Günter Dönges

Butler Parker Paket 3 – Kriminalroman


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Huftritt eines auskeilenden Pferdes erinnerte.

      *

      Als Parker wieder erwachte, dröhnte sein Schädel wie eine Kesselpauke, die von Trommelschlegeln bear-beitet wird. Er faßte automatisch nach seinem Hinterkopf und schnappte nach Luft.

      »Geht es wieder?« hörte er eine vertraute, resolute Stimme.

      »Ich denke schon, Mylady«, erwiderte Parker mit leicht belegter Stimme. Er richtete sich vorsichtig auf.

      »Warum rennen Sie auch in meinen Pompadour?« beschwerte sich Agatha Simpson grimmig-besorgt. »Konnten Sie sich nicht bemerkbar machen?«

      »Ich werde in Zukunft verstärkt daran denken, Mylady.«

      »Ich hielt Sie für einen Einbrecher.«

      »Hoffentlich, Mylady«, antwortete Parker und erhob sich vorsichtig. »Haben Mylady sich inzwischen um den nächtlichen Besucher gekümmert?«

      »Der … der ist mir leider entwischt«, gestand die Detektivin. »Ich wußte doch überhaupt nicht, daß Sie dieses Subjekt überrascht hatten. Es huschte plötzlich hoch und rannte zur Tür.«

      Parker setzte sich auf einen Hocker in Kaminnähe und holte den schallgedämpften Revolver aus der Ta-sche seines Hausmantels. Er war froh, daß er die Waffe an sich genommen hatte, sonst hätte der nächtliche Besucher womöglich auf Lady Simpson geschossen.

      »Darf ich mich nach Miß Porter erkundigen, Mylady?« Er wehrte ein wenig verlegen ab, als Agatha Simp-son ihm einen Whisky kredenzte, nahm den Drink dennoch dankbar an und stärkte sich. Der »Glücksbrin-ger« in Myladys Pompadour hatte ihn doch sehr beeindruckt.

      »Kathy ist hinter diesem Flegel her, der hier eingebrochen hat«, erklärte Agatha Simpson. »Möchten Sie noch einen Drink, Mister Parker?«

      »Danke, Mylady.« Parker schüttelte den Kopf. »Ich möchte gestehen, daß ich mir wegen Miß Porter eini-ge Sorgen mache. Der Besucher war ein Fachmann seiner Branche.«

      »Auf Kathy kann man sich verlassen«, beruhigte die Sechzigjährige ihren Butler. »Sie hat nur einen etwas zu tiefen Schlaf. Ich merkte längst vor ihr, daß unten im Haus ein Einbrecher war.«

      »Mylady reagierten nachdrücklich.« Parker rieb sich noch mal die schmerzende Stelle am Hinterkopf. »Wenn ich mir erlauben darf, möchte ich Mylady meine Bewunderung aussprechen.«

      »Nicht wahr? Sie haben nicht gehört, wie ich die Treppe herunterkam?« Lady Simpson sah den Butler stolz an.

      »In der Tat, Mylady.«

      »Und wissen Sie auch, wie ich das geschafft habe?«

      »Mylady werden meine Wenigkeit überraschen.«

      »Ich bin auf dem Geländer heruntergerutscht«, erklärte die streitbare Dame, »ein Trick aus meiner Jugend-zeit. Mögen hölzerne Treppen noch so ausgetrocknet sein, die Geländer sind es nie.«

      »Wenn Mylady erlauben, werde ich diesen Trick adaptieren«, antwortete der Butler würdevoll. »Darf ich Myladys Hausmantel besorgen?«

      Agatha Simpson sah in ihrem weit wallenden Nachthemd nicht weniger beeindruckend aus als ihr Butler. Auf einer Bühne hätten sie in diesem Aufzug die Hauptrolle einer griechischen Tragödie spielen können.

      »Zum Teufel mit Ihrer Prüderie«, meinte Agatha Simpson. »Haben Sie etwa Angst, ich könnte Sie verfüh-ren?«

      Bevor Parker auf dieses delikate Thema näher eingehen konnte, erschien Kathy Porter, nachdem sie vorher sicherheitshalber deutlich angeklopft hatte.

      »Nun, Kindchen?« Lady Simpson sah ihre Gesellschafterin erwartungsvoll an. Kathy Porter, normaler-weise an ein scheues Reh erinnernd, wirkte sehr aktiv und selbstsicher. Und sehr attraktiv. Sie trug ein kurzes Nachthemd, dessen Saum knapp bis zu den Oberschenkeln reichte.

      Dieses Shorty war an verschiedenen Stellen eingerissen. Das kurze Nachthemd bestand eigentlich nur noch aus Fetzen, die von schmalen Stoffstreifen mühsam zusammengehalten wurden. Kathy Porter mußte einen heftigen Kampf hinter sich haben.

      »Er muß gemerkt haben, daß ich ihn verfolgte«, berichtete Kathy Porter, »er sprang mich plötzlich an und wollte mich erwürgen.«

      »Hoffentlich haben Sie’s ihm gezeigt, Kindchen?« Lady Simpson leckte sich erwartungsvoll die Lippen.

      »Leider nicht, Mylady«, gestand Kathy Porter etwas verschämt. »Der Mann verschwand in einem Garten, nachdem ich ihn in ein Gebüsch geworfen hatte.«

      Man sah es Kathy Porter nicht an, aber sie war eine vorzügliche Judo- und Karatekämpferin mit sehr viel Erfahrung.

      »Was sagen Sie, Mister Parker?« Lady Simpson drehte sich zu Parker um.

      »Sehr hübsch«, kommentierte Parker, der Kathy betrachtete.

      »Mäßigen Sie Ihre Gelüste, Mister Parker«, sagte Agatha Simpson streng. »Kommen Sie auf den Boden der Tatsachen zurück. Und Sie, Kindchen, sollten sich schleunigst etwas überziehen, sonst verliert Mister Parker seine restliche Konzentration!«

      *

      Ellis Kildare ärgerte sich maßlos.

      Er war in dem Haus völlig überrascht worden. Noch jetzt fühlte er die immer weiter anschwellenden Beule auf dem Hinterkopf. Was ihn dort getroffen hatte, wußte er nicht zu sagen, doch es hatte vollkommen aus-gereicht, ihn für die Zeit auf die Dielenbretter zu schicken.

      Kildare konnte sich diese Niederlage kaum verzeihen. Auch nicht die Pleite während der Verfolgung durch die rothaarige junge Frau, die ihn mit einem Judotrick in ein recht stacheliges Gebüsch befördert hatte. Die Kratzer von Domen und kleinen spitzen Ästen waren in seinem Gesicht deutlich zu sehen.

      Erst auf Umwegen war Kildare zurück in sein Ferienhaus geschlichen. Er trank ein Glas Milch und fragte sich, wer diese Bewohner des von ihm besuchten Haus wohl in Wirklichkeit waren. Daß er es mit cleveren Fachleuten zu tun gehabt hatte, war ihm klar. Schon allein die geduldige Art, wie man ihn im Wohnraum belauert haben mußte, deutete auf Profis hin. Ganz zu schweigen von der jungen Frau im Shorty, die er ge-würgt hatte. Wie sie sich von ihm befreit hatte, war schon Klasse gewesen. Er massierte sich vorsichtig den Unterbauch, wo ihn der Ellbogen der jungen Frau voll erwischt hatte.

      Doch wer sie auch sein mochte, auf Waters’ Seite standen sie sicher nicht. Handelte es sich hier um ein privates Unternehmen gegen den früheren Gangsterboß Waters? Gerade das hatte er durch seinen nächtli-chen Besuch feststellen wollen. Nun saß wahrscheinlich er in einer gewissen Klemme. Alles hing davon ab, ob man ihn wiedererkannte.

      Ellis Kildare, der schlaue Fuchs und Henker des Syndikats, fühlte sich gar nicht mehr wohl in seiner Haut. Er fürchtete um seine Tarnung, seine bisher immer noch beste Waffe.

      *

      Mylady war in Hochstimmung.

      Sie saß zusammen mit ihrer Gesellschafterin auf dem Rücksitz des Hubschraubers und genoß den Flug. Parker hatte den Helikopter bei einer privaten Gesellschaft besorgt, die normalerweise den Ausflugsverkehr zu den Scilly-Inseln unterhielt.

      Parker befand sich selbstverständlich ebenfalls an Bord des Hubschraubers und genoß den Flug. Es war für ihn unvorstellbar, Mylady allein fliegen zu lassen. Er saß neben dem Piloten, einem schnauzbärtigen Mann von etwa 40 Jahren, der einen sehr sicheren Eindruck machte und den Flugapparat beherrschte.

      Parker war nicht ohne Grund dabei.

      Er kannte schließlich Lady Simpsons Sinn für Überrschungen. Außer jeder Kontrolle war sie glatt fähig, Waters mit gewissen Boshaftigkeiten zu beglücken, und zwar hier aus dem Hubschrauber heraus.

      Der Helikopter bewegte sich mit knatternden Rotoren über die Bucht und hielt direkt auf das Schloß zu.

      »Sie kennen den Besitzer?« erkundigte sich der Pilot über die Bordsprechanlage bei Parker.

      »Kaum.« Parker schüttelte den Kopf. »Mylady interessiert sich für den Baustil.«