Lisbeth Bischoff

Ich habe mich getraut. Trau dich auch!


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Bescheid. Und ihr Mitleid hält sich in Grenzen. Denn der König hat sich bei einem Sturz in Botswana verletzt, und dort ist Majestät auf Elefantenjagd. 20 000 Euro soll ein Abschuss kosten. In Zeiten der Wirtschaftskrise und Rekordarbeitslosigkeit zeigen die Spanier wenig Verständnis für das Hobby ihres Monarchen. Zudem ist der König Ehrenpräsident der Tierschutzorganisation WWF (World Wide Fund For Nature) – die ihn allerdings nach der Elefantenjagd von dieser Funktion abwählt.

      Während sich der König im Krankenhaus von seiner Hüftoperation erholt, kommt es zum Eklat. Denn organisiert haben soll die Elefantenjagd seine Geliebte, die dänisch-deutsche Prinzessin Corinna Sayn-Wittgenstein.

      Königin Sofia, heißt es, macht sich nicht einmal mehr die Mühe, die Fassade zu wahren. Sie besucht den König erst drei Tage nach der Operation im Krankenhaus und verweilt lediglich für etwa 15 Minuten am Krankenbett.

      Rufe nach dem Rücktritt des Königs werden laut. Bei seiner Entlassung aus dem Spital ringt sich der König eine Entschuldigung ab: »Es geht mir schon viel besser. Ich danke dem Ärzteteam des Spitals. Ich freue mich, meine Aufgaben wieder wahrnehmen zu können. Es tut mir sehr leid, ich habe einen Fehler gemacht. Es wird nicht wieder vorkommen.«

      Eine öffentliche Entschuldigung ist unter den europäischen Monarchen übrigens etwas höchst Seltenes. Offenbar ist der Druck auf König Juan Carlos sehr groß. Er wirkt angeschlagen, als er jetzt im September wegen einer Entzündung in der Hüfte noch einmal unters Messer muss.

      Diese Dinge beschäftigen mich mehr als alles andere. Trotzdem muss ich eine Entscheidung treffen. Auf dem Weg zum Mittagessen in die Kantine begegne ich ihr, der Sendungschefin von »Dancing Stars«. Gut, ich mache es kurz: Ich habe Ja gesagt.

      »Dancing Stars« gilt seit der ersten Staffel, die im Oktober und November 2005 ausgestrahlt wurde, als das Erfolgsformat des ORF. Die Idee zu dieser Tanzshow, die international unter verschiedenen Sendungstiteln wie »Strictly Come Dancing« in Großbritannien oder »Dancing with the Stars« in den USA vermarktet wird, hatte die BBC. Für die Show lernen Prominente mit je einem Profitänzer die klassischen Tänze, vom »Langsamen Walzer« über »Tango« bis hin zum »Jive«. In jeder Sendung werden die Tanzpaare – im Speziellen natürlich der Promi – von einer Jury, gemeinsam mit dem Publikumsvoting, bewertet. Das Paar mit der niedrigsten Punkteanzahl scheidet aus.

      Das Erfolgsrezept ist einfach: Man sieht Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, mehr oder minder beim Scheitern zu. Auch wenn die Fortschritte von Woche zu Woche, von Sendung zu Sendung erkennbar sind, kann es nur einen Sieger geben. Und meist ist nicht nur das Tanzkönnen entscheidend, sondern die Gesamterscheinung. Jedes Paar hat pro Sendung einen Auftritt von rund zwölf Minuten. Eineinhalb Minuten sind für den Tanz reserviert, die restliche Zeit wird genützt, um mittels eines Beitrags einen Einblick in die Trainingswoche zu geben und um den Moderatoren der Sendung Interviews zu geben: live und nach dem Tanzen meist außer Atem. Es sollen persönliche Geschichten sein, die der Öffentlichkeit erzählt werden, Geschichten, die berühren und die Prominenten von einer ganz privaten Seite zeigen.

      Und genau das, dass ich diese private Seite zeigen muss, hat mich so lange zögern lassen, bei »Dancing Stars« mitzumachen. Es ist doch etwas ganz anderes, eine royale Sendung zu moderieren. Es können noch so viele Sendestunden sein (mein persönlicher Rekord beträgt neun Stunden live!), damit habe ich keine Probleme. Es ist auch ganz einfach erklärt. Bei Livesendungen stehen die Royals, über die es zu berichten gilt, und nicht ich als Person im Mittelpunkt. Oder glauben Sie tatsächlich, jemand habe über mich gesprochen, als Pippa, die bis dahin unbekannte Schwester von Kate Middleton, bei deren Hochzeit mit Prinz William am 29. April 2011 ihre schönste Rückenansicht zeigte? Diese war ins Rampenlicht gerückt und nahe dran, der frisch vermählten und zur Herzogin von Cambridge avancierten Kate die Show zu stehlen. Bei diesen Livesendungen steht mein Fachwissen im Vordergrund und nicht meine Person.

      So ganz stimmt das nicht, denn gerade bei der Hochzeit von William und Kate erregte der Hosenanzug in Winterweiß, den ich bei diesem Anlass trug, Aufmerksamkeit. Eine Zuschauerin schrieb an die Chefredaktion: »Frau Bischoff ist angezogen, als wäre sie selbst zur Hochzeit eingeladen. Wird denn ihr Designer-Hosenanzug mit unseren Gebührengeldern finanziert? … Ich habe die Sequenzen, wo der Hosenanzug nah zu sehen war, mit der Zeitlupen-Funktion mehrmals angeschaut und so wie das Revers genäht ist, kann dieses Outfit nur vom französischen Designer Yves Saint Laurent sein …«

      Gerne beantworte ich diese Mail der Zuseherin (Name der Autorin bekannt): »Sehr geehrte Frau …, es freut mich, dass Ihnen mein Hosenanzug gefallen hat. Er ist der beste Beweis, dass ein gut aussehendes Stück nicht von Designerhand sein muss. Ich habe ihn nämlich selbst genäht …«

      Doch zurück zu meiner mutigen Entscheidung, bei »Dancing Stars« mitzumachen. Die Sendungschefin traut meinem Ja offensichtlich nicht ganz und ruft mich am nächsten Tag an, um sich meine Zusage erneut bestätigen zu lassen. Ja, ich habe mich entschieden: Ich wechsle das Parkett – vom Society-Parkett aufs Tanzparkett.

      Es war nicht wirklich eine spontane Entscheidung. Ich befand mich nach dem Tod eines geliebten Menschen privat in einer Lebenssituation, in der ich mich sehr zurückgezogen hatte. Probleme, so heißt es, haben zu Unrecht einen schlechten Ruf. Sie sind der Weckruf für Veränderung. So war es bei mir. Der Weckruf schrillte in den höchsten Tönen. Nach den Jahren der Trauer wollte ich wieder hinaus ins Leben treten und das war – nach meiner Einschätzung – nur mit einer »Radikalkur« möglich. Ich verspürte die Lebenslust wieder in mir erwachen, wollte mein Leben nicht mehr nur vernünftig angehen, kein Leben der verschenkten Chancen leben.

      Das Leben leben. Ein Beispiel dafür war Axel Springer. Als sein 100. Geburtstag am 2. Dezember 2012 gefeiert wurde, hielt der Springer-Vorstandsvorsitzende Dr. Mathias Döpfner dem toten Verlagsgründer eine eindrucksvolle Rede: »Ein Heiliger waren Sie ja wohl nie. Eher Hedonist. Und, lieber Axel, Sie haben’s wenigstens krachen lassen! Sie haben Ihr Leben gelebt. Aus vollen Zügen genossen. Anders als die Vorsichtigen, die Taktierer. Die Vorsichtigen haben doch gelebt wie Kunstblumen. Praktisch, aber langweilig. Plastikblumen blühen immer, aber nie richtig. Und sie duften nicht. Die wirken verblüht, ohne je geblüht zu haben. Axel, Sie waren ein Immerblüher, der nach Leben roch! Immer alles nehmen. Aber eben auch immer alles geben. Sie waren maßlos. Maßlos leidenschaftlich. Und dafür liebe ich Sie.«

      Probleme, so heißt es, haben zu Unrecht einen schlechten Ruf. Sie sind der Weckruf für Veränderung.

      »Das Leben! Das Leben! Man gebe mir nur das Leben!«, schrie Madame du Barry, die Mätresse König Ludwigs XV., als sie am 8. Dezember 1793 auf dem Place de la Révolution in Paris die Stufen zum Schafott hochgeschleift wurde.

      Sie war damals eine dicke, kräftige Frau von fünfzig Jahren, und die Todesangst und die Wut darüber, dass man sie völlig unberechtigterweise hinrichten wollte, verlieh ihr zusätzliche Kraft. Nur mit größter Gewalt konnten die Henkersknechte sie bändigen, dazu waren fünf Kerle notwendig. Als man sie endlich bis vor das Blutgerüst gebracht hatte, konnte sie noch mehr Kräfte mobilisieren. Sie zerriss ihre starken Fesseln und versuchte zu fliehen.

      Nur wenige Sekunden, bevor das Beil fällt, schreit sie: »Nur noch eine Minute! Bitte, Herr Scharfrichter! Nur noch eine Minute!« Ihr Leben hat sie so geliebt, dass sie das Leben bis auf die letzte Sekunde auskosten wollte – ihr Leben, es konnte nicht lang genug sein.

      Lange wollte ich auf der sicheren Seite sein, doch der Ausbruch aus dem seelischen Hochsicherheitsgefängnis wurde Schritt für Schritt vom Schicksal geplant. Immer öfter stieß ich auf Literatur über genussvolles Leben. Der griechische Geschichtsschreiber Herodot überlieferte im 5. Jahrhundert vor Christus einen Brauch der Ägypter: »Wenn ein reicher Mann ein Gastmahl abgehalten hat, ließ er im Anschluss an das Essen einen Sarg herumtragen, in dem das hölzerne Bild einer Leiche lag. Das wurde jedem Zechgenossen mit der Aufforderung ›Den schau an, dann trink und sei fröhlich! Denn wenn du tot bist, wirst du genauso aussehen!‹ vorgehalten.«

      So wurde ich auch auf das Buch Wofür es sich zu leben lohnt des österreichischen Philosophen Robert Pfaller aufmerksam. »Eines ist ganz offensichtlich:«, schreibt er. »Wenn man ein Leben haben will, das seinen Namen verdient, dann darf man nicht unentwegt vernünftig oder erwachsen