, in Mr. Ca­vors hoch­wis­sen­schaft­li­cher Spra­che aus­ein­an­der­zu­set­zen, ich fürch­te, so wür­de ich nicht nur den Le­ser ver­wir­ren, son­dern auch mich, und fast si­cher wür­de ich ir­gend­ei­nen Bock schie­ßen, der den Spott je­des auf der Höhe ste­hen­den Stu­den­ten der ma­the­ma­ti­schen Phy­sik im Lan­de auf mich nie­der­lenk­te. Das bes­te also, glau­be ich, was ich tun kann, ist, mei­ne Ein­drücke in mei­ner ei­ge­nen un­ex­ak­ten Spra­che wie­der­zu­ge­ben, ohne je­den Ver­such, ein Ge­wand des Wis­sens zu tra­gen, auf das ich kei­nen An­spruch ma­chen kann.

      Das Ziel von Mr. Ca­vors Un­ter­su­chung war ein Stoff, der »für alle For­men strah­len­der Ener­gie« »un­durch­sich­tig« sein soll­te – er ge­brauch­te ein an­de­res Wort, das ich ver­ges­sen habe, aber »un­durch­sich­tig« gibt die Idee. »Strah­len­de Ener­gie«, mach­te er mir klar, war al­les wie Licht oder Wär­me oder jene Rönt­gen­strah­len, von de­nen vor ein paar Jah­ren so viel die Rede war, oder wie Mar­co­nis elek­tri­sche Wel­len, oder die Gra­vi­ta­ti­on. Alle die­se Din­ge, sag­te er, strah­len von Zen­tren aus und wir­ken auf ent­fern­te Kör­per, wo­her der Aus­druck »strah­len­de Ener­gie« kommt. Nun sind fast alle Stof­fe ge­gen die eine oder an­de­re Form strah­len­der Ener­gie un­durch­läs­sig. Glas zum Bei­spiel ist für Licht durch­sich­tig, aber für Wär­me we­ni­ger, so­dass es als Ofen­schirm Diens­te tut; und Alaun ist für Licht durch­läs­sig, sperrt aber Wär­me voll­stän­dig ab. Eine Lö­sung von Jod in Koh­len­di­sul­fid da­ge­gen sperrt das Licht völ­lig ab, ist da­ge­gen für Wär­me ganz durch­läs­sig. Es ver­birgt ei­nem ein Feu­er, lässt aber all sei­ne Wär­me zu ei­nem kom­men. Me­tal­le sind nicht nur für Licht und Hit­ze un­durch­läs­sig, son­dern auch für elek­tri­sche Ener­gie, die so­wohl durch die Jod­lö­sung wie durch Glas fast so hin­durch­geht, als wä­ren sie nicht ein­ge­schal­tet. Und so wei­ter.

      Nun sind alle be­kann­ten Stof­fe für die Gra­vi­ta­ti­on »durch­sich­tig«. Man kann Schir­me ver­schie­de­ner Art an­wen­den, um das Licht, oder die Wär­me, oder den elek­tri­schen Ein­fluss der Son­ne, oder die Wär­me der Erde von ir­gend et­was ab­zu­schnei­den; man kann Kör­per durch Me­tall­plat­ten vor Mar­co­nis Strah­len schüt­zen, aber nichts wird die An­zie­hung der Schwer­kraft der Son­ne oder die der Erde ab­schnei­den. Und doch ist es schwer zu sa­gen, warum es nichts ge­ben soll­te. Ca­vor sah nicht ein, warum ein sol­cher Stoff nicht exis­tie­ren soll­te, und si­cher­lich konn­te ich es ihm nicht sa­gen. Ich hat­te noch nie an eine sol­che Mög­lich­keit ge­dacht. Er zeig­te mir durch Be­rech­nun­gen auf dem Pa­pier – und Lord Kel­vin oder Pro­fes­sor Lod­ge oder Pro­fes­sor Karl Pear­son oder ir­gend­ei­ner von den großen Wis­sen­schaf­tern hät­te sie ohne Zwei­fel ver­ste­hen kön­nen, mich aber brach­ten sie in hoff­nungs­lo­se Ver­wir­rung – dass nicht nur ein sol­cher Stoff mög­lich sei, son­dern dass er so­gar ge­wis­sen Be­din­gun­gen ge­nü­gen müs­se. Es war ein er­staun­li­ches Stück Rä­son­ne­ment. So sehr es mich zur Zeit er­staun­te und in An­spruch nahm, es wäre un­mög­lich, es hier wie­der­zu­ge­ben. »Ja«, sag­te ich zu al­lem, »ja, nur wei­ter!« Es ge­nü­ge für die­sen Be­richt, dass er glaub­te, er wer­de im­stan­de sein, die­sen mög­li­chen Stoff, der für die Gra­vi­ta­ti­on un­durch­läs­sig wäre, aus ei­nem kom­pli­zier­ten Ge­misch von Me­tal­len und et­was Neu­em – ei­nem neu­en Ele­ment, den­ke ich mir; ich glau­be, es hieß He­li­um, und es wur­de ihm aus Lon­don in ver­sie­gel­ten Steinkrü­gen ge­schickt – her­zu­stel­len. Auf die­se letz­te­re Ein­zel­heit ist Zwei­fel ge­wor­fen wor­den, aber ich bin fast ge­wiss, dass es He­li­um war, was er in ver­sie­gel­ten Steinkrü­gen ge­schickt er­hielt. Auf je­den Fall war es et­was sehr Flüch­ti­ges und Dün­nes. Wenn ich nur No­ti­zen ge­macht hät­te! …

      Aber wie soll­te ich auch die Not­wen­dig­keit vor­aus­sehn, No­ti­zen zu ma­chen?

      Je­der, der nur den ge­rings­ten Keim von Fan­ta­sie hat, wird die au­ßer­or­dent­li­chen Mög­lich­kei­ten ei­nes sol­chen Stof­fes be­grei­fen, und er wird die Er­re­gung ein we­nig mit­füh­len, die ich durch­mach­te, als die­ses Ver­ständ­nis aus dem Ne­bel ab­stru­ser Phra­sen auf­tauch­te, mit de­nen Ca­vor sich aus­drück­te. Ko­mi­sche Be­frei­ung in ei­nem Dra­ma! Es dau­er­te ei­ni­ge Zeit, ehe ich glau­ben woll­te, dass ich ihn recht ge­deu­tet hat­te, und ich nahm mich sehr in acht, kei­ne sol­chen Fra­gen zu stel­len, die ihn in­stand ge­setzt hät­ten, die Tie­fe des Miss­ver­ste­hens zu er­mes­sen, in die er sei­ne täg­li­che Dar­le­gung hin­ein­warf. Aber nie­mand, der die­se Ge­schich­te hier liest, wird ganz mit­füh­len kön­nen, denn es wird un­mög­lich sein, mei­ner nack­ten Er­zäh­lung die Kraft mei­ner Über­zeu­gung zu ent­neh­men, dass die­ser er­staun­li­che Stoff tat­säch­lich im Be­griff stand, her­ge­stellt zu wer­den.

      Ich be­sin­ne mich nicht, dass ich nach mei­nem Be­such im Hau­se auch nur noch eine Stun­de hin­ter­ein­an­der an mei­nem Dra­ma ge­ar­bei­tet hät­te. Mei­ne Fan­ta­sie hat­te an­de­re Din­ge zu tun. Die Mög­lich­kei­ten des Stoffs schie­nen völ­lig un­be­grenzt zu sein; wo ich auch ver­such­te, stieß ich auf Wun­der und Re­vo­lu­tio­nen. Wenn man zum Bei­spiel ein Ge­wicht he­ben woll­te, moch­te es noch so un­ge­heu­er sein, man brauch­te nur eine Plat­te von die­sem Stoff dar­un­ter zu tun, und man konn­te es mit ei­nem Stroh­halm he­ben. Mein ers­ter na­tür­li­cher Im­puls war, die­ses Prin­zip auf Ka­no­nen und Pan­zer­schif­fe und als Ma­te­ri­al auf alle Metho­den der Krieg­füh­rung an­zu­wen­den, dann auf die Schif­fahrt, die Lo­ko­mo­ti­ven, den Bau, jede nur denk­ba­re Form mensch­li­cher In­dus­trie. Der Zu­fall, der mich ge­ra­de in die Ge­burts­kam­mer die­ser neu­en Zeit ge­bracht hat­te – es war eine Epo­che, nichts Ge­rin­ge­res – war ei­ner von je­nen Zu­fäl­len, die in tau­send Jah­ren ein­mal kom­men. Die Sa­che ent­roll­te sich, sie dehn­te und dehn­te sich. Un­ter an­de­rem sah ich mei­ne Er­lö­sung als Ge­schäfts­mann dar­in. Ich sah eine Mut­ter­ge­sell­schaft und Toch­ter­ge­sell­schaf­ten, An­glie­de­run­gen rechts von uns, An­glie­de­run­gen links, Rin­ge, Trusts, Pri­vi­le­gi­en und Kon­zes­sio­nen, die sich aus­brei­te­ten und aus­brei­te­ten, bis eine un­ge­heu­re stu­pen­de Ca­vo­rit-Ge­sell­schaft die Welt um­lief und be­herrsch­te.

      Und ich war dar­in!

      Ich wähl­te so­fort mei­nen Weg. Ich wuss­te, ich setz­te al­les aufs Spiel, aber ich tat den Sprung als­bald.

      »Wir sind ein­fach bei dem größ­ten Ding, das je er­fun­den wor­den ist«, sag­te ich und leg­te den Ak­zent auf das »Wir«. »Wenn Sie mich da her­aus­hal­ten wol­len, wer­den Sie’s