in der jeder im übertragenen Sinn sein Süppchen kochen konnte.
Auf die Rückkehr von Kathy hatte man allerdings gewartet.
Sie fuhr überrascht zusammen, als im dunklen Hausflur plötzlich eine Gestalt auftauchte, die identisch war mit jenem Mann, den sie in ihrer Garderobe gesehen hatte und der sich Lester Bentley nannte. Es war der Mann, vor dem der Inhaber der Music hall solche Angst hatte.
»Hallo, Miß Kelly«, sagte er lächelnd, »netter Zufall, Sie gerade jetzt zu sehen.«
Kathy Porter zuckte mit keiner Wimper. Sie arbeitete hier unter dem Namen Anne Kelly und besaß selbstverständlich auch die entsprechenden Papiere.
»Mr. Bentley, nicht wahr?« fragte sie zurück.
»Lester Bentley«, erwiderte der große, schlanke Mann, »haben Sie ein paar Minuten Zeit für mich. Ich muß Ihnen einen Vorschlag machen.«
»Ich weiß nicht recht«, zögerte Kathy, »es ist schon ziemlich spät, Mr. Bentley?«
»Wenn es um die Zukunft geht, ist es nie zu spät«, meinte Bentley und lächelte. »Keine Sorge, Miß Kelly, ich will Sie bestimmt nicht verführen.«
»Muß ich deswegen jetzt sehr enttäuscht tun?« fragte Kathy kokett zurück.
»Wie Sie wollen, Miß Kelly. Ich bin Manager und vermittle Artistennummern an Varietés und Musik halls. Ich habe Sie heute als Nummerngirl gesehen und dann danach. Nein, nein, zieren Sie sich nicht! Eine Frau wie Sie muß einfach umsteigen.«
»Auf was?«
»Sie könnten Karriere machen, Miß Kelly. Ich kann Ihnen bereits eine erste Chance bieten, die Nummernschilder für immer loszuwerden.«
»Das klingt gut.«
»Besprechen wir das irgendwo. Hier im Korridor zieht’s ja wie Hechtsuppe.
Ich denke, Kelson wird uns sein Büro zur Verfügung stellen.«
Kathy Porter überlegte blitzschnell und war sehr mißtrauisch. Wer dieser Mann war, wußte sie natürlich nicht, aber ein Manager und Künstler-Agent war er ganz sicher nicht. Solche Leute pflegten eine Schußwaffe nicht fachmännisch zu halten. Was wollte er von ihr? War er mißtrauisch geworden? Gehörte er etwa zu dem Mann, den sie auf der dunklen Straße vor dem Hotel getroffen hatte? War Ihr Inkognito gelüftet? Hatte sie es bereits mit der Gegenseite zu tun, an die Lady Simpson und Butler Parker sich immer noch mühsam heranpirschten?
Sie war mutig und beschloß die Chance zu nutzen.
»Ich könnte Sie mit einem Mann zusammentun, der eine Assistentin sucht«, redete Bentley inzwischen weiter. »Es handelt sich um Cardano, den Magier der Hölle.«
»Nie gehört«, gestand Kathy ehrlicherweise.
»Hätte mich auch gewundert«, sagte Bentley, während er zusammen mit Kathy durch den langen Verbindungskorridor hinüber zur Music hall ging. »Der Mann ist gerade vom Kontinent gekommen, hat hier auf der Insel noch nie gearbeitet.«
»Und was müßte ich als seine Assistentin tun?«
»Die üblichen Vorbereitungen für die Zaubernummern und dann auf der Bühne die nötigen Handreichungen. Cardano wird Ihnen dann eine Reihe von Tricks beibringen, damit Sie richtig mitarbeiten können.«
»Ich glaube, daß ich nur eine schlechte Zauberin sein werde«, antwortete Kathy.
»Vielleicht sind Sie ein gutes Medium«, redete Bentley weiter auf sie ein. »Überlassen wir Cardano das Urteil! Ich kann Ihnen aber schon jetzt versprechen, daß Sie erstklassig verdienen werden.«
Sie hatten das Bühnenhaus der Music hall erreicht, in dem die Büros und Garderoben untergebracht waren.
Bentley steuerte das Büro von Ernie Kelson an, öffnete die Tür und ließ Kathy eintreten.
Noch brannte auf dem Schreibtisch nur eine einfach Lampe, die kaum Licht spendete und den Raum überhaupt nicht ausleuchtete. Sekunden später schaltete Bentley jedoch das Deckenlicht ein. In diesem Augenblick erkannte Kathy, daß man sie in eine Falle gelockt hatte.
*
Sechs ausgewachsene, gefleckte Doggen, die im Licht der beiden im Wind schaukelnden Lampen wie Raubtiere aussahen, knurrten. Sie standen dicht nebeneinander am Drahtgitter und nahmen die beiden Männer in Augenschein.
Josuah Parker merkte nur zu deutlich, daß sich alles in dem Mörder Dan Mulligans verkrampfte. Weglaufen konnte der Mann nicht, denn der Butler hielt ihn am Oberarm eisern fest und führte ihn noch näher an das Gitter heran.
Störungen brauchte Parker nicht zu befürchten.
Lady Simpson befand sich im Farmgebäude und führte eine Unterhaltung mit dem Ehepaar, dem die Hundezucht gehörte. Auf sie konnte Parker sich verlassen. Seine Herrin schaffte es stets mit der linken Hand, Leute auf ihren Sitzen festzunageln. Sie war eine ergiebige Plaudertasche, wenn es erforderlich war.
Sie hatten ihren Butler angeblich allein zum Zwinger beordert, damit er die Doggen in Augenschein nehmen konnte. Vom Farmhaus aus war dieser Zwinger nicht einzusehen.
»Ich hoffe, Sie besitzen ausreichend Phantasie«, sagte Parker höflich und drängte den Mörder noch näher an das Drahtgitter heran. »Als Liebhaber von Hunden hätte ich nicht übel Lust, Sie diesen Tieren anzubieten, um es mal höflich zu umschreiben. Sie hätten den kleinen Hund nicht derart brutal zusammenschlagen dürfen.«
»Machen Sie keinen Blödsinn, Parker«, schnaufte der Mörder und drängte zurück.
»Ganz gewiß nicht, Mister …? Wie war doch Ihr Name?«
»Bilden Sie sich etwa ein, mich ausholen zu können?« Der Killer lachte gequält, aber nicht lange, denn Parker hatte den Killer so weit gegen das Gitter geschoben, daß eine der Doggen zuschnappte. Das Drahtgitter verhütete zwar eine echte Bißwunde, doch der Hosenboden des Mörders wurde von einem Hundezahn erfaßt und in Stücke gerissen.
Ralph Barvas brüllte entsetzt auf und drängte vom Gitter weg. Dabei blieb das Stück Hosenboden am Reißzahn der Dogge hängen. Barvas fühlte frische Abendluft auf seiner nackten Haut.
»Ich bin sicher, daß ich mich vergessen werde«, gestand Josuah Parker dem Killer und blickte für einen Moment auf die Doggen, die selbst jetzt nicht bellten, was den unheimlichen Eindruck nur noch verstärkte. Die kalbgroßen Tiere standen wieder aufmerksam und erwartungsvoll am Drahtgitter und warteten auf weitere Spenden.
»Sie wollen mich doch nicht umbringen«, keuchte Barvas angstvoll. »Das können Sie doch nicht tun, Parker!«
»Mein als explosiv bekanntes Temperament wird mich gleich außer Kontrolle geraten lassen«, flüsterte Parker und nestelte mit der freien Hand an dem Verschluß der Zwingertür. »Ich kann den kleinen Hund einfach nicht vergessen, auch nicht den Mann oben auf dem Dach der Hotelremise.«
»Nein, nein«, flüsterte der Killer heiser, als Parker die Zwingertür ein wenig öffnete. »Tun Sie’s nicht, versündigen Sie sich nicht, Parker!«
»Warum haben Sie Dan Mulligan getötet?« fragte Parker kühl und ließ eine Doggenschnauze durch den Türspalt hecheln. Barvas warf sich entsetzt gegen Parker, doch der Butler stand wie ein Fels. Er war wesentlich stärker, als er aussah.
»Ich hab’s doch nur im Auftrag getan«, redete der Killer sich heraus.
»Für wen?« Parker ließ die kantige Doggenschnauze noch ein wenig mehr durch den Türspalt kommen. Das riesige Tier leckte sich die Lefzen und visierte Barvas’ Kehrseite intensiv an. Der Killer spürte die kalte, feuchte Zunge auf seiner Haut und brach seelisch zusammen. Vor Hunden schien er eine geradezu panische Angst zu haben.
»Ich hab’ den Auftrag von Stewart Lynn bekommen«, gestand Barvas jetzt flüssig. »Fragen Sie mich nicht, wer das ist! Ich habe ihn noch nie gesehen, ich weiß nur, daß er der Boß ist.«
»Der Boß von was, um es mal volkstümlich auszudrücken.«