Patricia Vandenberg

Im Sonnenwinkel Staffel 3 – Familienroman


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drängte sich durch die Tür. Betrofen sah Dr. Valdere sie an.

      »Das ist nichts für Sie, Lisa«, erklärte er.

      Sie hörte nicht auf ihn, kniete bei dem Kind nieder und umarmte es.

      Verwirrt sah Jill Dr. Valdere an.

      »Kann ich mit dem Mädchen englisch sprechen?«, fragte sie.

      »Lisa kann gar nicht sprechen«, erwiderte er heiser. »Bitte, Lisa, lassen Sie uns mit dem Kind allein.«

      »Ich will aber, dass sie dableibt«, sagte Jill in englischer Sprache.

      »Sie will, dass Lisa dableibt«, übersetzte Michael, der in der Tür stand, mechanisch.

      Dr. Valdere zuckte die Schultern. »Vielleicht dolmetschen Sie. Mit meinem mangelhaften Englisch kommen wir auch nicht weiter.«

      »Und du, André?«, fragte Michael. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.« Lisa konnte sich anscheinend auch ohne Worte mit Jill verständigen. Die Kleine hatte ihre Arme um Lisas Hals geschlungen und weinte leise. Und Lisa streichelte sie beruhigend.

      »Vielleicht wird das Kind jetzt schlafen«, bemerkte Dr. Valdere. »Es wäre das Beste.«

      Lisa drehte sich um und gab ihnen zu verstehen, dass sie das Kind mit in ihr Zimmer nehmen wolle.

      Dr. Valdere und André tauschten einen langen Blick, während Michael Lisa kopfschüttelnd betrachtete. Doch dann war er es, der die Kleine hinauftrug.

      Anscheinend begriff Jill noch nicht, was eigentlich geschehen war, oder Lisas Gegenwart übte eine so beruhigende Wirkung auf sie aus, denn sie hatte zu weinen aufgehört und sah Michael an.

      »What’s your name?«, fragte sie.

      »Michael«, erwiderte er.

      »Mike«, sagte sie mit einem Lächeln, das ihr trauriges Gesichtchen erhellte.

      Nun wollte sie wissen, ob er Lisas Mann sei und dableiben würde. Sie war betrübt, als er es verneinte.

      »Du wirst jetzt schlafen, Jill«, erklärte er eindringlich. »Morgen komme ich wieder. Lisa bleibt bei dir. Wenn du etwas möchtest, sage es ihr. Sie kann alles verstehen.«

      »Ich mag sie, weil sie nichts fragt und nur lieb ist«, äußerte Jill.

      Behutsam streichelte er ihre Wange, legte dann seine Hand unter Lisas Kinn und hob ihren Kopf empor. Er umfasste sie mit einem zärtlichen Blick und küsste sie dann impulsiv auf die Stirn, bevor er ging. André wartete auf ihn.

      »Ich weiß nicht, ob es gut ist, wenn Lisa sich mit ihr befasst«, gab er zu bedenken.

      »Jill mag sie, weil sie keine Fragen stellt«, entgegnete Michael ironisch, »und ich glaube, das ist jetzt besser für das Kind.«

      *

      Während das künftige Schicksal der kleinen Jill noch ungeklärt blieb, war Sabine bereits auf den Sonnenhügel übergesiedelt.

      Die Zwillinge fanden es ganz lustig, da sie sich fast ausschließlich mit ihnen beschäftigte, während Manuel seine Hausaufgaben machte. Aber als dann der Mittag kam und vor allem der kleine Felix vergeblich nach seiner Mami rief, wurde es kritisch. Selbst Teta konnte nichts ausrichten.

      Alexandra, zuerst noch friedlich, wurde von ihres Bruders Gebrüll angesteckt.

      Sabine versuchte alles Erdenkliche, um sie abzulenken. Es war vergeblich. Da die Mami nicht kam, brüllten sie nun nach dem Papi und dann nach der Omi. Teta behielt die Ruhe.

      »Das legt sich schon wieder«, meinte sie.

      Aber Manuel hatte doch ein anderes Rezept. Er sauste los und holte Bambi. Und siehe da, die Zwillinge verstummten schlagartig. Sabine war indessen ganz verstört.

      »Ich bin ein glatter Versager«, bemerkte sie deprimiert zu Teta.

      »Ach was! Zu sehr verwöhnt sind sie von ihrer Mami. Bambi spielt oft mit ihnen. Da sind sie abgelenkt.«

      Bambi fütterte die Kleinen auch mit einer erstaunlichen Geschicklichkeit, und sie erteilte Sabine dann auch Unterricht über den Umgang mit kleinen Kindern.

      »Man darf sich nur nicht aus der Ruhe bringen lassen«, erklärte sie. »Das merken sie, und dann werden sie auch kribbelig. Das ist bei unserm Henrik auch so.«

      »Mami fot«, plapperte Felix dazwischen.

      »Papi fot«, schloss Alexandra sich an. »Sie kommen ja wieder und bringen euch was Schönes mit«, tröstete Bambi. »Sönes mit«, plapperten sie nach. »Tüt, tüt? Püppi?«

      Dann ging Alexandra freiwillig zu Sabine und schmuste mit ihr.

      Nach diesem ersten Sturm herrschte Frieden.

      Marianne Heimberg rief an und erkundigte sich mit krächzender Stimme, ob die Kinder sich beruhigt hätten. Die besorgte Omi wünschte ihre Grippe zum Teufel, aber das nützte ihr nicht viel. Sie ließ sich nicht wegzaubern.

      Am Abend waren die Zwillinge jedenfalls ebenso heiser wie ihre Omi. Aber da eine Ansteckung durchs Telefon kaum erfolgen konnte, schob Teta es auf ihr lang anhaltendes Gebrüll, das sich nun auswirkte.

      Sabine machte sich jedoch Sorgen, und um nur ja nichts zu versäumen, rief sie Nicolas an.

      Um nicht den Anschein zu erwecken, dass sie unbedingt Nicolas hier haben wollte, machte sie den Vorschlag, Dr. Riedel anzurufen. Aber Manuel sagte, dass der nicht daheim sei, weil er auch in anderen Dörfern Patienten hätte.

      Teta dachte für sich, dass es wieder Geschrei geben könnte, wenn ein Fremder kam. Doch sie äußerte diese Bedenken nicht laut. Dafür wurde sie allerdings auch überrascht, denn die Zwillinge gaben keinen Piepser von sich, als Dr. Allard das Kinderzimmer betrat. Mit kugelrunden Augen blickten sie ihn an.

      Teta sah es staunend und Sabine voller Glück, wie sie Nicolas ihre Händchen entgegenstreckten.

      »Ihr seid aber brave Kinder«, bemerkte Nicolas, der von Sabine schon vorbereitet worden war, dass es nicht reibungslos abgehen würde.

      »Brav«, sagte Felix.

      »Lieb«, sagte Alexandra. »Nich Wehweh.«

      »Da wollen wir doch lieber erst mal nachschauen«, meinte Nicolas und öffnete seinen Koffer.

      »Gucken«, rief Felix und reckte seinen Hals.

      Nicolas stellte den Koffer neben sein Bett. Aber sogleich kletterte Alexandra aus ihrem heraus und drängte sich auch an ihn heran.

      »Auch gucken«, forderte sie.

      »Na, dann schaut euch mal alles schön an.«

      Sie taten es sehr vorsichtig, und lächelnd schaute er ihnen zu. Mit diesem gütigen Lächeln gewann er auch Tetas Herz.

      Alexandra war schon ganz zutraulich und kletterte zu ihm aufs Knie.

      »Guck, guck«, machte sie und blinzelte schelmisch.

      »Mach mal schön dein Mündchen auf«, sagte er, und sie tat es, ohne zu zögern.

      »Kannst du schon A sagen?«, fragte er.

      Sie konnte es prächtig, und Felix machte es so schnell nach, dass Nicolas blitzschnell schalten musste.

      »Nich Wehweh«, behauptete auch Felix.

      »Nein, kein Wehweh, aber ihr dürft nicht mehr weinen, sonst werdet ihr krank«, ermahnte er sie liebevoll. »Pielen«, verlangte Felix. »Dotto pielen.«

      »Er meint Doktor«, erklärte Manuel und konnte nur noch staunen, denn nun hatte Nicolas beide Kinder auf den Knien und schaukelte sie.

      So kannte ihn Sabine noch nicht, und sie konnte sich nicht sattsehen an seinem gelösten Gesicht. Er wäre bestimmt ein wundervoller Vater, dachte sie.

      *

      Die Zwillinge waren ganz plötzlich mitten unter Plappern eingeschlafen.