Bedingungen werden Sie ja zu stellen haben.«
»Nein«, entgegnete sie rasch. »Ich habe einige Handikaps, die ich nicht verschweigen kann. Ich muß froh sein, wenn Sie mir eine Chance geben«, fügte sie rasch hinzu.
Die Chance, etwas gutzumachen, was ich dir einmal antat, dachte sie für sich. Es an diesen beiden Kindern gutmachen zu können.
»Ria, Corri Durst hat«, rief die Kleine.
»Ja, übrigens, mein Name ist Ria Burg«, sagte sie gepreßt. »Vielleicht kann ich bleiben, bis Sie eine perfekte Kraft gefunden haben.«
»Ria soll bleiben, Papi«, meldete sich nun Christoph wieder zu Wort.
Irgend etwas paßt da nicht zusammen, dachte Till Jaleck. Diese Kleidung! So viel verstand er auch, daß Kleid und Mantel, so schlicht sie auch waren, eine ganze Menge gekostet haben mußten. Aber schließlich konnte man auch unvorhergesehen schnell in Not geraten. Doch das würde er ja noch alles erfahren.
»Dann werden wir mal etwas zu essen machen«, erklärte er in betont heiterem Ton.
»Ich habe es schon vorbereitet«, warf sie errötend ein. »Christoph hat mir gesagt, daß es heute Kartoffelbrei und Bratwurst geben soll.«
Till sah sie staunend an. Selbständig schien sie ja zu sein und auch ziemlich entschlossen.
»Ja, das hab ich gesagt. Und gezeigt habe ich Ria auch schon alles«, berichtete Christoph.
Na, dann werde ich mich mal überraschen lassen, dachte Till und kümmerte sich nun erst mal um Corri.
*
»Kochen kann ich nicht besonders gut, das ist das erste Handikap«, sagte Viktoria, als sie das Essen auf den Tisch brachte.
Kategorisch hatte Corri verlangt, mit ihnen zu essen, obgleich sie kaum noch aus den Augen schauen konnte.
»Es riecht aber sehr gut«, stellte Christoph fest.
»Da kann man ja auch nicht viel verderben«, erklärte Viktoria, froh, daß bisher alles so gut gelaufen war.
»Es schmeckt auch gut«, bemerkte Till.
»Und die Bratwurst ist nicht geplatzt«, meinte Christoph. »Bei Papi platzt sie immer.«
Zum erstenmal erschien ein flüchtiges Lächeln auf Tills Gesicht.
»Der Kartoffelbrei von Papi schmeckt auch nicht so gut«, fuhr Christoph fort.
»Es mußte immer schnell gehen«, warf Till entschuldigend ein.
Viktoria fütterte Corri, die trotz des leichten Fiebers einen guten Appetit hatte. Sie rieb sich immer das Bäuchlein und klatschte bei jedem Bissen in die Hände.
»Smeckt gut! Pima!« jauchzte sie.
Bei den Kindern hatte sie schon einen Stein im Brett. Doch wie war es bei Till? Sie wagte nicht, ihn anzusehen.
»Ihr schlaft jetzt«, sagte er zu den beiden Kleinen. »Ich werde mit Frau Burg alles besprechen.«
»Ria, bleib da!« jammerte Corri. Christoph streichelte ihre Hand. »Bleibst du?« fragte er flehend.
»Ja, ich bleibe«, erwiderte sie. »Ich muß nur meine Koffer holen.«
»Wo sind die?« fragte Christoph.
»In Hohenborn.«
Und jetzt wurde ihr bewußt, daß sie an diesem Morgen nicht die blasseste Ahnung gehabt hatte, wie dieser Tag enden würde. Daß sie als Haushälterin bei Till landen würde, hatte nicht in ihrem Programm gestanden.
*
Sie fragte ihn, wann ein Bus nach Hohenborn fahren würde.
»Selbstverständlich werde ich Sie fahren«, sagte er rasch.
»Und die Kinder? Sie können doch nicht allein bleiben. Corri ist schwer erkältet. Ich fürchte, daß das Fieber noch steigen wird.«
Sie wollte auf keinen Fall, daß er erfuhr, welch teures Zimmer sie im Hotel »Zur Post« bewohnt hatte. Sie wollte in Hohenborn auch nicht mit ihm gesehen werden. Nicht von Maria Dosch.
Noch war auch sie ahnungslos, aber vielleicht kamen doch Erinnerungen, wenn man sie mit Till beisammen sah.
Vielleicht will sie wieder heimlich verschwinden, dachte Till. Aber die Chance mußte er ihr einräumen. Die Kinder hatten sie bestürmt, sie förmlich unter Druck gesetzt. Und er selbst konnte einfach nicht glauben, daß ihnen das Glück hold sein könnte.
»Der nächste Bus fährt in einer halben Stunde«, sagte er mit einem Blick zur Uhr. »Er fährt vom ›Seeblick‹ ab. Um fünf Uhr fährt er dann wieder zurück. Und um acht Uhr kommt der letzte. Aber wenn Sie einen Führerschein haben, könnten Sie meinen Wagen nehmen.«
»Ich bin lange nicht gefahren, und meine Augen machen mir zu schaffen. Da würde ich nur andere gefährden«, entgegnete sie leise. »Nein, ich nehme den Bus, und um fünf Uhr komme ich zurück. Das ist doch leicht zu schaffen. Soll ich noch etwas aus Hohenborn mitbringen?«
Wenn sie wirklich die Absicht hatte zu verschwinden, verstand sie es recht geschickt, ihn zu täuschen. Er wollte jetzt nicht darüber nachdenken, er wollte abwarten.
»Vielleicht könnten Sie Hustensaft für Corri in der Apotheke besorgen«, sagte er.
»Das hätte ich sowieso getan. Ich glaube, jetzt muß ich mich beeilen.«
Vielerlei Gedanken gingen ihr durch den Sinn, als sie zum Bus eilte, aber keinen konnte sie zu Ende denken, weil immer wieder neue kamen.
Carla Richter sprach mit dem Busfahrer.
Ein Lächeln erhellte ihr Gesicht, als sie Viktoria gewahrte.
»Schwester Herta hat mir schon erzählt, wie lieb Sie sich um die Kinder gekümmert haben«, berichtete sie. »Da tun Sie ein gutes Werk. Werden Sie bleiben?«
»Ja, ich hole meine Koffer«, erwiderte sie.
»Fein! Und wie schon gesagt, wenn Sie mal nicht weiter wissen, kommen Sie zu mir.«
Diesmal war Viktoria ganz allein im Bus. Sie war froh darüber.
»Auf der Heimfahrt ist es aber gesteckt voll«, meinte der Fahrer. »Kommen Sie man früh, junge Frau, daß Sie einen Platz kriegen.«
Heli Dosch sah Viktoria ganz erschrocken an, als sie erklärte, daß sie das Zimmer aufgeben müsse.
»Selbstverständlich bezahle ich für diese Nacht noch«, sagte Viktoria verlegen.
»Gefällt es Ihnen denn nicht bei uns? Ist es Ihnen zu laut?« fragte Heli.
»Nein, aber ich habe ganz zufällig eine Stellung gefunden in Erlenried. Da werde ich nötig gebraucht?«
»Doch nicht etwa beim Dr. Jaleck?« fragte Heli staunend.
»Genau da.«
Heli war noch jung, aber sie hatte doch schon ihre Erfahrungen. Wie eine Haushälterin sah ihr Gast gewiß nicht aus. Sie war demzufolge reichlich verwirrt. Und noch verwirrter wurde sie, als sie bemerkte, daß Viktorias Brieftasche mit großen Geldscheinen prall gefüllt war.
»Ich mache noch einige Besorgungen und hole dann die Koffer«, erklärte Viktoria.
»Ja, gewiß«, stammelte Heli.
Aber als Viktoria das Hotel verlassen hatte, eilte sie in die Küche zu ihrer Mutter und Tante Leni.
»Du, Mutti, was sagst du jetzt? Frau Burg hat sich bei Dr. Jaleck als Haushälterin verdingt!« sprudelte sie hervor.
»Frau Burg?« Maria Dosch war augenblicklich etwas begriffsstutzig.
»Die Dame, die gestern bei uns das Zimmer genommen hat. Ist das nicht komisch?«
»Vielleicht ist sie wegen der Stellung gekommen«, äußerte Maria Dosch, »und sie wollte es nur nicht sagen, bevor sie