Patricia Vandenberg

Im Sonnenwinkel Staffel 3 – Familienroman


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ohne ihr jedoch zu verraten, für wen sie das lukullische Frühstück bereiten sollte.

      »Du wirst staunen«, hatte er nur gesagt.

      Nun hatte Thekla während der letzten Wochen wahrhaftig schon Anlaß genug gehabt zu staunen. Dieser alte Brummbär, wie sie ihn im stillen respektlos bezeichnete, hatte ihr genügend Rätsel aufgegeben.

      Er verließ öfter den Hof als in all den Jahren zuvor, es kam Besuch, und immer mußten Schmankerl im Haus sein, um diesen zu bewirten.

      »Kommt Bambi?« fragt Thekla. »Nein. Es gibt auch noch andere Kinder«, erwiderte er.

      Thekla fragte lieber nichts mehr. Es war ihr ja nur recht, wenn Kinder ins Haus kamen. Einsam war es lange genug gewesen.

      Aber daß der Korbinian erst auf seine alten Tage Freude am Leben gewann, ärgerte sie schon ein wenig. Es hätte längst anders sein können.

      Nun stand er schon am Fenster und hielt Ausschau nach Viktoria und den Kindern. Unwillig bemerkte er, daß es zu regnen begann.

      Doch da vernahm er Motorengeräusch, und sein Unwille schwand. Er war fest überzeugt, daß Till Viktoria den Wagen überlassen hatte.

      Doch dem Wagen, der jetzt vor der Tür hielt, entstieg nicht Viktoria, sondern ein fremder Mann. Korbinians Stirn legte sich in Falten.

      »Ich bin jetzt für niemanden zu sprechen«, sagte er zu Thekla.

      Sie war gewohnt, sich an solche Befehle zu halten. Aber diesmal kam sie nach wenigen Minuten zurück, mit hochroten Wangen und sehr aufgeregt.

      »Das ist ein Ausländer«, berichtete sie. »Er fragt nach unserer Viktoria. Es sei sehr dringend. Ich habe gesagt, daß sie schon lange nicht mehr hier ist, aber er will sie selber sprechen.«

      Korbinian Gruber witterte Gefahr. Wenn er den Fremden abwies, würde dieser wohl weiter nach Viktoria suchen. Da war es wohl doch besser, wenn er mit ihm sprach.

      Der Mann war sehr elegant gekleidet, zu auffällig für Korbian Grubers Begriff, und er machte einen sehr selbstbewußten Eindruck.

      »Mein Name ist Gary Gorden«, sagte er.

      Korbinian kniff die Augen zusammen. Gary Gordon, so hieß doch der Mann, den Viktoria hatte heiraten wollen.

      »Sie wünschen?« fragte er aggressiv.

      »Ich konnte in Erfahrung bringen, daß Sie Viktorias Onkel sind, und ich hege die Hoffnung, sie bei Ihnen zu finden.«

      »Da hegen Sie eine falsche Hoffnung«, stieß Korbinian hervor.

      »Aber vielleicht könnten Sie mir doch einen Hinweis geben?« fragte Gordon. »Es ist ungeheuer wichtig für Viktoria. Ich bin ihr Vermögensverwalter.«

      Viktorias Vermögensverwalter? Korbinian horchte auf. Was mit Geld zusammenhing, machte ihn wachsam, auch jetzt noch, obgleich er sich auch diesbezüglich umgestellt hatte. Aber jetzt ging es nicht um sein Geld, sondern um Viktorias, und es schien ihm doch angebracht, sich da näher informieren zu lassen.

      Er konnte nicht ahnen, daß Gary Gorden sehr schnell in Erfahrung gebracht hatte, wo Korbinian Gruber eine empfindliche Stelle hatte, an der man ihn packen konnte.

      »So, ihr Vermögensverwalter sind Sie also«, sagte Korbinian. »Habe ich da nicht mal gehört, daß Sie meine Nichte heiraten wollten?«

      »Es ist wirklich Viktorias Schuld, daß es dazu nicht gekommen ist«, erklärte Gary Gordon.

      »Ihre Schuld, daß dieser Unfall passierte und sie soviel durchmachen mußte? Daß sie jetzt mit einem fremden Gesicht herumlaufen muß und man sie längst abgeschrieben hat? Sie doch auch, Herr Gordon!«

      Korbinian Gruber ging mal wieder der Gaul durch, und darum sagte er mehr, als er hatte sagen wollen.

      Gary Gordon lächelte sarkastisch.

      »Sie haben Viktoria also gesprochen«, stellte er fest. »Nun, ich denke, sie sieht alles von ihrem Standpunkt, und es ist ja auch verständlich, daß sie überempfindlich und verbittert ist.«

      »Sie ist nicht verbittert. Hier ist sie glücklich. Hier kann sie wieder sie selbst sein, und ich will nicht, daß jemand etwas daran zu ändern versucht.«

      In Gordons Augen blitzte es auf. Er war vorerst durchaus zufrieden. Seine Taktik hatte sich als nützlich erwiesen.

      Es wäre ja auch gelacht gewesen, wenn er diesem alten Bauern nicht überlegen gewesen wäre.

      »Es geht um Viktorias Vermögen«, sagte er schlau. »Ich kann nur mit ihr verhandeln. Selbstverständlich werde ich ihre Entscheidung respektieren…«

      Doch da läutete das Telefon, und nun mußte Korbinian Gruber von Viktoria erfahren, daß er einen Fehler gemacht hatte.

      In ihm kroch Wut hoch, als ihm dieses bewußt wurde.

      »Er ist schon hier, aber ich werde ihn zum Teufel schicken«, erklärte er. Gary Gordon konnte es deutlich hören, und er spitzte die Ohren, als Korbinian seine Stimme nun dämpfte.

      Einen Namen fing er noch auf… Till! Und das genügte ihm.

      Korbinian machte keine großen Worte.

      »Verschwinden Sie!« fauchte er seinen Besucher an. »Kommen Sie mir nicht mehr unter die Augen!«

      Gary Gordon ging. Er wußte ja, an wen er sich jetzt zu wenden hatte.

      *

      »Heute morgen warst du so lustig, Ria«, sagte Christoph betrübt. »Warum bist du jetzt traurig?«

      »Ich wollte einen schönen Spaziergang mit euch machen«, entgegnete sie ausweichend. »Wir wollten jemanden besuchen, der sich sehr auf uns gefreut hat.«

      »Wen denn?« fragte Christoph.

      »Meinen Onkel Korbinian«, erwiderte Viktoria. »Der Gruber-Bauer ist mein Onkel, Christoph.«

      Das war nicht leicht für ihn zu begreifen.

      »Wir haben ihn doch im ›Seeblick‹ gesehen, und da hast du nichts davon gesagt«, überlegte er.

      »Es ist eine lange Geschichte. Ich werde sie erzählen«

      »Zählen«, rief Corri. »Bitte, bitte, zählen, Ria!«

      »Jetzt nicht, später«, sagte Viktoria. »Wir machen jetzt ein gutes Essen.«

      »Und wann gehen wir zu dem Onkel Korbinian?« fragte Christoph.

      »Vielleicht kommt er am Nachmittag hierher.«

      »Er hat immer nur Bambi besucht«, meinte Christoph nachdenklich.

      »Nun wird er auch uns besuchen und wir ihn«, erklärte Viktoria, um ihr banges Herzklopfen zu übertönen, denn sie hörte, daß Bremsen kreischten. »Wenn es läutet, rühren wir uns nicht«, flüsterte sie. »Ihr seid jetzt ganz leise.«

      Da läutete es auch schon.

      »Kann ich nicht mal gucken, wer es ist?« wisperte Christoph.

      Sie legte ihm den Finger auf den Mund, während Corri sich ganz verschüchtert an ihrer Schulter verkroch.

      Es läutete noch ein paarmal, aber die Kinder waren mucksmäuschenstill, und dann hörten sie endlich den Wagen wieder davonfahren.

      »Wer kann denn das gewesen sein?« fragte Christoph noch immer flüsternd.

      »Jemand, der mich von hier wegholen will«, erwiderte sie, weil ihr nichts anderes einfiel.

      »Nein, den lassen wir nicht rein«, versicherte Christoph. »Da machen wir die Tür lieber nie mehr auf. Und dann sind wir auch ganz leise, Ria.«

      »Danz leise«, flüsterte Corri.

      Sie hielt die Kinder fest an sich gedrückt, und ihr Herzklopfen legte sich.

      Holen wollte Gary sie bestimmt nicht, aber sie ahnte schon, worum es ihm ging,