Günter Dönges

Butler Parker Paket 3 – Kriminalroman


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möchte mich zwar nicht festlegen, Mylady, doch ich vermute, daß mit seiner Ermordung Spuren verwischt werden sollten. Dan Mulligan sollte Ihnen und meiner bescheidenen Wenigkeit immerhin Auskünfte liefern. Das scheint der Mörder geahnt zu haben.«

      »Demnach stehen also auch wir auf der Liste des Mörders?«

      »Mit einiger Sicherheit, Mylady.«

      »Das klingt gut«, stellte die Detektivin fest, ohne im geringsten beeindruckt zu sein. »Der Mörder wird aus seiner Anonymität hervortreten müssen.«

      »Falls er es nicht vorzieht, aus dem Hinterhalt heraus zu schießen, Mylady, womit leider zu rechnen ist.«

      »Lassen Sie sich dagegen etwas einfallen«, entschied Agatha Simpson in gewohnter Vereinfachung und sah ihren Butler dabei streng an. »Ich hoffe, Sie lassen sich von diesem Strolch nicht einschüchtern.«

      »Ich werde mich bemühen, Myladys Vertrauen zu rechtfertigen«, versprach der Butler und ging ans Telefon, um die Polizei zu verständigen. Es dauerte eine Weile, bis die Gegenseite endlich begriffen hatte. Man versprach, einen Beamten vorbeizuschicken.

      »Sehr gut scheint das zuständige Revier für Montrose nicht besetzt zu sein«, freute sich die Sechzigjährige, als Parker von seinem Gespräch berichtete. »Sie werden einen völlig unfähigen Beamten schicken, der wahrscheinlich noch nie mit einem Mord zu tun hatte.«

      Nun, Lady Simpson lag noch nicht mal so schlecht mit ihrer Voraussage.

      Nach etwa fünfzehn Minuten hielt ein Polizeistreifenwagen vor dem Hotel, dem ein Zivilist entstieg, der bald darauf von Agatha Simpson und Josuah Parker empfangen wurde.

      »Detective Sergeant Nelson«, stellte er sich vor. Nelson war ein harmlos aussehender Mann, der an einen Rentner erinnerte. Störend an ihm war nur der Revolver, auf dessen Lauf ein moderner und leistungsfähiger Schalldämpfer saß, der zwischen Lady Simpson und Parker hin und her pendelte.

      »Muß ich Ihre Handlungsweise als einen feindlichen Akt interpretieren?« erkundigte sich der Butler in seiner unnachahmlich würdevollen Art.

      »Unbedingt«, gab der Mann zurück, der unmöglich Polizist sein konnte. Er lächelte dünn, doch seine Augen blieben kalt. »Die drei Postkarten, die Sie Mulligan abgenommen haben! Beeilung, ich warte nicht gern!«

      »Was soll das heißen, Sie Lümmel?« brauste die ältere Dame streitlustig auf.

      »Daß Sie nur noch wenige Sekunden zu leben haben, wenn Sie mir die drei Postkarten nicht geben«, antwortete der Mann. Bevor Lady Simpson sich auf ein Streitgespräch mit dem Mann einlassen konnte, deutete der Butler auf den kleinen Wandtisch, wo die bewußten drei Karten lagen. Parker merkte, daß dieser Mann keineswegs scherzte.

      Der Mann, der weder Rentner noch Polizist war, lief erstaunlich geschmeidig zum Wandtisch hinüber und nahm die drei Ansichtskarten an sich. Erstaunlicherweise fragte er nicht nach dem Diamantring. Josuah Parker fühlte sich seinerseits nicht verpflichtet, davon zu sprechen. Takt und Zurückhaltung waren schon immer seine Stärken gewesen.

      »Vergessen Sie mich ganz schnell«, schlug der Mann vor, während er zur Tür zurückwich, »und hauen Sie von hier ab, noch in dieser Nacht! Ich gebe Ihnen eine Stunde!«

      »Ich werde Mylady nach Aberdeen zurückbringen«, versprach der Butler höflich.

      »Wie haben Sie’s eigentlich geschafft, Mulligan außer Gefecht zu setzen?« fragte der Mann, der jetzt schon an der Tür stand. Er konzentrierte sich auf den Butler.

      »Sprechen Sie von jenem Mann, der Mylady in der Loge der Music hall belästigte?«

      »Natürlich. Spielen Sie mir nur nichts vor! Ich weiß Bescheid.«

      »Könnte hier nicht eine Verwechslung vorliegen?« erkundigte sich der Butler gemessen. »Mylady hatte die Absicht, an der Küste ein wenig zu entspannen.«

      Der Mann wußte wohl doch nicht so recht Bescheid, zögerte, schätzte das skurril aussehende Duo ab, kam zu keinem Resultat und wirkte irritiert. Agatha Simpson und Josuah Parker sahen ja auch wirklich nicht aus wie Profis.

      »Sieht tatsächlich so aus«, sagte der Mann schließlich, »da muß was falsch gelaufen sein. Aber verschwinden Sie! Und zu keinem Menschen ein Wort, wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist!«

      Lady Simpsons Herz spielt von diesem Augenblick an nicht mehr so recht mit, wie deutlich zu sehen war. Sie griff an ihren wogenden Busen, suchte ihr Herz und sackte dann auf einen Stuhl.

      Der Eindringling ließ sich ablenken, zumal die Detektivin wirklich eine erstklassige Schauspielerin war, doch Josuah Parker nutzte keineswegs die Chance, die Mylady ihm verschaffte. Dieser Mörder war nicht zu übertölpeln.

      »Gestatten Sie, daß ich mich um Mylady kümmere?« erkundigte er sich bei dem Eindringling.

      »Bringen Sie das alte Mädchen in Schwung und brausen Sie ab nach Aberdeen«, sagte der Mann eindringlich. »Sie haben eine Stunde Zeit!«

      *

      »Sie sind eine herbe Enttäuschung für mich«, beschwerte sich Lady Simpson, als sie mit Parker wieder allein war. Von einem kleinen Herzanfall konnte keine Rede mehr sein, sie wirkte sehr agil und war verärgert.

      »Mylady und meine bescheidene Person schwebten in akuter Lebensgefahr«, stellte der Butler richtig. »Dieser Mann wäre nicht zu übertölpeln gewesen.«

      »Wo bleibt Ihr Schwung, Mister Parker?« Sie sah ihn streng an.

      »Mylady werden den vermißten Schwung bald wieder registrieren können«, versicherte der Butler höflich, »übrigens innerhalb der kommenden Stunde.«

      »Sie wollen doch wohl nicht die Flucht ergreifen, Mister Parker.«

      »Sehr wohl, Mylady.«

      »Da spiele ich aber nicht mit. Wir kennen diesen Mörder und werden ihn jagen, Mister Parker! Das dürfte doch jetzt keine Schwierigkeiten mehr bereiten.«

      »Der Mörder Mister Mulligans wird sich freiwillig stellen, Mylady.«

      »Sie brauchen mir keinen Sand in die Augen zu streuen.«

      »Aber dem Mörder, Mylady. Wenn es gestattet ist, werde ich mir die Freiheit nehmen, Mylady meinen bescheidenen Plan zu entwickeln.«

      »Das klingt schon besser.« Sie sah ihren Butler endlich wieder hoffnungsfroh an. Josuah Parker konnte Mylady überzeugen.

      »Das klingt ja recht erfreulich«, meinte sie unternehmungslustig. »Worauf warten wir noch?«

      Agatha Simpson brauchte nicht lange zu warten. Es dauerte nur eine halbe Stunde, bis sie in Parkers hochbeinigem Wagen saß, einem ehemaligen Londoner Taxi, das nach den sehr ausgefallenen Wünschen und Vorstellungen Parkers umgebaut worden war, ohne dabei aber sein typisches Äußeres zu verlieren. Dieser Privatwagen war im Grund nichts anderes als eine raffinierte Trickkiste auf vier Rädern.

      Selbst als sie losfuhren, war von der wirklichen Polizei noch immer nichts zu sehen. Mulligans Mörder mußte es auf eine durchtriebene Art verstanden haben, die Behörden auszuschalten. Parker konnte nur hoffen, daß es ohne Blutvergießen geschehen war.

      Stocksteif, als habe er einen Ladestock verschluckt, saß der Butler am Steuer seines hochbeinigen Monstrums, während Mylady im Fond Platz genommen hatte. Der Butler benutzte die Ausfallstraße in Richtung Aberdeen und war sicher, daß ihre Abfahrt sehr genau registriert wurde. Er rechnete mit einem Überfall, mit einem Mordversuch, der Täter lauerte sicher an der Straße, um sein Werk zu vollenden. Wahrscheinlich legte er es darauf an, einen Doppelmord als Unglücksfall hinzustellen.

      Eine Leiche vor dem Hotel mußte ihm gereicht haben. Die nächsten beiden Toten sollte man weitab von Montrose irgendwo an der Straße finden. Dadurch lenkte er die Polizei von dem hübschen kleinen Ferienort ab.

      Was dieser Mörder genau plante, konnte der Butler nur vermuten. Ein angeblich tödlich verlaufener Unglücksfall ließ sich auf viele Art und Weise arrangieren. Parker traute dem Mörder