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Apache Cochise Staffel 1 – Western


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rangen verschiedene Gefühle miteinander. Am stärksten war bei ihm der Drang, zu seiner Einheit zurückzukehren. Zu vieles war geschehen, worüber sich das Oberkommando Gedanken machen mußte, und mehr noch, wovon er nichts wußte, weil ihn die lange Isolation im Chiricahua-Lager davon abhielt, seine Pflicht zu tun.

      Ein Geräusch vor der Laubhütte schreckte ihn auf. Er tappte zum Eingang und spähte hinaus. Der Platz vor dem Jacale war leer, aber er hätte schwören mögen, daß er gesehen hatte, wie sich etwas bei Cochises Wickiup bewegte.

      Ein Knistern in seinem Rücken ließ ihn sich umwenden. Bill Harwig war erwacht und richtete sich auf. Verschlafen rieb er sich die Augen.

      »Still!« zischte John Haggerty. »Keinen Mucks!«

      Bill erhob sich von seinem Lager, ging zu Haggerty. Wie ein Hauch klang seine Stimme an Johns Ohr:

      »Ist da was?«

      »Keine Ahnung. Wir müssen fliehen. Wenn sie uns wieder schnappen, werden sie uns nicht gleich die Ohren abschneiden. Cochise will nicht mehr unbedingt unser Blut.«

      Bills Augen funkelten wild.

      »Uns nichts tun? Wenn sie uns fangen, John, ziehen sie uns den Skalp bei lebendigem Leib ab. Diese roten Teufel sind die Verderbtheit selbst.«

      John grinste.

      »Gesprochen wie ein Bronco.« Noch leiser fügte er hinzu: »Ich werde mich draußen ein wenig umsehen. Wir müssen wissen, wo sie Posten aufgestellt haben,«

      »Ich lasse dich nicht allein gehen«, flüsterte Bill grimmig entschlossen.

      John Haggerty nickte, schob sich durch den Vorhangspalt hinaus und drückte sich eng an die Hüttenwand. Es war keine Menschenseele zu sehen. Trotzdem hatte er das Gefühl, von hundert Augen beobachtet zu werden. John hatte alle Möglichkeiten einer Flucht und ihre Chancen einkalkuliert. Aber etwas hatte er vergessen: die Person eines einzigen Mannes im Camp.

      Wie eine große Katze glitt er zu dem großen Wickiup hinüber. Rauch drang aus der Deckenöffnung. Zu hören war nichts. Er spähte zurück. Bill stand draußen und beobachtete ihn. Plötzlich meldete Johns Instinkt eine drohende Gefahr.

      Er blieb stehen und kauerte sich zusammen. Eine Gestalt wuchtete vor ihm hoch. Stahl blitzte im verschwommenen Sternenlicht. Die Masse eines Menschen fiel auf ihn, und als er die Hand zur Abwehr hob, griff er mitten hinein in das herabzuckende Messer.

      Der Scout riß die Beine in die Höhe, traf den Gegner in der Magengegend. Keuchen, gedämpfter Schmerzenslaut. Und dann sah er den hellen Fleck einer Holzperlenkette mit dem Medaillon auf der nackten Brust.

      Wakashi!

      Zähnefletschend stürzte sich der Mimbrenjo erneut auf den verhaßten Weißen. John bekam ihn an der Schulter zu fassen, wälzte sich auf ihn und drückte ihn mit der Last seines Körpers gegen den Boden.

      »Verdammter weißer Hund!«

      John hielt dem Indianer den Mund zu, aber Wakashi biß ihn so fest, daß der Scout seine Hand wieder lösen mußte.

      Der Mimbrenjo versuchte einen Messerstoß von unten nach oben. Wenn er getroffen hätte… John Haggerty hatte keine Zeit, sich das auszumalen.

      Seine Hand packte das Messer mitsamt den Fingern, die das Heft umschlossen, und drückten es nach außen. Mit einem Schmerzensschrei ließ Wakashi die Waffe fahren. Schnell griff John danach.

      Er hob die Klinge, und als der Indianer sich unter ihm aufbäumte, stieß er zu.

      Unter ihm erschlaffte der sehnige Körper, streckte sich, lag dann ruhig. Gebrochene Augen starrten zu den Sternen.

      Müde richtete John Haggerty sich auf. Bill stand immer noch dort drüben und blickte herüber. Eine Hand legte sich auf Johns Schulter. Er wirbelte herum, das Messer zum Stoß erhoben.

      »Willst du mich ebenfalls töten?« fragte Cochise gelassen.

      Der Scout ließ das Messer fallen, gab ihm einen Stoß mit dem Fuß.

      »Nein, Jefe, dafür gäbe es keinen Grund.«

      Cochise starrte auf den Leichnam.

      »Du hast nachgeholt, was du versäumtest.«

      »Er griff mich an, ich mußte ihn töten. Sein Geschrei machte das Lager rebellisch.«

      Über die harten Züge des Häuptlings glitt es wie Verstehen.

      »Du wolltest dich davon überzeugen, wieviel Wachen um das Lager postiert sind?« Cochise schüttelte den Kopf. »Du wärest niemals entkommen, weißer Mann.«

      »Kann ich mir denken«, brummte John und wurde hellhörig.

      Füße knirschten im Sand. Jemand kam um das Wickiup. Das Gesicht der Wache verzerrte sich auf eine schreckliche Weise, als sie den Toten erkannte, und dann stieß der Indianer einen Schrei aus, der Tote hätte aufwecken können.

      »Allmächtiger Gott im Himmel!« keuchte Haggerty heiser. Er wollte sich umdrehen, zu seiner Behausung zurückkehren, aber er konnte nicht.

      Ein Gewehrlauf bohrte sich in seine Brust, ließ ihn mitten in der Bewegung erstarren. Die flammende Wut in den Augen des Indianers und die Gnadenlosigkeit verhießen nichts Gutes.

      Immer mehr Rothäute tauchten auf. Sie beobachteten den Weißen kalt und teilnahmslos, als nähmen sie Maß für die bevorstehende Marter.

      Johns Zeit war abgelaufen.

      *

      Im großen Armeelager östlich von Tucson donnerte der einarmige General Oliver O. Howard mit der Faust auf den Tisch. Howard war ein Mann, den nichts aus der Ruhe bringen konnte, aber die Nachricht, die ein indianischer Scout überbracht hatte, erschütterte ihn.

      Howard runzelte die Stirn, starrte die beiden Colonels finster und abschätzend an, als wollte er in ihren Gehirnen nachlesen, was sich dort unten in der Gran Desierto abgespielt hatte.

      Es gelang ihm nicht. Colonel White senkte den Blick. Colonel Gary Walberg starrte auf die gegenüberliegende Zeltwand, an Howard vorbei. Wenn sein Vorgesetzter in dieser Form die Stirn runzelte, braute sich allemal ein Hurrican zusammen.

      »Was haben Sie dazu zu sagen, meine Herren?«

      White antwortete:

      »General… Sir. Ich kann nur das wiederholen, was ich immer festgestellt habe: wir sind zu schwach. Um diesem Cochise in seine Schranken zu verweisen, benötigen wir ein weiteres Truppenkontingent von 4000 Infanteristen, Dragonern und Haubitzen. Der Train müßte verstärkt werden, der Nachschub besser organisiert und auf einen moderneren Stand gebracht…«

      »Ach was!« unterbrach Howard ihn schnarrend. »Sie wissen doch, daß Washington uns keinen einzigen Mann mehr zur Verfügung stellt. Sie halten uns vor, wir könnten nicht mal die San Carlos Reservation im Griff halten, und, das soll in diesem illustren Kreis ruhig einmal ausgesprochen werden, sie halten mich für einen Tölpel.«

      »Sir!«

      »Es ist so. Ihre Empörung hilft uns nicht weiter. Sherman ließ es unmiß­verständlich durchblicken. Schwamm drüber, Gentlemen. Wir sind in einer prekären Lage, die fast an Ausweglosigkeit grenzt.«

      Er klatschte die flache Hand auf den Tisch, daß Tintenfaß und Federkiel einen Luftsprung machten.

      »Jeder Tag bringt uns Meldungen dieser Art, lesen Sie selbst.« Howard schob den beiden Offizieren ein Stück Papier über den Tisch. »Das war vorgestern. Was gestern geschah, wissen wir noch nicht, und was morgen geschieht, noch weniger.«

      Die Offiziere beugten sich über die Meldung. Ihre Lippen bewegten sich beim Lesen, Walberg sprach den Text sogar halblaut vor sich hin.

      »Camp San Carlos/Arizona, 6. Mai 1870. Aufgenommen von Lieutenant Stephan O’Neil, Wachoffizier. Zur Sache: Kurz vor Mitternacht kehrte eine drei Mann starke Apachen-Patrouille aus dem südlichen Teil des Territoriums zurück.

      Die