Günter Dönges

Butler Parker Paket 3 – Kriminalroman


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dieser Kugelschreiberwaffe jagte ein kleines Explosivgeschoß hervor, das auf der Wind- und Spritzscheibe des Bootes landete.

      Die Wirkung war verblüffend und verheerend zugleich.

      Die Windschutzscheibe flog auseinander und verunsicherte zumindest den Mann am Steuer. Das Motorboot geriet sofort aus dem geplanten Kurs und legte sich in eine geradezu haarsträubende Spitzkurve. Der Rudergänger mußte das Steuerrad jäh herumgerissen haben.

      Parker bemühte inzwischen einen weiteren Kugelschreiber und half den Nebelschleiern zu unverhoffter Dichte. Nachdem er auch dieses Geschoß aus dem Schreiber abgefeuert hatte, wurden die leichten Schleier zu einer schier undurchdringlichen Nebelwand.

      Irgendwo in diesem Nebel kurvte das mordende Motorboot herum und versuchte sich zu orientieren. Parker hatte den Außenborder seines Schlauchbootes voll aufgedreht und steuerte in den dichten Nebel hinein. Mit etwas Glück gelang es ihm vielleicht, dem geplanten Rammen zu entgehen.

      Leider hatte Parkers persönlicher Schutzengel in dieser Nacht Ausgang.

      Der Butler preschte genau auf den Bug des Motorbootes zu und sah sich gezwungen, das Schlauchboot zu verlassen, was er nicht ohne Würde tat. Mit der Bambuskrücke seines Universal-Regenschirms hielt er sich die schwarze Melone auf dem Kopf fest und stieg ins Wasser.

      Sein Schlauchboot wurde förmlich auf die Hörner genommen und in der Luft zerfetzt.

      Parker ging auf Tauchstation, um der Schraube des Bootes zu entkommen, und war ganz zufrieden damit, daß seine Kleidung, die schwer und kompakt war, ihm dabei half. Sie zog ihn steil nach unten.

      Dicht über seiner Melone hörte er das Geräusch der wütend drehenden Schraube. Es entfernte sich, kam aber sofort wieder zurück. Man wollte ihn nicht entkommen lassen. Er sollte eindeutig ermordet werden!

      Parker war damit nicht einverstanden und freute sich, entsprechende Vorsorge getroffen zu haben.

      Für die nächtliche Wasserfahrt hatte er sich ein Rettungsgerät der Marine verschafft, eine kleine Patrone, wie sie von U-Boot-Fahrern benutzt wird, falls sie gezwungen sind, ihr Boot unter Wasser zu verlassen. Parker, der Panik so gut wie überhaupt nicht kannte, bediente sich dieser nützlichen Einrichtung.

      Er legte sich die Klammer an, die seine Nasenlöcher hermetisch dicht abschloß. Dann spuckte er übernommenes Wasser aus und schloß seine Lippen um den zigarrenlangen Blechzylinder, der wenigstens für drei bis vier Minuten Sauerstoff enthielt.

      Er hütete sich, zurück zur Wasseroberfläche zu stoßen, blieb auf Tauchstation und sorgte für den richtigen Auftrieb, um nicht zu tief nach unten zu sinken.

      Die Schraube des Motorbootes blubberte noch mal über ihn hinweg und entfernte sich dann.

      Oben im Motorboot mußte man inzwischen sicher sein, daß er ertrunken war. Ohne Hilfsmittel konnte selbst ein sehr geübter Schwimmer nicht so lange unter Wasser bleiben.

      Parker machte mit den Beinen einige energische Schwimmstöße und tauchte auf. Seine Ruhe und Beherrschung während dieses ganzen Vorgangs waren frappierend. Er schien nur eine Testaufgabe in einem großen Wassertank absolviert zu haben. Die wirklich einsame Spitzenklasse dieses Mannes hatte sich erneut bewiesen.

      Das Motorboot war nicht mehr zu sehen, das Motorengeräusch verlor sich jenseits der dichten Nebelbank in der Nacht. Die unmittelbare Gefahr war vorüber.

      Dafür hörte der Butler erstickte Schreie und Hilferufe. Sie stammten wohl von den drei jungen Männern, die er hier auf See diskret beschattet hatte.

      Parker machte sich daran, Erste Hilfe zu leisten.

      *

      Kathy Porter war fast angenehm überrascht, als sie sich in ihrem Gefängnis umsah.

      Das fensterlose Behältnis war freundlich tapeziert, mit Teppichen ausgelegt und wies ein Bett auf, das an eine große Spielwiese erinnerte. Es war mehr als angenehm warm. Selbst in dem kurzen Nachtshorty, das sie trug, kam der Raum ihr überhitzt vor.

      Sie ging auf eine schmale, nur angelehnte Tür zu, die in einen Baderaum führte, der mit allen Raffinessen ausgestattet war. Nachdem sie einen kurzen Blick hineingeworfen hatte, interessierte sie sich für den Beistelltisch am Fußende des breiten Bettes.

      Dort standen einige Flaschen, Gläser und eine Thermosbox mit Eiswürfeln.

      Kathy Porter nagte nachdenklich an ihrer Unterlippe. Sie hatte Durst und Kopfschmerzen, die von dem Schlag mit dem Schußwaffenlauf herrührten, und ein sehr schlechtes Gefühl in der Magengegend. Erstaunlicherweise wäre ihr ein niedriger, feuchter und dunkler Keller erheblich lieber gewesen. Dieser Raum hier drückte eine Eindeutigkeit aus, die nicht zu übersehen war. Wollte man sie als Gespielin für anregende Stunden festhalten?

      Neben einer Flasche entdeckte sie ein Röhrchen mit Kopfschmerztabletten.

      Ihr Gastgeber hatte wirklich an alles gedacht. Ihrer Ansicht nach könnte dieser ominöse Mann nur Dan Hodner sein. Warum er sie hatte entführen lassen, vermochte sie nur zu ahnen. Hatte er sie im Verdacht, die Verfolgung der Schützen in der Hotelbar bewußt vereitelt zu haben?

      Ihre Kopfschmerzen verlangten gebieterisch nach Abhilfe.

      Sie schraubte den Verschluß des Röhrchens auf, schüttete sich eine Tablette in die Hand und spülte sie mit einem Schluck Eiswasser hinunter – und hatte plötzlich Bedenken, richtig gehandelt zu haben. Irgendwie kam ihr der Verdacht, daß man sie unter Drogenwirkung setzen wollte. Sie kannte gewisse Tricks gewisser Herren.

      Kathy wanderte unruhig im Zimmer herum und suchte unauffällig nach versteckt angebrachten Kameras oder Gucklöchern. Möglicherweise waren auch Mikrofone angebracht.

      Dann spürte sie die Müdigkeit, die in ihr hochkroch.

      Sie gähnte, fuhr sich über die inzwischen schwer gewordenen Augenlider und steuerte auf das einladende Bett zu. Natürlich war die Tablette eine Droge gewesen, jetzt wußte sie es mit letzter Sicherheit. Der Kopfschmerz war verschwunden, dafür aber fühlte sie sich wie auf weichen Wolken.

      Sie kam gegen die Müdigkeit nicht an, legte sich nieder und zog die Seidendecke über sich. Wohlige Gleichgültigkeit erfaßte sie. Was sollte ihr schon groß passieren?

      Sie hörte plötzlich leise, fast schleichende Schritte.

      Kathy Porter hatte Mühe, die Augen noch mal zu öffnen. Wie durch einen milchigen Schleier sah sie am Fußende des Bettes Dan Hodner, der sie kühl und schweigend anstarrte, dann nach der Seidendecke griff und sie fast genußvoll von Kathys Körper zog. Er nahm sich dabei viel Zeit und schien diesen Vorgang sichtlich zu genießen.

      *

      Parker hatte sein nächtliches Abenteuer gut überstanden. Er war von einem Polizeiboot aufgefischt worden und hatte trockene Kleidung angelegt. Er sah korrekt aus wie immer.

      Parker hatte nur noch einen der drei jungen Männer retten können, die beiden anderen waren ertrunken. Der Gerettete hieß Bobby und war der Schläger, dessen Schneidezähne seit seiner Begegnung mit Parker nicht ganz in Ordnung waren.

      Griffins hatte auch die beiden anderen Rowdies geschnappt. Ray, der junge Mann mit dem lädierten Knie, und Lern, der Mann mit den zwei eingegipsten Fingern, saßen zusammen mit Bobby in einer Polizeizelle. Der Vorwand für eine vorläufige Festnahme war von Griffins schnell und legal gefunden worden. In den beiden Wohnwagen der Schläger hatten sich einige Kartons geschmuggelten Whiskys gefunden.

      „Die drei Burschen sind völlig geschockt“, berichtete Inspektor Griffins. „Mit dem Tod ihrer Freunde hatten sie sicher nicht gerechnet.“

      „Haben sie schon Aussagen zur Sache gemacht?“ wollte Parker wissen.

      „Sie haben den Whiskyschmuggel zugegeben“, erwiderte Griffins, „aber von einer Zusammenarbeit mit Dan Hodner wollen sie nichts wissen. Sie streiten ab, für ihn geschmuggelt zu haben.“

      „Weil diese Lümmel Angst haben, ebenfalls noch ermordet zu werden“, stellte Agatha Simpson fest.

      „Bestimmt,