Mister Hodner“, schloß Josuah Parker in seiner gemessenen und höflichen Art. „Könnte es nicht sein, daß auch er mit Waffen handelt? Der Handel damit dürfte meiner bescheidenen Ansicht nach einen größeren Gewinn abwerfen als der mit geschmuggeltem Whisky.“
*
Die grellen Lichtblitze ließen Kathy Porter wach werden.
Geschult blieb sie regungslos liegen, wartete erst mal, bis ihre Gedanken und Empfindungen sich gesetzt hatten und sie zu deuten vermochte, daß man sie fotografierte.
Sie hörte ein wohlbekanntes Klicken, das zu einem Kameraverschluß gehörte. Der Fotograf befand sich dicht über ihr.
Kathy erinnerte sich an diesen Mann, der kurz vor dem Einschlafen ihr komfortables Gefängnis betreten hatte. Was er sich von den Aufnahmen versprach, konnte Kathy nur ahnen.
Sie zuckte zusammen, als sie seine Hände auf ihrem nackten Körper fühlte. Dann stöhnte sie leise und drehte sich herum, zog das linke Bein dekorativ an und kuschelte sich im Kissen zurecht. Kathy hoffte, daß Hodner nicht mißtrauisch wurde und merkte, daß sie bereits hellwach war.
Er blieb auch ahnungslos, war aber mit ihrer jetzigen Lage nicht ganz einverstanden, berührte Kathy erneut mit klebrigen Fingern, bewegte ihre Glieder und schob die junge Dame in eine Pose, die seinem Geschmack entsprach.
Die grellen Lichtexplosionen wurden etwas schwächer. Hodner war offensichtlich um das breite Bett herumgegangen und interessierte sich jetzt für ihre Rückenpartie. Nun riskierte Kathy vorsichtig das Öffnen der Augen.
Sie hatte sich nicht getäuscht.
Im Wandspiegel sah sie Dan Hodner. Er hatte sich das Jackett ausgezogen und die Krawatte gelockert, fotografierte wie besessen und schien es darauf angelegt zu haben, jeden Quadratzentimeter ihrer Haut auf den Film zu bannen. Wahrscheinlich sammelte er Erinnerungen dieser Art.
Der Spiegel sagte aber noch weit mehr aus.
Hodner war allein, er hatte auf die Anwesenheit seiner beiden jungen Leibwächter verzichtet. Damit befand er sich in großer Gefahr, denn Kathy war ganz sicher nicht ein harmloses Mädchen.
Sie seufzte, dehnte und reckte sich, rieb sich die Augen und setzte sich unvermittelt auf.
Hodner war seitlich zurückgetreten und beobachtete sie gespannt. Kathy übersah ihn zuerst, tat erschreckt, als sie an sich hinunterschaute, zog hastig die Seidendecke über ihren nackten Körper, schaute sich um und – starrte Hodner an.
„Nur nicht nervös werden“, sagte der Mann und trat vor. Der Dicke mit dem breitflächigen Gesicht und den kalten Augen bemühte sich um Freundlichkeit. „Alles in Ordnung, Kathy.“
„Wie komme ich hierher?“ Sie zog die Beine an und rutschte dann mit samt der schützenden Seidendecke zum Kopfende des Bettes.
„Wissen Sie denn nicht, daß man Sie entführt hat?“
„Entführt?“ Sie strich sich über die Stirn.
„Einer meiner Leute hat da Blödsinn gemacht“, log Hodner. „Er schleppte Sie plötzlich ran. Was sollte ich tun? Sie waren ziemlich groggy, Kleines. Ich mußte mich um Sie kümmern.“
„Seit wann bin ich hier?“
„Anderthalb Stunden, aber keine Angst, Ihnen passiert überhaupt nichts. Sobald Sie wieder auf den Beinen sind, können Sie gehen.“
„Dann gehe ich sofort!“ Kathy stand auf, ließ die Seidendecke gekonnt ein wenig über ihre nackten Schultern rutschen, fing sie hastig wieder auf und wickelte sich dann ein.
„Nur nichts überhasten“, sagte Hodner.
„Mylady wartet bestimmt auf mich, Mister Hodner.“
„Wollen Sie tatsächlich zu ihr zurück? Sie wissen, ich habe Ihnen einen besseren Job zu bieten.“
„Sie wissen doch überhaupt nicht, ob ich begabt bin.“
„Ich weiß nur, daß Sie verdammt sexy sind.“ Er hob die Kamera an, die er bisher auf dem Rücken versteckt hielt, worauf Kathy entsetzt reagierte.
„Sie haben mich fotografiert?“
„In allen Lagen“, meinte er und lächelte zweideutig. „Prächtige Aufnahmen, Kathy, um die sich gewisse Magazine reißen werden!“
„Ich soll für Sie als Modell arbeiten?“ Sie legte Empörung in ihre Stimme.
„Sie sind’s schon, Kathy. Und jetzt möchte ich rausbekommen, was wirklich mit Ihnen los ist.“
„Wie meinen Sie das?“ Ihre gespielte Angst steigerte sich. Sie sah ihn aus großen, verschreckten Kinderaugen an, als er auf das breite Bett zukam.
Genußvoll griff er nach der leichten Decke und riß sie ruckartig aus ihren Händen.
Dann krabbelte er wie ein großes, tolpatschiges Baby auf das Bett und wollte sich mit Kathy beschäftigen. Das sah derart komisch aus, daß die junge Dame sich zusammenreißen mußte, um nicht in lautes und amüsiertes Lachen auszubrechen.
Dann allerdings langte sie zu und benutzte die Kante ihrer linken Hand, worauf Hodner leicht aufgrunzte, die Augen verdrehte und sich ausstreckte, um die Weichheit des Bettes nun selbst zu testen.
Kathy Porter sprang auf und suchte nach einer Waffe.
Sie fand sie im Jackett des Gangsters. Es handelte sich um einen kurzläufigen 38er, mit dem sie umzugehen verstand. Sie huschte zur Tür und war erleichtert, sie unverschlossen zu finden. Zögernd trat Kathy in einen langen Kellergang, der spärlich beleuchtet war. Hier war es empfindlich kühl und feucht. Das Klima entsprach schon mehr dem, was sie in ähnlichen Situationen erlebt hatte. Immerhin war sie nackt und wollte sich nicht die Zeit nehmen, lange nach geeigneten Kleidungsstücken zu suchen. Vielleicht hätte sie damit nur wertvolle Zeit verloren.
Sie hatte den Gang halb hinter sich gebracht, als sie Schritte und Stimmen hörte.
Kamen die beiden Profis zurück?
Kathy sah sich verzweifelt nach einem geeigneten Versteck um und entschied sich für eine Tür, die sie gerade passiert hatte. Sie huschte schleunigst zurück, drückte die Klinke hinunter und öffnete vorsichtig.
Dunkelheit schlug ihr förmlich entgegen.
Kathy streckte die Arme aus, tastete sich vor und – stieß mit dem rechten Knie gegen eine leere Blechdose.
Das Blech schepperte wie eine heisere Schiffsglocke. Lauter hätte Kathy sich überhaupt nicht bemerkbar machen können. Sie hörte hinter sich ein lautes Auflachen, wirbelte herum und schloß geblendet die Augen. Grelles Licht machte sie für Sekunden völlig blind.
Zum Zeichen der Aufgabe hob sie beide Arme.
Kathy wußte, daß sie das Spiel verloren hatte.
*
Die Polizeistation sah mitgenommen aus. Das Tor hing in abenteuerlich aussehenden Fetzen windschief in den Angeln.
Die Fenster der umliegenden Häuser waren samt und sonders vom Luftdruck der Detonation zerschmettert worden. In der Wand des Zellenanbaus gähnte ein großes, brandig aussehendes Loch. Hier mußte der Sprengstoff besonders gewirkt haben. Man konnte in einige Zellen hineinsehen.
„Ein Wunder, daß nicht mehr passiert ist“, sagte Inspektor Griffins. Er ging mit Lady Simpson und Josuah Parker durch die Absperrung der uniformierten Beamten und deutete auf die angeknackte Zelle neben dem brandigen Loch in der Wand. Die Trennwand zwischen diesen beiden Zellen war eingerissen. „Dort saß Ray.“
„Was ist ihm passiert?“ fragte Agatha Simpson ohne jedes Mitgefühl.
„Ein paar Knochenbrüche, Gehirnerschütterung und dann einen Schock hat er weg“, sagte Griffins.
„Und wo befanden sich Bobby und Lern?“ wollte der Butler wissen.
„Oben im ersten Stock. Die