Arik Brauer

Das Alte Testament


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      Rebekka verlässt ihr Heim und zieht mit nach Kanaan zu ihrem zukünftigen Gatten. Dort kommt ihnen Isaak von Weitem entgegen. Rebekka fragt: »Wer ist denn dieser, der uns entgegenkommt?«, und als man ihr antwortet »Das ist dein zukünftiger Mann«, da steigt sie »eilend vom Kamel« (1. Mose 24,64). Im Original wetipol meal hagemal, und sie fällt vom Kamel. Kamele haben einen sehr sicheren Sattel. Man muss schon bewusstlos werden, um da herunterzufallen. Als sie wieder zu sich kommt, verhüllt sie sich mit ihrem Mantel. Wie sah Isaak aus, dass man bei seinem Anblick vom Kamel fällt? Sollte Isaak, der von einer 90-Jährigen geboren wurde, ein abnormales Äußeres gehabt haben? Es gibt darüber keine Angaben, aber wir wissen, dass einer seiner Söhne, Esau, ein richtiges Fell hatte.

      Isaak war auf alle Fälle ein großer Herr und Stammvater. Er grub viele Brunnen, die bis heute Wasser geben, obwohl sie von den eifersüchtigen Philistern immer wieder zugeschüttet wurden. Mit den Arabern unserer Zeit haben die Philister übrigens nur den Namen und die Eifersucht gemeinsam. Philister = Plischtim (hebräisch) = Falastin (arabisch) = Palestina. – Die Sprache der Philister war keine semitische und ihre Kultur sicher höher entwickelt als die der hebräischen Hirten. Sie lebten im 12. Jahrhundert vor Christus an der südlichen Küste Kanaans und verschwanden im 5. Jahrhundert vor der Zeitrechnung. Der Name Palästina wurde von den Römern für das Land Juda verwendet, um den revoltierenden jüdischen Nationalismus zu dämpfen. Aus demselben Grund nannten die Engländer das von ihnen 1920 bis 1948 als Protektorat verwaltete Gebiet Palästina.

      Als in Kanaan wieder einmal eine Hungersnot herrscht, zieht Isaak nach Gerar, ins Land der Philister. Auch er behauptet, seine Frau Rebekka sei seine Schwester, aus demselben Grund, aus dem sein Vater Abraham es in Ägypten gesagt hat. Wenn man »kalte Lokschen« (jiddisch: Lügen) verkaufen will, dann darf man sie auch nicht wärmen. Isaak treibt es mit seiner Rebekka am offenen Fenster.

      Abimelech, der König der Philister, geht vorbei und dieser Anblick interessiert ihn sehr. »Was tust du uns an? Es hätte jemand von uns im Glauben, sie sei deine Schwester, mit Rebekka eine Affäre beginnen können und wir hätten damit schwere Schuld auf uns geladen.« Abimelech nimmt es tatsächlich sehr streng mit der Heiligkeit der Ehe: »Wer diesen Mann oder sein Weib anrührt, der soll des Todes sterben« (1. Mose 26,11). Isaak bleibt im Land der Philister, macht eine grandiose Karriere als Landwirt und wird sehr reich.

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       Isaak mit Rebekka am Fenster

      Rebekka wird schwanger und gebärt Zwillinge, zwei Knaben. Der erste kommt hervor und es zeigt sich, dass er mit einem roten, zottigen Fell bedeckt ist. Der zweite dicht hinterdrein. »(…) der hielt mit seiner Hand die Ferse des Esau« (1. Mose 25,26). Das Original »und seine Hand berührt die Ferse Esaus« deutet eher auf eine zufällige Bewegung hin, die Luther-Übersetzung eher auf die Absicht, das Erstgeburtsrecht seines Bruders zu verhindern. Naheliegend wäre es, zu sagen reiner Zufall, aber das wäre langweilig und langweilig ist die Bibel nie. Ein Benachteiligter hat wohl die Aufgabe, mit Energie und Intelligenz seine Benachteiligung aufzuwiegen. Dieser Aufgabe ist der Zweitgeborene tapfer nachgekommen. Sein Name ist Jakob, hebräisch Jakov. Er ist der Stammvater der Hebräer.

      Die beiden Knaben wachsen heran, und eines Tages geschieht Folgendes: Der Erstgeborene, Esau, ist Jäger. Das Jagen mit Pfeil und Bogen ist ein mühsamer Beruf. Esau kriecht vor Sonnenaufgang im dornigen Gestrüpp herum. Gelsen und Skorpione machen ihm das Leben schwer, bis er endlich eine halb verdurstete Gazelle erlegt (oder auch nicht). Er kommt gegen Mittag total erschöpft ins väterliche Zelt. Dort steht sein Bruder Jakob und kocht rote Linsen. Jakob ist frisch und sauber, die Linsen duften nach Kräutern und Olivenöl. Esau, der sich kaum auf den Beinen halten kann, knurrt: »Laß mich kosten das rote Gericht« (1. Mose 25,30). Das Original »Füttere mich dieses das Rote, das Rote dieses« drückt mehr wilde Fresssucht aus. Jakob bietet ihm für das Erstgeburtsrecht eine Schüssel mit dampfenden, duftenden Linsen an und Esau akzeptiert. Lieber Linsen jetzt als Versprechungen für die Zukunft. Ein Standpunkt, der zweifellos einiges für sich hat, so aber wird man nicht der Stammvater einer Nation, die Jahrtausende überlebt, dabei manche einmalige Leistung vollbringt und auch noch viele Linsen verzehrt. Dazu gehören eben Energie und Talent und auch eine solide Chuzpe, und Jakob hat das alles.

      Isaak fühlt, dass sein Ende nicht mehr weit ist. Er beauftragt Esau, ein Wild zu erlegen und dieses für ihn als letztes Mahl zuzubereiten, um dann den väterlichen Segen zu empfangen. Angestiftet von Rebekka, deren Lieblingssohn Jakob ist, hängt dieser sich ein Fell über den Arm, geht mit zwei gebratenen Ziegenböcklein zu seinem Vater und gibt sich für Esau aus. Isaak ist zwar schon blind, aber nicht taub. Er erkennt wohl die Stimme Jakobs, lässt sich aber von dem Ziegenfell, das er für Esaus behaarten Arm hält, täuschen.

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       Jakobs List

      Esau kommt zu spät mit seiner Jagdbeute. Er erfährt, mit welch einem lausigen Trick Jakob sich des Vaters Segen erschwindelt hat, und schwört Rache. Jakob flieht zur Familie seiner Mutter nach Mesopotamien. Esau beweint die Katastrophe. Der Segen des Vaters hat Jakob zum Herrn über Esaus Nachkommen gemacht und Isaak gibt ihm, was von seinem Segen noch übrig ist. »Von deinem Schwerte wirst du dich nähren und deinem Bruder dienen« (1. Mose 27,40). Das Original »Auf deinem Schwert wirst du leben« drückt aus, dass sein Schwert sein Lebensinhalt sein wird.

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