im Kopf Hand in Hand, beinahe etwas Apoplektisches, und ein Pochen der Blutgefäße in den Ohren. Keines dieser Gefühle wurde mit der Zeit geringer, aber schließlich war ich so daran gewöhnt, dass sie mir nicht mehr unangenehm waren.
Ich hörte ein Klinken und eine kleine Glühlampe leuchtete auf.
Ich sah Cavors Gesicht, so weiß, wie ich fühlte, dass meins war. Wir blickten einander schweigend an. Die durchsichtige Schwärze des Glases hinter ihm bewirkte, dass er aussah, als schwimme er in einer Leere.
»Nun, wir sind gefangen«, sagte ich schließlich.
»Ja«, sagte er, »wir sind gefangen.«
»Bewegen Sie sich nicht«, rief er bei der Andeutung einer Geste aus. »Lassen Sie Ihre Muskeln ganz schlaff – wie wenn Sie im Bett lägen. Wir sind in einem kleinen eigenen Universum. Sehen Sie die Dinge da an!«
Er zeigte auf die Kisten und Bündel, die am Boden der Sphäre auf den Decken gelegen hatten. Ich war erstaunt, sie fast einen Fuß weit von der sphärischen Mauer entfernt schwimmen zu sehen. Dann sah ich an seinem Schatten, dass Cavor nicht mehr am Glase lehnte. Ich streckte die Hand hinter mich und fand, dass auch ich, klar vom Glas, im Raume schwebte.
Ich schrie nicht auf und gestikulierte nicht, aber die Angst überschlich mich. Es war, als würde man von etwas gehalten und gehoben – man wusste nicht, wovon. Die bloße Berührung meiner Hand mit dem Glase brachte mich in rasche Bewegung. Ich begriff, was geschehen war, aber das hinderte nicht, dass ich mich fürchtete. Wir waren von aller äußeren Gravitation abgeschnitten, nur die Anziehung der Dinge innerhalb unserer Sphäre wirkte. Infolgedessen fiel alles, was nicht am Glase befestigt war – langsam, wegen der Geringfügigkeit unserer Massen – zum Gravitationszentrum unserer kleinen Welt, das etwa im Mittelpunkt der Sphäre, aber wegen meines höheren Gewichtes mir näher als Cavor zu liegen schien.
»Wir müssen uns drehen«, sagte Cavor, »und Rücken gegen Rücken schwimmen, mit den Sachen zwischen uns.«
Es war die sonderbarste Empfindung, die man sich vorstellen kann, so lose im Raum zu schweben, anfangs sogar grauenhaft unheimlich, als aber das Grauen verging, durchaus nicht unangenehm, außerordentlich ausruhend; ja, was ihr an irdischer Erfahrung von allem, was ich kenne, am nächsten kam, war, wenn man auf einem sehr dicken, weichen Federbett liegt. Aber das Eigentümliche der äußersten Loslösung und Unabhängigkeit! Auf solche Dinge hatte ich nicht gerechnet. Ich hatte beim Aufstieg einen heftigen Stoß erwartet, ein schwindliges Gefühl der Geschwindigkeit. Statt dessen hatte ich ein Gefühl – als wäre ich körperlos geworden. Es war nicht wie der Beginn einer Reise; es war wie der Beginn eines Traums.
1 seit 1881 erscheinendes Magazin, 1989 eingestellt <<<
5 – Die Fahrt zum Mond
Dann löschte Cavor das Licht aus. Er sagte, wir hätten nicht übermäßig viel Energie aufgespeichert, und wir müssten fürs Lesen sparen. Eine Zeit lang, ob es lange oder kurz dauerte, weiß ich nicht, war nichts als leere Schwärze zu sehen.
Eine Frage schwamm aus der Leere herauf. »Wie zeigen wir?«, fragte ich. »Welches ist unsere Richtung?«
»Wir fliegen geradewegs von der Erde fort, und da der Mond seinem dritten Viertel nahe ist, gehen wir irgendwo auf ihn zu. Ich will eine Jalousie öffnen –«
Es folgte ein Klinken, und dann sprang ein Fenster in der äußeren Hülle auf. Der Himmel draußen war ebenso schwarz wie die Dunkelheit in der Sphäre, aber die Form des offenen Fensters wurde durch eine unendliche Zahl von Sternen markiert.
Wer den Sternenhimmel nur von der Erde aus gesehen hat, kann sich seine Erscheinung, wenn der unbestimmte halb helle Schleier unserer Luft entfernt ist, gar nicht vorstellen. Die Sterne, die wir auf der Erde sehen, sind nur die zerstreuten Überlebenden, die unsere neblige Atmosphäre durchdringen. Jetzt endlich konnte ich den Sinn der himmlischen Heerscharen erfassen!
Dieser luftleere, sternenbestaubte Himmel! Von allen Dingen, glaube ich, wird das eins der letzten sein, die ich vergessen werde!
Das kleine Fenster verschwand mit einem Klinken, ein anderes daneben schnappte auf und schloss sich sofort wieder, und dann ein drittes, und einen Moment musste ich wegen des blendenden Glanzes des abnehmenden Mondes die Augen schließen.
Eine Zeit lang musste ich Cavor und die weiß beleuchteten Dinge um mich anblicken, um meine Augen wieder ans Licht zu gewöhnen, ehe ich sie auf jenen bleichen Glanz werfen konnte.
Vier Fenster waren offen, damit die Gravitation des Mondes auf alle Stoffe in unserer Sphäre wirken konnte. Ich sah, dass ich nicht länger frei im Raume schwebte, sondern dass meine Füße in der Richtung nach dem Monde zu auf dem Glase ruhten. Die Decken und Vorratskisten krochen gleichfalls langsam am Glas hinunter und kamen dann so zur Ruhe, dass sie uns einen Teil des Ausblicks versperrten. Mir war natürlich, ich blickte hinunter, wenn ich auf den Mond blickte. Auf der Erde heißt hinunter erdwärts, wie die Dinge fallen, und hinauf heißt die umgekehrte Richtung. Jetzt ging der Zug der Gravitation auf den Mond zu, und nach allem, was ich wusste, war unsere Erde über uns. Und natürlich war, wenn alle Jalousien geschlossen waren, hinunter auf das Zentrum unserer Sphäre zu, und hinauf nach ihrer äußeren Umwandung gerichtet.
Es lief auch sonderbar irdischer Erfahrung entgegen, dass das Licht zu einem herauf schien. Auf der Erde kommt das Licht von oben oder seitlich schräg herunter, aber hier kam es von unter unseren Füßen her, und um unseren Schatten zu sehen, mussten wir nach oben blicken.
Zuerst verursachte es mir eine Art Schwindel, dass ich nur auf dickem Glase stand und durch Hunderttausende von Meilen leeren Raums auf den Mond hinabblickte; aber die Übelkeit verging sehr rasch. Und dann – der Glanz des Anblicks!
Der Leser kann es sich am besten vorstellen, wenn er sich an einem warmen Sommerabend auf den Boden legt und zwischen den Füßen zum Mond emporblickt, aber aus irgendeinem Grunde, wahrscheinlich, weil das Fehlen der Luft ihn soviel leuchtkräftiger machte, schien der Mond schon beträchtlich größer als von der Erde aus. Die kleinsten Einzelheiten seiner Oberfläche waren scharf zu sehen. Da wir ihn nicht durch Luft sahen, war sein Umriss hell und scharf, es lag kein Schein, kein Hof darum; der Sternenstaub, der den Himmel bedeckte, trat bis scharf an seinen Rand heran und markierte den Umriss seines unbeleuchteten Teils. Und wie ich dastand und zwischen meinen Füßen hindurch auf den Mond starrte, kehrte jene Empfindung des Unmöglichen,