Günter Dönges

Butler Parker Paket 3 – Kriminalroman


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bekommen ’ne standesgemäße Unterkunft«, sagte Ritchie und grinste. »Ein Schloß für die Lady … Sie müssen doch zugeben, daß wir uns was einfallen lassen.«

      Das Rededuell zwischen Lady Simpson und Ritchie Cloud dauerte an. Kathy Porter, Myladys Gesell-schafterin, hielt sich vollkommen zurück. Sie konzentrierte sich auf die Strecke, die sie hinter sich brachten. Da sie sich in London und Umgebung sehr gut auskannte, merkte sie bald, daß die Fahrt nach Harrow ging, jener ehrwürdigen Universitätsstadt, die in aller Welt bekannt ist.

      Worüber Kathy Porter sich ein wenig wunderte.

      Harrow on the Hill war ihr schließlich nicht gerade unbekannt. Sie war erst vor wenigen Tagen noch im Auftrag von Lady Simpson dorthin gefahren und hatte einige geschäftliche Dinge erledigt.

      *

      »Na, Sie alter Gauner?«

      Charles Geoffrey schien bester Laune zu sein, als Parker den Kellerraum betrat, in dem er den Sohn des Bankiers untergebracht hatte. Um es gleich zu sagen, dieser Keller war erfreulich eingerichtet und enthielt einige alte, aber immer noch recht bequeme Möbel.

      Nachdem Parker den Sohn des Bankiers außer Gefecht gesetzt hatte, war der junge Mann von ihm hierher verfrachtet worden. Parker hielt es nun für an der Zeit, sich mit ihm ein wenig zu unterhalten …

      Charles Geoffrey trug Handschellen, die Parker löste.

      Im ersten Moment sah es so aus, als wollte Charles sich auf ihn stürzen, doch dann erinnerte er sich wohl der Fitness des Butlers und nahm davon Abstand. Er rieb sich die Handgelenke.

      »Ich möchte keineswegs versäumen, mich in aller Form bei Ihnen zu entschuldigen«, sagte Parker und trat zurück. »Gewisse Umstände zwangen meine bescheidene Wenigkeit, Sie zu …«

      »Schon gut, schon gut«, wehrte Charles Geoffrey ab. »Verrenken Sie sich bloß nicht die Zunge!«

      »Es steht Ihnen selbstverständlich frei, sich später bei Mylady zu beschweren oder Anzeige bei der Polizei zu erstatten.«

      »Drücken Sie doch nicht so auf die Tube«, sagte Charles, der Sohn des Bankiers. »Schließlich habe ich ja so was wie ’nen kleinen Einbruch hinter mir. Vergessen wir den Zwischenfall!«

      »Ich bin außerordentlich erfreut, daß Sie die Dinge so und nicht anders sehen«, gestand Parker. »Sie wa-ren der Ansicht, ich hätte mich mit den zweihunderttausend Pfund aus dem Staub gemacht?«

      »Und ob, Mister Parker! Ich war der Meinung, Sie hätten da ein kleines Privatgeschäft aufgezogen. Sie besitzen doch noch das Geld, oder?«

      »Wie darf ich Ihre Frage verstehen, Mister Geoffrey?«

      »Haben Sie das Geld den Kidnappern inzwischen übergeben?«

      »Ich muß bedauern.«

      »Mann, Sie bringen Lady Simpson und Kathy Porter noch in des Teufels Küche!«

      »Möglicherweise, Mister Geoffrey, aber leider ließen die Kidnapper mich bisher nicht wissen, wo ich das Lösegeld abliefern soll. Die Verständigung scheint erheblich gelitten zu haben.«

      »Hoffentlich geht das gut.« Der junge Geoffrey und Parker gingen zurück ins Erdgeschoß, wo Charles sich im Wohnzimmer von Parker einen Erfrischungsdrink servieren ließ.

      »Warten wir also, bis sie sich melden«, meinte der Bankierssohn und deutete auf das Telefon.

      »Darf ich mir erlauben, einige Fragen an Sie zu richten?«

      »Sie trauen mir also immer noch nicht, wie?« Charles Geoffrey lächelte amüsiert.

      »Sie pflegen Mister Geoffrey mit ›alter Knabe‹ anzureden, wenn ich richtig gehört habe?«

      »Ziemlich respektlos, wie?« Charles nickte. »Ist aber nicht so gemeint, er reizt mich allerdings permanent mit seiner Korrektheit. Und ich weiß, daß ihn die Bezeichnung ›alter Knabe‹ ärgert. Wir bleiben uns gegen-seitig also nichts schuldig …«

      »Als ich mit einem der Kidnapper per Telefon sprach, nannte er Ihren Vater einen alten Knaben.«

      »Ach so! Jetzt begreife ich erst …« Charles Geoffrey stellte das Glas ab. »Sie glauben, daß ich mit den Kidnappern unter einer Decke stecke, nicht wahr?«

      »Dieser Verdacht bot sich geradezu an, wenn ich mir diese Unterstellung erlauben darf.«

      »Aber das ist doch Unsinn!« Charles Geoffrey goß sich einen weiteren Drink ein und schüttelte den Kopf zu Parkers Feststellung. »Angenommen, ich wäre einer der Kidnapper, würde ich so dumm und leichtsinnig sein, mich durch diese Bemerkung zu verraten?«

      »Hoffentlich nicht, Mister Geoffrey!«

      »Dieser Ausdruck ›alter Knabe‹ wurde mit Sicherheit gebraucht, um den Verdacht auf mich zu lenken, Mister Parker. Begreifen Sie das denn nicht?«

      »Ich bin erfreut, daß auch Sie diese Möglichkeit sehen«, gab der Butler gemessen zurück.

      »Hier will einer ganz bewußt den Verdacht auf meine Person lenken«, wiederholte Charles sinngemäß. »Und zwar einer, der genau weiß, wie ich meinen alten Herrn anrede. Begreifen Sie?«

      »Durchaus, Mister Geoffrey.«

      »Der Kidnapper muß meinen Vater und mich also recht gut kennen«, schlußfolgerte Charles eifrig weiter und vergaß darüber sogar seinen Drink, was schon etwas bedeutete. »Den Ausdruck ›alter Knabe‹ verwende ich natürlich nur dann, wenn gute Bekannte in der Nähe sind. Offiziell ist mein Vater schließlich mein Vor-gesetzter. Ich arbeite ja in der Bank.«

      »Auch in Gegenwart der Herren Hantel und Stilford?«

      »Die beiden Hauptkassierer? Natürlich! Das sind Vertraute meines Vaters. Moment, jetzt begreife ich. Sie fragen sich, ob Hantel oder Stilford als Täter in Betracht kommen könnten? Schlagen Sie sich das schleu-nigst aus dem Kopf, Mister Parker! Die würden nicht einen einzigen Penny an sich bringen. Die würden eher noch einen dazu legen, falls die Kasse nicht stimmt. Nein, nein, Hantel und Stilford sind sauber.«

      »Wer, Mister Geoffrey, kennt Sie derart gut, daß er versuchen würde, Sie als Täter vorzuschieben?«

      »Lassen Sie mich nachdenken!« Charles besann sich wieder auf den Drink und nahm einen ausgiebigen Schluck. »Wer könnte mich reinlegen wollen?«

      »Einer, der Sie sehr gut kennt, Mister Geoffrey, und vor allen Dingen Ihre permanente Geldverlegenheit!«

      »Die ist doch stadtbekannt«, gab Charles Geoffrey ironisch zurück. »Nein, nein, bleiben wir bei dem ›al-ten Knaben‹, hier liegt der Schlüssel zu der Entführung.«

      »Ich erlaube mir, mich Ihrer Ansicht anzuschließen, Mister Geoffrey. Wissen Sie mit dem Begriff Ben-wood-Castle etwas anzufangen?«

      Parker fragte sehr beiläufig, doch er ließ gerade jetzt den jungen Mann nicht aus den Augen.

      »Benwood-Castle?« Charles Geoffrey reagierte prompt. »Natürlich kenne ich das Schloß. Schlößchen, um genau zu sein. Es liegt draußen in Harrow.«

      Parker hatte plötzlich seine Erleuchtung und erinnerte sich. Doch er hütete sich, etwas davon laut werden zu lassen. Er sah den Bankierssohn weiterhin gespannt und abwartend an.

      »Dieser kleine Landsitz gehörte doch mal zu den Liegenschaften Ihrer Lady Simpson und wurde vor etwa einem halben Jahr an eine amerikanische Firma verkauft. Die wollen dort so eine Art Managerschule aufzie-hen.«

      »Darf ich Sie zu einer kleinen nächtlichen Ausfahrt einladen, Mister Geoffrey?« bat Parker würdevoll.

      »Schon genehmigt«, erwiderte Charles Geoffrey spontan. »Hauptsache, es geht rund. Aber warum wollen Sie nach Benwood-Castle? Was versprechen Sie sich davon?«

      »Den längst fälligen Kontakt zu den Kidnappern«, gab der Butler gemessen zurück. »Gewisse Dinge scheinen in ihr entscheidendes Stadium einzutreten!«

      Charles