starrten Lady Simpson, Butler Parker und Kathy Porter auf die sich füllende Tür, in der eine Gestalt erschien, langsam, vorsichtig, zögernd …
Hinter einem Mann, der Balton entfernt glich, erschien Inspektor Griffins. Er nahm die Seufzer der Erleichterung zur Kenntnis, die ihm entgegenschlugen, und baute sich am Tisch auf. Fast genießerisch betrachtete er das Trio.
„So sehe ich Sie am liebsten“, meinte er dann zufrieden. „Jetzt können Sie wenigstens keine Verwirrung anrichten.“
*
„Natürlich habe ich auch Hodners Supermarkt beobachten lassen“, berichtete Griffins eine Viertelstunde später, als Lady Simpson, Parker und Kathy Porter befreit waren. „Daß die Sache sich lohnte, merkten wir sehr schnell.“
„Dieses Subjekt von einem Balton erschien auf der Bildfläche?“ erkundigte sich die Detektivin.
„Balton und Tenby“, bestätigte der Inspektor. „Zu der Zeit waren Hodner und seine beiden Profis bereits dabei, das geheime Waffenlager unter dem Supermarkt auszuräumen. Sie verstauten die Waffen mit Hilfe zweier weiterer Männer auf einen Lastwagen.“
„Gehörte dazu vielleicht auch ein Mann mit hoher Stirnglatze?“ wollte Kathy wissen. Sie erinnerte sich des Volvofahrers.
„Der Leiter des Supermarkts“, gab Griffins zurück. „Hodner und seine Männer wurden von Balton und Tenby überrascht. Und es kam zu einer ganz netten Schießerei.“
„Ich will nicht hoffen, daß sie ohne Folgen blieb“, sagte Lady Simpson.
„Ein paar harmlose Fleischwunden“, berichtete Griffins weiter. „Zu! Ihrer Beruhigung, Mylady, Balton und auch Hodner haben sich gegenseitig angekratzt.“
„Mehr wäre besser gewesen“, sagte die streitbare Dame grimmig.
„Wir konnten also beide Waffenschieberbanden festnehmen“, beendete der Inspektor seinen Kurzbericht. „Unter dem Eindruck der Ereignisse haben Hodners Killer auch gleich zugegeben, daß sie Mister Parkers Berufskollegen Angels erschossen haben.“
„Und auf wessen Konto gehen die beiden anderen Campingbewohner?“ erkundigte sich der Butler.
„Auf den Mann mit der Stirnglatze und dessen Partner. Die Namen spielen hierbei keine Rolle, wahrscheinlich sind sie falsch und müssen erst, noch geklärt werden. Wir wissen aber, daß der Überfall auf diese Rockertypen draußen auf See ebenfalls auf das Konto der beiden Supermarktmännergeht. Ihr Kollege, Mister Parker, hatte wirklich Pech. Als er nämlich zufällig den Alkoholschmuggel beobachtete, gingen er und die beiden anderen: Campingbewohner ausgerechnet zu diesem Supermarktleiter und berichteten ihm davon. Was sie damit auslösten, dürfte ja inzwischen bekannt sein.“
„Eins ist mir unklar“, ließ Agatha Simpson sich vernehmen und wandte sich an ihren Butler. „Woher und seit wann wußten Sie, Mister Parker, daß Hodners geheimes Waffenlager sich unter dem Supermarkt der Wohnwagenstadt befand? Sie haben darüber nie auch nur eine Andeutung gemacht.“
„Eine Frage der Logik, Mylady“, behauptete Parker unverfroren, ohne eine Miene zu verziehen. „Es konnte nicht anders sein. Mister Hodners Waffenlager mußte sich in der Nähe der Küste befinden, also in der Wohnwagenstadt, die unverdächtig war. Zudem mußte dieses Lager sich in der Nähe der fünf jungen Schläger befinden, also, wie ich zu schlußfolgern mir erlaubte, unter dem Supermarkt.“
„Erstaunlich“, sagte Griffins anerkennend. „Aber warum haben Sie das nicht früher gesagt?“
„Jeder Denkprozeß, Sir, bedarf der Zeit“, redete der Butler sich heraus und übersah das ironische Zwinkern Kathy Porters, die seinen Schwindel wohl durchschaut hatte.
„Ich traue Ihnen nicht über den Weg“, grollte Lady Simpson zweifelnd. „Ich möchte wetten, daß Sie geblufft haben, aber ich kann es Ihnen nicht beweisen!“
„In der Tat, Mylady“, antwortete Parker.
„Was nun? Haben Sie geblufft, oder kann ich es Ihnen nicht beweisen?“
„Den Beweis werden Mylady schuldig bleiben müssen“, erwiderte der Butler höflich und gemessen.
„Hauptsache, die beiden Waffenhändlerbanden sind ausgeschaltet“, sagte Griffins, ungewollt dieses heikle Thema wechselnd. „Dank Parker hat Balton sich aus seinem Versteck hervorgewagt und ist zu Hodner gefahren. Mehr interessiert mich nicht. Jetzt werden wir hier an der Küste endlich wieder etwas Ruhe haben, oder werden Sie noch bleiben, Mylady?“
Diese Anspielung war mehr als deutlich.
„Natürlich werden wir noch bleiben“, sagte Agatha Simpson, „Vergessen Sie nicht, daß Mister Parker drei Wohnwagen gemietet hat! Ich werde mich jetzt dem Campingleben für ein paar Tage hemmungslos in die Arme werfen.“
„Bitte, Mylady“, beschwor Griffins die streitbare Dame, „bitte, nicht hemmungslos!“
*
Sie waren typische Rocker wie aus dem Bilderbuch.
Sie hatten sich vor dem Campingtisch aufgebaut, hinter dem Lady Simpson ihren Nachmittagstee trank. Neugierig kamen sie näher und wollten sich dieses alte Fossil, wie sie dummerweise laut geäußert hatten, mal aus der Nähe ansehen.
Die Kerle hatten Kabelenden in den Händen, Totschläger und sogar eine schallgedämpfte Schußwaffe. Sie wollten beeindrucken und Angst erzeugen.
Was ihnen jedoch nicht so recht gelang.
Lady Simpson zeigte sich wenig beeindruckt.
Josuah Parker, der neben ihr war, servierte gerade einen Kreislaufbeschleuniger, das heißt, er wollte es tun, als die beiden Rocker erschienen.
„Kann man etwas für Sie tun?“ erkundigte sich Parker in gewohnt höflicher und korrekter Weise.
„Ihr stört uns“, sagte einer der beiden Rocker lässig wie der negative Held eines Gangsterfilms.
„Das beruht durchaus auf Gegenseitigkeit“, erwiderte Parker gemessen.
„Der alte Knabe wird frech“, meinte der zweite Rocker.
„Bringen wir ihm doch mal Manieren bei“, ließ der erste Rocker sich vernehmen und spielte mit seinem Kabelende.
„Manieren! Das ist das Stichwort!“ Lady Simpson erhob sich grollend zu ihrer ganzen majestätischen Größe. Dann war sie dem ersten Rocker die Zuckerdose und dem zweiten Rocker das Milchkännchen an den Kopf.
Die Getroffenen zeigten sofort Wirkung, denn Agatha Simpson war noch bemerkenswert sportlich.
„Räumen Sie diese Lümmel weg“, forderte sie dann ihren Butler auf.
„Ich möchte mir die Aussicht auf die See nicht versperren lassen.“
„Wie Mylady befehlen“, erwiderte der Butler. „Ich werde sofort abservieren.“
Dann machte er sich an die Arbeit, um die beiden knieweichen Rocker diskret zu entfernen. Myladys Wunsch war ihm stets Befehl.
ENDE
Günter Dönges
Killer für zwei schlanke Beine
Das Wetter war alles andere als angenehm.
Kathy Porter, die attraktive Gesellschafterin Lady Agathas, saß am Steuer ihres Mini-Cooper und war auf der Heimfahrt nach London. Es goß aus Kübeln. Der Regen peitschte gegen die Windschutzscheibe. Die Sicht war scheußlich und ließ kein schnelles Fahren zu.
Kathy hatte das Autoradio eingeschaltet und dachte nicht daran, sich leichtfertig den Hals zu brechen. Von Reading aus hatte sie Josuah Parker verständigt und ihm ihr späteres Ankommen angekündigt. Der Butler hatte sie beschworen,