daß Ihr Butler abgehauen ist«, fügte Eddy hinzu.
»Dummköpfe!« schnauzte die Lady die drei Männer an. »Ist das ein Beweis? Vielleicht hat Ihr Auftrag-geber meinen Butler verschwinden lassen. Und das würde ich ihm sehr übel nehmen!«
Die drei Kidnapper hatten wieder Grund, miteinander zu tuscheln. Lady Simpsons Worte ließen echte Zweifel aufkommen. Sie wußten nicht, wem sie glauben sollten.
»Ich werde Ihnen ein sicheres Geschäft vorschlagen«, fuhr Agatha Simpson fort. »Jeder von Ihnen erhält tausend Pfund. Dafür werden Sie mich und meine Gesellschafterin zurück in die Stadt bringen.«
»Sie halten uns wohl für idiotisch, wie?« Ritchie stellte diese Gewissensfrage.
»Sehr richtig«, bestätigte Agatha Simpson die Vermutung des jungen Mannes. »Ihr Auftraggeber ist doch längst über alle Berge. Mit zweihunderttausend Pfund! Ein schnelleres und besseres Geschäft hätte er nicht machen können. Wenn Dummheit schmerzen würde, könnte man es hier vor lauter Gebrüll nicht mehr aus-halten.«
Die drei Kidnapper hatten erneut Grund, miteinander ausgiebig zu tuscheln.
Lady Simpson griff nach ihrer Lorgnette und beobachtete die verwirrten Männer mit strengen Blicken.
»Eintausend Pfund«, wiederholte sie ihr Angebot, »und damit sind Sie schon überbezahlt …«
Auch Kathy Porter beobachtete die drei frustrierten Kidnapper. Sie spürte, daß die Dinge vor einer wich-tigen Entscheidung standen. Die verunsicherten Männer fühlten sich tatsächlich von ihrem Chef betrogen und suchten nach einem Ausweg, um doch noch an das große Geld zu kommen.
Wie würden sie sich entscheiden?
In diesem Moment war das Näherkommen eines Autos zu hören.
Die drei Männer zuckten zusammen, sahen sich kurz an und stürzten dann hinaus vor den Bunker.
»Parker?« fragte Kathy Porter leise und sah ihre Mitgefangene hoffnungsvoll an.
»Unsinn, Kindchen«, polterte Agatha Simpson. »Das wäre gegen jede Logik. Ich glaube, daß der Auf-traggeber der drei Lümmel auf der Bildfläche erscheint. Und das paßt mir nun überhaupt nicht!«
*
Lorenzo Padeste, der Inhaber der Pizzeria in Soho, wollte gerade sein Geschäft schließen, als Josuah Par-ker vor der Tür des Lokals erschien und höflich seine schwarze Melone lüftete.
»Dem Himmel sei Dank, Mister Parker«, begrüßte der Italiener ihn überschwenglich. »Wo haben Sie denn die ganze Zeit über gesteckt? Ich habe versucht, Sie zu erreichen.«
»Per Telefon?«
»Im Stadthaus der Agatha Simpson«, bestätigte Padeste und zog den Butler förmlich in sein Ladenlokal. »Aber es wurde nicht abgehoben.«
»Darf ich demnach unterstellen, daß Sie Nachrichten für mich haben?« fragte Parker gemessen.
»Und ob, Mister Parker! Gute Nachrichten! Aber warten Sie, ich schließe erst ab …«
Lorenzo Padeste ließ das Rollgitter herunter und führte seinen mitternächtlichen Gast in das kleine, voll-gestopfte Büro, das einem Warenmagazin glich.
»Ich muß gestehen, daß ich ein wenig neugierig bin«, stellte der Butler fest.
»Ich weiß inzwischen, wer einer der drei Kidnapper ist«, sagte Padeste wie selbstverständlich. »Ein Irrtum ist ausgeschlossen.«
»Ich erlaube mir zu hören.«
»Kennen Sie einen gewissen Eddy Falness?«
»Ich muß bedauern, Mister Padeste.«
»Ein Albino«, berichtete Padeste weiter, »ein Aufschneider und Angeber, wie er im Buch steht. Wissen Sie, daß er mit Mary Plant befreundet ist?«
»Wie aufschlußreich«, bemerkte Parker, ohne die Geduld zu verlieren. Er wußte noch sehr gut, wie schnell und gern Lorenzo Padeste redete.
»Dieser Mary Plant habe ich mal auf den Zahn gefühlt, als sie vor ein paar Stunden hier aufkreuzte. Sie hat bei mir ’ne Menge Schulden, und ich habe vorsichtig angedeutet, daß sie mal ’ne kleine Abschlagszahlung auf den Tisch legen müßte … Was glauben Sie, Mister Parker, hat sie da gesagt?«
»Sie werden mich überraschen«, antwortete Parker.
»Worauf Sie sich verlassen können!« Lorenzo Padeste nickte nachdrücklich. »Sie sagte nämlich, sie und Eddy würden bald in Geld schwimmen und könnten dann meinen ganzen Laden aufkaufen. Ist das nicht toll?«
»Bemerkenswert!«
»Ich wurde natürlich sofort hellhörig«, redete Padeste ungehemmt weiter, »und fühlte ihr auf den Zahn.«
»Dies, Mister Padeste, deuteten Sie bereits an.«
»Ich hab’ also rausbekommen, daß Marys Freund eine Riesensache gestartet haben soll … Als ich neugie-rig wurde, hielt sie plötzlich den Mund und verdrückte sich.«
»Wohin?«
»Sie wohnt nicht weit von hier. Über einer Boutique.«
»Sie sollten mir die genaue Adresse geben.«
Lorenzo Padeste beschrieb wortreich, wo sich dieser kleine Modeladen befand. Er brauchte dazu fast zwei Minuten, weil er sich wieder mal in Einzelheiten erging.
»Hat besagter Mister Eddy Falness Freunde, und welchem Beruf geht er nach?« wollte Parker wissen.
»Eddy hat keinen Beruf. Er klaut und gaunert sich so durch das Leben.« Padeste schmunzelte. »Bei mir wollte er mal in die Ladenkasse langen, aber da hab’ ich ihm was erzählt … Er konnte für ein paar Tage nicht mehr das Bett verlassen. Und ob er Freunde hat? Ja, einen gewissen Ritchie … Trickdieb und so. Sie verste-hen sicher, Mister Parker … Ritchie Cloud.«
»Gehören diese beiden Herren irgendeiner Organisation an?«
»Nein, nein, dafür haben sie nicht genug Format. Das sind Schmalspurganoven, die ’ner Bande nichts zu bieten haben. Glauben Sie, daß ich die richtigen Tips geliefert habe?«
»Ich werde es Sie bald wissen lassen«, erwiderte der Butler gemessen. »Noch eine abschließende Frage: Wo ist es möglich, sich kurzfristig bedenkenlose Schläger zu mieten?«
»Wie, das wissen Sie nicht?« wunderte sich Padeste. »Bei Hampton natürlich, Charles Hampton … In sei-nem Nachtclub bekommt man alles, was man so braucht.«
»Interessant«, stellte Parker nachdenklich fest. »Ich habe das deutliche Gefühl, daß der Rest dieser Nacht noch einige Überraschungen bringen wird.«
*
Josuah Parker brauchte nur wenige Minuten, bis er die von Padeste beschriebene Boutique erreicht hatte.
Bis auf zwei kleine Dekorationslichter war das Geschäft dunkel. Hinter den beiden Fenstern in der Woh-nung über dem Ladenlokal brannte nur eine Stehlampe, die hart am linken Fenster stand. Die Haustür links von der Boutique war verschlossen.
Doch nicht lange …
Parker benutzte sein kleines Spezialbesteck, um das Türschloß zur Aufgabe zu zwingen. Dann betrat er ei-nen engen und langen Korridor, der vor einer steilen Treppe endete. Als er diese Treppe erreicht hatte, hörte er Stimmen, unterdrücktes Stöhnen und Weinen.
Was dem Butler überhaupt nicht paßte.
Probeweise stellte er seinen linken Fuß auf die erste Stufe.
Das Quietschen und Knarren klang in seinen Ohren wie eine Folge von Explosionen. Die Holzstufen wa-ren völlig ausgetrocknet und produzierten lästige Geräusche.
Parker bediente sich einer Methode, die allerdings recht ungewöhnlich aussah.
Er legte sich auf das Treppengeländer, zog sich dann mit den Händen kraftvoll nach oben und glich einem großen Kind, das