bis ich mir mein Problem eingestehen konnte: Ich fühle mich ihm unterlegen und von Gott benachteiligt. Wie bekomme ich den Neid in den Griff?«
Sie erleben viel innere Spannung. Als Christ möchten Sie nicht neidisch sein, so verbergen Sie sorgfältig Ihre Gefühle. Viele Menschen verbergen vor anderen ihre sogenannten »schwachen« oder negativen Seiten wie Trauer, Bedürftigkeit, Angst oder eben Neid. Da erzählt eine Mutter, dass sie oft von Ängsten geplagt wird. Doch sie habe gelernt, selbstsicher aufzutreten. Denn: »Wenn die wüssten, wer ich wirklich bin, wer würde mich dann noch mögen?«
Andere vergraben Wünsche und Sehnsüchte tief im Herzen, um nicht verletzt oder enttäuscht zu werden. Ein junger Mann hat sich verliebt, achtet aber sorgfältig darauf, dass diese Frau es nicht merkt: »Es würde mich sehr verletzten, zurückgewiesen zu werden.«
Beide zahlen einen hohen Preis für ihren vermeintlichen Schutz. Zum einen werden sie falsch eingeschätzt: Der junge Mann wird für unnahbar gehalten, und an der Mutter lässt man allen Frust aus, weil sie ja so stark wirkt. So wird der vermeintliche Schutz zur Belastung.
Wahrhaftig werden
Wir Menschen können uns nicht nur vor anderen verbergen, sondern wir auch vor uns selbst. Vor allem dann, wenn wir Dinge erleben und tun, die dem Idealbild von uns selbst nicht entsprechen. Jesus Christus lädt uns ein, ehrlich zu werden vor ihm. Nichts, was wir je an uns entdeckt haben oder entdecken werden, ist ihm verborgen – und so hat er Ja zu uns gesagt! Deshalb können wir ihm rückhaltlos vertrauen. In dieser Sicherheit können wir unsere eigenen Motive und Ängste ehrlich anschauen.
Sie haben es gewagt, ehrlich zu werden, und nennen eine Motivation Ihrer Neidgefühle: Sie fühlen sich unterlegen. Ihr Neid und Ihre Wut können als Versuch verstanden werden, das Unterlegenheitsgefühl auszugleichen. Doch Sie spüren, dass Neid als Lösungsversuch nur noch mehr Konflikte bringt.
Neid überwinden lernen
Es ist durchaus positiv, dass Sie sich bemühen, Ihren Neid nicht an anderen »auszulassen«. Sie dürfen sich daran freuen, wenn es Ihnen gelingt. Das ist keine Heuchelei. Würden Sie Ihren Neid »ausleben«, wäre das Klima im Musikteam schnell vergiftet. Doch ist es wichtig, dass Sie darüber hinaus weitere Wege finden:
Akzeptieren Sie Ihr gegenwärtiges Erleben, indem Sie es mit Jesus teilen. Verzichten Sie dabei auf Selbstabwertung im Sinne von: »Ich dürfte nicht …, ich müsste doch …« usw. Solche Selbstvorwürfe verstärken nur die Wut und motivieren nicht zur Veränderung. Sie dürfen stattdessen um Jesu Vergebung für Ihre Haltung bitten. Sprechen Sie auch mit einem Menschen, dem Sie vertrauen, über Ihr Erleben.
Überlegen Sie, welches Erleben für Sie besser, »neutraler« wäre als Neid, z. B.: »Ich bin traurig, dass ich nicht so gut singen kann wie er.« Betrübt zu sein wäre zwar noch keine sogenannte »positive Empfindung«, doch wäre der direkte Sprung vom Unterlegenheitsgefühl zur Freude über die Gabe des anderen eine Selbstüberforderung. Achten Sie dabei auf verallgemeinernde und übertreibende Schlussfolgerungen in Bezug auf sich selbst. Korrigieren Sie diese bewusst, z. B. mit dem Satz: »Es ist schade, dass ich weniger Lob erhalte als XY, aber deshalb bin ich noch lange nicht unnütz.«
Erwecken Sie bei anderen den Eindruck, Lob sei für Sie bedeutungslos? Wir brauchen die Anerkennung von anderen. Achten Sie bewusst darauf, wo und wie andere Ihnen gegenüber Anerkennung ausdrücken. Nehmen Sie Komplimente an, ohne sie innerlich abzuwerten. Neid wird zunehmend weniger, wenn wir lernen, Wünsche angemessen auszudrücken, über inneres Erleben zu reden, bei unterschiedlichen Bedürfnissen zu verhandeln und Konflikte anzusprechen.
Vertiefen Sie sich in das Bild vom »einen Leib« (1. Korinther 12). Gott hat es so eingerichtet, dass kein Glied am Leib alle Vorzüge in sich vereinigt. Es wird immer so sein, dass andere Menschen Gaben und Fähigkeiten haben, die uns fehlen, und umgekehrt. Wer sein Wohlbefinden ausschließlich auf seine vermeintlichen Vorzüge anderen gegenüber gründet, endet zwangsläufig in einer Sackgasse. Versuchen Sie, Ihre Gaben konkret zu benennen. Suchen Sie dazu das Gespräch mit anderen Menschen. Beschränken Sie sich dabei nicht nur auf die Dinge, die Sie »besser« können als andere, sondern beziehen Sie alles ein, was Sie »nur gut« können, was Ihnen Freude macht und was andere an Ihnen schätzen. So können Sie die vielen Aspekte entdecken, die Sie als Person unverwechselbar ausmachen.
Monika Riwar
»ICH BIN KONFLIKTSCHEU«
»Das Verhalten einer guten Freundin mir gegenüber bringt mich auf die Palme. Ich wollte sie schon einige Male darauf ansprechen, aber immer wieder schiebe ich es aus Angst vor einem handfesten Streit vor mir her. Als Christin versuche ich, Konflikte zu vermeiden, und will ihr verzeihen. Aber die Erinnerungen an die Verletzungen lösen in mir immer noch Wut aus.«
Solche Schwierigkeit kennen viele: Ein Klärungsgespräch wird ein ums andere Mal verschoben – aus Angst, es könnte zu einem handfesten Konflikt ausarten.
Wenn wir die Bibel aufschlagen, so sehen wir, dass Gott nicht konfliktscheu ist. Es gibt keine biblische Aussage, die uns auffordert, Konflikten aus dem Weg zu gehen. Sehr wohl aber werden wir davor gewarnt, in starken Gefühlen wie Zorn und Hass stecken zu bleiben. Die Bibel rät uns im Umgang mit einem Konflikt: »Versündigt euch nicht, wenn ihr zornig werdet! Die Sonne darf über eurem Zorn nicht untergehen!« (Epheser 4,26; NeÜ). Denn genau das kann passieren, wenn wir anstehende Konflikte nicht klären, sondern mit ihnen »schwanger gehen«.
Klären Sie also für sich selbst: Weshalb gehe ich einem Konflikt aus dem Weg? Fühle ich mich überfordert, oder ist es einfach lästig, mich auf eine Auseinandersetzung einzulassen? Dazu noch einige Tipps zur Konfliktklärung:
Den anderen zu verstehen wirkt Wunder: Statt den eigenen Standpunkt immer wieder zu wiederholen, eröffnet eine Zusammenfassung der Meinung des anderen neue Perspektiven und entspannt das Miteinander.
Mut zur Klärung: Vermiedene Konflikte gären im Untergrund und kosten viel Kraft und Energie. Darum gehören sie dort angegangen, wo sie entstanden sind. Deshalb ermutigt uns die Bibel: »Wenn dein Bruder sündigt, dann geh zu ihm und stell ihn unter vier Augen zur Rede« (Matthäus 18,15; NeÜ).
Weniger ist mehr: Bleiben Sie im Gespräch bei der einen Sache, um die es geht, und klären Sie diese.
Der Ton macht die Musik: Druck erzeugt Gegendruck, und es entsteht rasch ein Teufelskreis aus Anklage und Verteidigung. Bringen Sie Ihre belastenden Punkte so vor, wie Sie sich wünschen, dass der andere mit Ihnen sprechen soll. Erkennen Sie zudem an, was Ihnen am anderen gefällt beziehungsweise was er/sie gut macht.
Andreas Zimmermann
»ICH BENEIDE DIE FAMILIEN«
»Ich (38) bin seit vielen Jahren Christin und gehöre zu einer lebendigen Gemeinde, in der ich mich auch sehr wohlfühle. Obwohl ich Single bin, empfinde ich mein Leben im Großen und Ganzen als ausgefüllt. Und doch merke ich, dass ich manchmal neidisch auf die verheirateten Frauen in meinem Umfeld bin. Dabei geht es gar nicht so sehr um die Tatsache, dass sie ›Familie‹ haben, sondern vielmehr darum, dass in ihrem Leben jemand da ist, der ihnen Dinge abnimmt und für sie regelt. Ich bin zwar auch praktisch veranlagt, kann aber leider doch nicht alles selbst machen und muss mir oft mühsam Hilfe suchen. Gibt es ein Mittel gegen diese Neidgefühle?«
In unserem Leben gibt es leider immer wieder Dinge, die wir gerne anders hätten, als sie sind: Der Nachbar fährt genau das Auto, von dem ich zwar träume, das ich mir aber nicht leisten kann. Die Solistin im Chor hat genau die Stimme, die ich gerne hätte und trotz Üben nie bekommen werde. Und die Freundin hat, obwohl sie nicht weniger isst als ich, die Traumfigur, die ich nie erreichen werde. Ständig werden wir von Menschen um uns herum herausgefordert, uns mit ihnen zu vergleichen, und manchmal schneiden wir dabei ziemlich schlecht ab.
Das grüne Gift: Neid
Neidisch werden wir ja immer nur auf etwas, was wir uns im tiefsten Inneren für uns selbst wünschen.