Jacinta Nandi

Die schlechteste Hausfrau der Welt


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Wohnzimmer

      FREITAG: Schlafzimmer

      SAMSTAG: Kinderzimmer

      SONNTAG: Ruhetag

      Manchmal mache ich mir Sorgen, ob ich nicht eigentlich mitten in einem Nervenzusammenbruch bin, dies aber ignoriere, indem ich ständig bei neuen Programmen mitmache, die mein Leben retten sollen. Aber ich brauche ein neues Programm. Mein Freund will nicht helfen, Ryan hilft nur mäßig, mein Freund hat nicht vor, für Helpling zu bezahlen, denn er ist unter der Woche nicht hier.

      Die Wahrheit ist: Ich bin nicht die Art Feministin, die so feministisch ist, dass sie aus Prinzip nicht putzt, weil sie eine gleichberechtigte Beziehung haben will, weil sie denkt, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sein sollen. Ich bin die Art Feministin, die, wenn sie reich wäre, tausende Menschen von Helpling bezahlen würde, eine Armee von Helpling-Arbeiter*innen, und die nie, nie, nie darüber streiten würde, wer die Waschmaschine ausräumt oder die Spülmaschine anmacht. Ich bin eine schlechte Feministin. Das Problem ist, dass ich keine Kohle habe, und dass ich eine noch schlechtere Hausfrau bin als Feministin. Das ist mein fucking Problem jetzt.

      Aber es ist alles nicht so schlimm. Ich schaffe das, wir schaffen das. Ich schaffe das. Ich werde das schon irgendwie schaffen. Ich muss das schaffen. Ich werde das hinkriegen. Ich kann es hinkriegen. Ich schaffe das. Ich schaffe das. Ich schaffe das schon.

      Abends, Donnerstagabend, Thomas ist früh da, überraschend früh, weil es keine Vorlesungen gab. Ich habe es nicht geschafft, tagsüber zu staubsaugen, und will das jetzt machen, aber irgendwie saugt der Staubsauger nicht.

      »Dieser Staubsauger ist kaputt«, sage ich. »Der saugt nicht mehr.«

      »Du machst das extra jetzt, damit ich nicht ungestört Fernsehen gucken kann, oder?«, fragt er. »Warum kannst du nicht tagsüber staubsaugen? Jetzt könntest du, ich weiß nicht, wie wäre es mit – Wäsche falten?«

      Ich starre ihn an und versuche, nicht zu weinen.

      »Warum machst du das alles nicht, wenn ich auf der Arbeit bin?«, fragt er.

      »Du weißt, dass ich immer Baby Leo habe«, sage ich. »Ich schaffe das nicht.«

      »Lass mich den Staubsauger anschauen!«, bellt er.

      Als er beim Staubsaugeranschauen merkt, dass dieser deswegen nicht funktioniert, weil ich vergessen habe, eine neue Tüte reinzulegen, schreit er mich so laut an, dass ich tatsächlich heule.

      »Ich komme einfach nicht klar mit deiner Inkompetenz!«, schreit er. »Es geht so nicht weiter! Wenn ich mich um etwas nicht kümmere, wird es einfach nicht gemacht! Nichts funktioniert in dieser Scheißwohnung! Du bist total inkompetent, weißt du das? Warum kannst du nicht selbst reingucken in die Scheißmaschine und dich selbst um irgendetwas kümmern?«

      Ich heule nur – heule und heule.

      Die eine Hälfte von mir heult deswegen, weil er so unfair ist, weil es so unfair ist – ich bin heute um fünf aufgestanden, um zu putzen, wann soll ich denn aufstehen? Um vier? Aber die andere Hälfte von mir heult – nee, vielleicht ist es mehr als die Hälfte, vielleicht sind es 51%, oder sogar 52%, so wie beim Brexit, die Leavers, so viel – ein kleines bisschen mehr als die Hälfte heult, weil ich weiß, dass das absolut inakzeptabel ist. Wie kann ich vergessen haben, eine neue Tüte reinzutun? Und wo zur Hölle bewahren wir diese Scheißtüten auf? Und was wird er erst sagen, wenn er checkt, dass ich das nicht weiß?

      »Ich beschäftige mich nicht mehr mit deinem Kram!«, sagt er. »Komm bitte selbst damit klar. Bitte. Ich arbeite außerhalb der Wohnung – du arbeitest innerhalb der Wohnung. Ich mache meine Arbeit ganz okay, ich erwarte von dir, dass du es hinkriegst, Tüten in einen Staubsauger reinzulegen. Ist das zu viel verlangt?«

      Ich höre auf zu heulen. Ist der bescheuert oder was? Ist er tatsächlich bescheuert? Ich arbeite innerhalb der Wohnung, er arbeitet außerhalb der Wohnung, was denkt er sich denn? Warum holt er nicht einfach ein Au-Pair-Mädchen statt einer Partnerin? Aber ich sage nichts, ich sage nur: »Ich wische die Küche, dann gehe ich ins Bett.«

      Ryan kommt aus seinem Zimmer und flüstert mir zu: »Schon wieder Streit?« Ich nicke. »So kindisch von dir, Mama, zu glauben, du wärst verliebt.« Ich nicke noch mal.

      Am nächsten Tag, als ich um fünf Uhr aufstehe, sehe ich zwei Dinge – nee, drei Dinge. Einen Müllberg beim Sofa. Einen Geschirrberg auf dem Küchentisch. UND ROT. Ich wecke meinen Freund – und schreie ihn an.

      »DAS GEHT NICHT!!!«, schreie ich. »DAS GEHT NICHT! Nichts, was ich tue, ist gut genug, ich bin inkompetent, und du kommst hierher und lässt deinen Müll AUF DEM BODEN!?!? Du wirst jetzt aufstehen und das wegräumen, und zwar sofort!«

      Aus irgendeinem Grund steht er auf, mit Augen voller kaltem Hass, räumt die Sachen schweigend weg und dann spuckt er: »Ich werde zwei mal pro Monat jemanden von Helpling bezahlen, dass sie hierherkommen und das tun, was du nicht schaffst. Und jetzt gehe ich zurück ins Bett. Kapiert?«

      Ich fange an zu meditieren, aber ich bin, ehrlich gesagt, nicht super gut darin. Ich habe zu viele andere Gedanken. Irgendwie.

      Atme tief ein und spüre, wie die Luft deine Lungen erfüllt …

      Ich denke an Ross und Rachel aus Friends, er war Professor, Wissenschaftler, wie mein Freund, und hat Rachel eigentlich gehasst, genauso wie mein Freund mich hasst. Oh mein Gott, wir sind Ross und Rachel, keine Ahnung, warum die zwei als großes Liebespaar gelten, er mochte sie gar nicht …

      Atme tief ein und lasse diese tiefe Atmung über deinen ganzen Körper schwimmen.

      Ob sie noch zusammen sind? Seitdem sie nicht nach Paris ging …

      Rein in den Bauch –

      Er hat sie nie respektiert.

      – und raus durch die Nase –

      Er hat sie nur deswegen gemocht, weil sie hübsch war, aber gar nicht respektiert, und nie geliebt, und eigentlich dafür gehasst, dass sie hübsch war, oder?

      – und lasse alle negativen Energien raus aus deinem Körper, dein Körper ist befreit …

      Ross hat sie gehasst, weil sie nicht gut genug war für ihn, genau wie er dich hasst.

      Er hasst alles an dir – was du bist, wie du bist, und auch was du repräsentierst.

      Das Einzige, was er an dir mag, ist, dass du hübsch bist, und er denkt, deswegen werden andere Männer ihn respektieren, weil er eine hübsche Frau hat.

      Und jetzt, weil du dick bist, seit Leo geboren ist, gibt’s gar nichts mehr, was er an dir mag, und deswegen macht er dich so kaputt. Oder?

      Atme tief ein, fühle, wie frische Luft deinen Bauch füllt –

      Du wirst ihm nie beweisen, dass du gut genug bist, weil er dich als Mensch hasst.

      – spüre, wie jede Zelle deines Körpers mit neuer Energie wiederbelebt wird …

      BABY LEO IST WACH!

      Miracle Morning Routine total im Arsch.

      »Om!«, sagt Baby Leo. Ich weiß nicht, was er damit meint? Komm? Vielleicht.

      »Gib mir einen Kuss!«, sage ich. War das consensual genug, frage ich mich panisch, aber der Kuss fühlt sich voll consensual an, sein Rotz füllt mein Gesicht, positive Energie füllt meinen Körper.

      »Wir müssen deinen Bruder wecken«, sage ich zu ihm. Er nickt, als ob er mich verstehen würde. Vielleicht, denke ich, sollte ich, nachdem Ryan zur Schule gegangen ist, extra den Flur saugen, so dass mein Freund nicht schlafen kann? Nee, nee. So viel Hass auf ihn spüre ich gar nicht – noch nicht – und außerdem habe ich wirklich keine Ahnung, wo die Scheiß-Staubsaugertüten sind. Und: Wenn er gerade schläft, kann er sich nicht beschweren. Nee.

      Wie ich meinen Feminismus outgesourct habe

      Als mein