Günter Dönges

Butler Parker Paket 3 – Kriminalroman


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Detektivin hatte sich absichtlich hinausführen lassen, um ihrer Gesellschafterin Gelegenheit zu geben, ausgiebig zu schimpfen.

      »Ich glaube, Mylady, daß ich den Albino überzeugt habe.«

      »Genau darauf kommt es an«, antwortete ihre Gesprächspartnerin zufrieden. »Die Kidnapper müssen fest davon überzeugt sein, daß Sie mich hassen. Dann können Sie auch nicht als Druckmittel gegen mich ange-setzt werden.«

      »Ich habe schrecklich auf Sie geschimpft.«

      »Sehr schön, Kindchen. War es schwer, ruhig sitzen zu bleiben, als der Schuß fiel?«

      »Um ein Haar hätte ich mich verraten. Der Albino forderte mich geradezu heraus, einen Fluchtversuch zu unternehmen.«

      »Ich hatte auch meine Schwierigkeiten«, gestand Agatha Simpson und lachte leise. »Dieser Boxer war doch einfach nicht dazu zu bewegen, den Schuß abzufeuern. Er scheint einen großen Respekt vor mir zu haben.«

      »Glauben Sie, Mylady, daß man uns noch wegschaffen wird?«

      »Aber ganz gewiß, Kindchen. Das hier ist nur eine Zwischenstation. Eigentlich freue ich mich schon auf den gemeinsamen Flug. Der Gedanke daran regt mich bereits an.«

      »Wer könnte hinter diesen drei Kidnappern stehen, Mylady? Das frage ich mich die ganze Zeit.«

      »Das werden wir noch früh genug erfahren«, antwortete Agatha Simpson grimmig, »und dann kann dieser Gangster sich auf etwas gefaßt machen. Ich werde ihn dann wahrscheinlich in der Luft zerreißen.«

      Agatha Simpson kam nicht mehr dazu, weitere Drohungen auszustoßen, denn vor der Bunkertür waren Schritte zu hören. Wenig später öffnete sich die Tür.

      Ritchie, der junge, sportlich aussehende Mann, erschien mit der Warnleuchte und strahlte die beiden Frau-en an.

      »Ich lade Sie zu einem kleinen Ausflug ein, Lady«, sagte Ritchie ironisch. »Was halten Sie denn davon, mit Ihrem Bankier Geoffrey zu sprechen?«

      »Was versprechen Sie sich davon?« erkundigte sich die Detektivin, die mit dieser Entwicklung nicht ein-verstanden war. Im Grund hatte sie solch einen Vorschlag befürchtet. Ihr war klar, daß sie nicht mehr lange zu leben hatte, sobald die Kidnapper erst mal das geforderte Geld besaßen.

      »Hunderttausend Pfund. Oder vielleicht auch noch mehr …«, beantwortete der junge Mann leichten Sin-nes die Frage der älteren Dame. »Warum sollten wir die Summe eigentlich nicht erhöhen. Sie haben doch schließlich Geld genug …«

      Agatha Simpson schwieg.

      Ihr war klar, daß die Kidnapper sich jetzt auf dem richtigen Weg befanden, um schnell an das geforderte Geld heranzukommen. Geoffrey würde selbstverständlich jede Summe akzeptieren, die sie von ihm verlang-te. Schließlich gehörte ihr ja die City Bank. Geoffrey würde keine Fragen stellen. Er wußte ja aus der Ver-gangenheit, daß Lady Simpson ohne lange Vorankündigung Geldbeträge anforderte, wenn sie es für richtig hielt.

      »Und jetzt habe ich noch ’nen kleinen Gag für Sie auf Lager, Lady«, ließ Ritchie sich wieder vernehmen. »Raten Sie mal, wer mir diesen Tip gegeben hat, als sich heraus stellte, daß Ihr Vermögensverwalter Collins nach New York unterwegs ist? Na, kommen Sie nicht drauf? Ist ja auch verdammt schwer … Also, Ihr But-ler ist das gewesen. Von ihm stammt der Tip mit Geoffrey … Gut, was? Der Mann ist begabt. Ein Wunder, daß er immer noch als Butler arbeitet. Er könnte steinreich sein, wenn er nur etwas cleverer wäre …«

      Agatha Simpson schnappte ein wenig nach Luft.

      Wollte dieser Flegel von einem jungen Mann sie nur ärgern oder verunsichern? Konnte Butler Parker die-sen wertvollen Tip geliefert haben? Wertvoll nämlich für die Kidnapper, tödlich aber für sie und Kathy Por-ter? Das konnte doch unmöglich stimmen!

      »Sie glauben mir nicht, wie?« Ritchie hatte die Unsicherheit der älteren Dame sofort erkannt.

      »Nicht ein einziges Wort, Sie Strolch!« Sie musterte ihn grimmig und spielte mit dem Gedanken, ihm eine Ohrfeige zu verabreichen. Und zwar ohne Rücksicht auf Verluste.

      »Wie hätte ich denn auf diesen Geoffrey und auf die City Bank kommen sollen?« fragte Ritchie amüsiert. »So was konnte ich doch nur aus erster Hand erfahren.«

      »Wie soll es nach dem Telefonanruf weitergehen?« erkundigte sich Agatha Simpson, das Thema wech-selnd.

      »Sehr einfach, Lady. Sobald die Piepen bereitliegen, werden sie ganz regulär abgeholt.«

      »Durch wen?«

      »Lassen Sie sich mal überraschen! Wir haben da ’ne ganz nette Idee und vielleicht auch ’nen interessierten neuen Mitarbeiter. Kommen Sie jetzt! Der Anruf bei Geoffrey ist fällig. Lassen Sie sich bloß nicht einfallen, unterwegs Mätzchen zu machen! Sie würden verdammt wenig Spaß daran haben …«

      Die Detektivin kam zu dem Schluß, die geplante Ohrfeige plazieren zu müssen. Jetzt kam es nur auf den richtigen Zeitpunkt an …

      *

      George Geoffrey zögerte nicht eine Sekunde, Josuah Parker zu empfangen.

      Als der Butler dem etwa fünfzigjährigen, kleinen und leicht gebeugten Mann gegenüberstand, merkte Par-ker sofort, daß die Kidnapper sich bereits bei ihm gemeldet haben mußten.

      Der Mann mit der Raubvogelnase und den klugen Eulenaugen machte einen ungewöhnlich nervösen Ein-druck. Ganz im Gegensatz zu Josuah Parker, der gemessen wie immer auftrat.

      »Ich habe da einen sehr eigenartigen Anruf erhalten«, sagte Geoffrey. »Wenn mich nicht alles täuscht, müssen es Kidnapper gewesen sein.«

      »Hat sich auch Lady Simpson gemeldet?« wollte Parker wissen.

      »Nur sehr kurz«, erwiderte Geoffrey und nickte bestätigend. »Sie verlangte, daß ich sofort hunderttau-send Pfund bereitstellen soll. Sie sagte ferner, es ginge um ihr Leben.«

      »Dies deckt sich mit meinen Informationen, Sir«, bestätigte der Butler. »Hoffentlich haben Sie die Polizei nicht verständigt!?«

      »Natürlich nicht, daß hat mir dieser Kidnapper ausdrücklich verboten.«

      »Man würde sonst das Leben Myladys unnötig gefährden«, erläuterte Parker. »Bestehen hinsichtlich der Überbringung der Banknoten spezielle Wünsche der Kidnapper?«

      »Man will gleich wieder anrufen«, sagte Geoffrey. »Sie wissen also von der Entführung?«

      »Sie ist eine Tatsache, Sir. Daran ist nicht zu zweifeln.«

      »Du lieber Himmel«, entsetzte sich der Bankier. »Woher soll ich jetzt um diese Zeit das Geld hernehmen? Die Bank hat längst geschlossen.«

      »Ich bin sicher, Sir, daß Sie einen Weg finden werden.«

      »Ohne die beiden Hauptkassierer kann ich den Tresor unmöglich öffnen«, redete Geoffrey weiter. »Sie besitzen die übrigen Hauptschlüssel. Aus Sicherheitsgründen, verstehen Sie?«

      »In der Tat, Sir! Könnte man die beiden Herren verständigen?«

      »Natürlich, aber das kostet Zeit. Sie wohnen draußen im Westen der Stadt. Glauben Sie wirklich, daß Lady Simpsons Leben gefährdet ist?«

      »Mit letzter Sicherheit, Sir.«

      George Geoffrey wanderte unruhig durch sein Büro, das sich über den eigentlichen Bankräumen befand. Als Junggeselle war er nicht an feste Zeiten gebunden. Er pflegte nach dem Schließen der Bankschalter im-mer noch für ein bis zwei Stunden im Geschäft zu bleiben.

      »Hunderttausend Pfund sind es!« Geoffrey blieb stehen und schüttelte den Kopf.

      »Vergleichsweise wenig, Sir, wenn ich mich dazu äußern darf.«

      »Ein Vermögen, Mister Parker?« Geoffrey sah den Butler verweisend und streng an.

      »Eine Frage der Relation, Sir.«

      Bevor die beiden Männer