R.L. Stine

Fear Street 55 - Der Sturm


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Mist. Das tut mir echt Leid“, sagte Patrick schuldbewusst.

      „Halb so wild“, meinte Cindy und zog sich das Tuch von den Augen. „Erzähl uns mehr über den entflohenen Gefangenen.“

      „Was hat er verbrochen?“, wollte Donna wissen.

      Patrick gab keine Antwort.

      Donna wiederholte ihre Frage. „Patrick, was hat er verbrochen?“

      Er schüttelte den Kopf. „Das willst du gar nicht wissen. Glaub mir.“

      „Will ich wohl. Na los, sag schon!“ So leicht ließ Donna sich nicht abwimmeln.

      „Er hat drei junge Mädchen ermordet“, murmelte Patrick so leise, dass er kaum zu verstehen war.

      Einen Moment lang war es sehr still im Wagen, und man hörte nur das Geräusch des Motors.

      „Und wie hat er sie umgebracht?“, fragte Donna schließlich, während sie in den Kiesweg einbog, der durch den Wald zum Fear-Street-See führte.

      „Bitte! Das reicht jetzt“, protestierte Hannah lautstark und hielt sich die Ohren zu. „Ich muss nicht auch noch die schrecklichen Einzelheiten hören.“

      „Ich weiß nicht, wie er sie getötet hat“, musste Patrick zugeben. „Das hat mein Vater mir nicht gesagt. Er meinte nur, wir sollten sehr, sehr vorsichtig sein.“

      „Warum hast du uns das nicht vorher erzählt?“, wollte Donna wissen. Sie parkte den Minivan dicht am Ufer des Sees. Von hier aus konnte man im Mondlicht den Anleger der großen Insel im See schon erahnen. „Dann hätten wir uns für heute Abend etwas anderes überlegen können.“

      „Ich hab meinem Vater versprochen, kein Sterbenswörtchen zu verraten“, erklärte Patrick. Er seufzte wieder. „Hätte ich doch bloß nicht die blöde Knarre rausgeholt, als wir Cindy gekidnappt haben! Dann hättet ihr nie was von der Sache erfahren. Wir hätten uns einfach eine nette Zeit auf der Insel gemacht …“

      „Vielleicht sollten wir lieber woanders feiern“, schlug Hannah vor. Ihre Stimme klang gepresst und angespannt. „Nur um auf Nummer sicher zu gehen.“

      „Ich finde, Hannah hat Recht“, pflichtete Patrick ihr überraschend bei.

      Gil schüttelte den Kopf. „Kommt überhaupt nicht infrage. Ich hab keine Angst.“

      „Ich auch nicht“, meldete sich jetzt Jackson zu Wort. „Außerdem haben wir verdammt hart gearbeitet, um die Hütte auf Vordermann zu bringen. Und unsere ganzen Sachen sind schon dort. Wir müssten so oder so hinüberrudern, um sie zu holen.“

      „Außerdem: Warum sollte sich ein entflohener Häftling ausgerechnet auf Fear-Island verstecken?“, fragte Cindy. „Eigentlich müsste er doch eher scharf darauf sein, so weit wie möglich zu fliehen. Wetten, er ist inzwischen längst in einem anderen Bundesstaat?“

      „Hört, hört! Unser Geburtstagskind hat gesprochen“, sagte Gil grinsend. „Na ja, Cindys Wunsch muss uns heute ja Befehl sein …“

      Donna hörte, wie die Seitentür des Vans aufgeschoben wurde, und sah, wie Gil als Erster hinaussprang. Dann kam Patrick, der Cindy beim Aussteigen half. Auch Hannah öffnete zögernd die Beifahrertür.

      Auf einmal fand sich Donna allein mit Jackson im Wagen wieder.

      „Und was ist mit dir?“, fragte er sie. „Hast du Angst?“

      Donna drehte sich zu ihm um. Sie zwang sich, Jackson direkt in die dunklen Augen zu blicken.

      Seine Worte hatten herausfordernd geklungen. Fast, als würde er hoffen, dass sie Angst hätte. Als hätte er vor, sie zu verunsichern.

      „Nein, hab ich nicht“, antwortete sie kurz angebunden.

      „Das nehm ich dir nicht ab“, erwiderte Jackson ruhig. „Mir wäre an deiner Stelle jedenfalls ziemlich unwohl bei dem Gedanken, dass hier vielleicht ein Mörder herumläuft, der sich auf junge Frauen spezialisiert hat …“

      Donna spürte, wie sie feuchte Hände bekam. „Du bist ein Idiot!“, fauchte sie ihn an. „Der Mörder ist nicht hier draußen. Cindy hat Recht: Warum sollte er sich ausgerechnet auf Fear-Island verstecken? Das macht doch keinen Sinn.“

      Ein seltsames kleines Lächeln spielte um Jacksons Lippen. „Du kannst jedenfalls nicht behaupten, ich hätte dich nicht gewarnt.“

      Sein Lächeln jagte Donna einen kalten Schauer über den Rücken. Sie fröstelte plötzlich.

      „Soll das eine Drohung sein?“, fragte sie sich.

      Wie durchgedreht war der Kerl eigentlich?

      5

      „Kommt schon, Leute, beeilt euch mal ein bisschen!“, rief Patrick ungeduldig. „Wir verschwenden mit dem Gelaber nur unnötig unsere Zeit. Lasst uns endlich feiern!“

      Nachdem sie den Minivan abgeschlossen hatte, folgte Donna den anderen zu einem alten Holzsteg am Ufer des Sees. Dort war ein großes Ruderboot angebunden, das auf dem dunklen Wasser leicht hin und her schaukelte.

      Patrick stieg als Erster hinein. Dann half er Hannah ins Boot.

      Donna zitterte vor Kälte und stellte den Kragen ihrer Jeansjacke hoch. Sie konnte es kaum erwarten, endlich in die Hütte zu kommen.

      Der Wind hatte aufgefrischt, dichte Wolken zogen schnell über den Nachthimmel und verdeckten den Mond wieder.

      Donna brauchte keinen Wetterbericht, um zu wissen, dass es bald wie aus Eimern schütten würde. Sie hoffte nur, dass sie nicht noch im Boot sitzen würden, wenn das Unwetter losbrach.

      Als Letzte kletterte sie an Bord. Hannah reichte ihr die Hand, als sie in dem wackligen Boot beinah das Gleichgewicht verloren hätte.

      Mit leichtem Unbehagen stellte Donna fest, dass nur noch ein Platz zwischen Patrick und Jackson frei war.

      Sie setzte sich hin, klemmte die Hände zwischen die Knie und starrte stur geradeaus.

      Ihr gegenüber saß Gil zwischen Cindy und Hannah eingekeilt. Hannah stieß sie vom Steg ab, und Jackson und Patrick begannen zu rudern.

      „Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, ich friere jedenfalls schrecklich“, jammerte Cindy und klapperte mit den Zähnen.

      „Wir sind vorhin so schnell abgehauen, dass wir ganz vergessen haben, deine Jacke von zu Hause mitzunehmen“, sagte Donna schuldbewusst.

      „Hier. Du kannst meine anziehen.“ Gil schlüpfte aus seiner Jacke und legte sie Cindy um die Schultern. „Ist es so besser?“

      „Hmm“, seufzte Cindy wohlig. „Danke, das ist lieb von dir.“

      „Wenn das nicht reicht, gäbe es da noch eine bessere Möglichkeit, dich wieder aufzuwärmen“, fügte Gil mit einem anzüglichen Grinsen hinzu.

      Donna verdrehte genervt die Augen. Gil war echt ein Blödmann. Sie wusste wirklich nicht, wie Hannah es mit ihm aushielt. Baggerte er doch glatt in ihrer Gegenwart eine andere an. Und dann auch noch seine Exfreundin!

      Aber Cindy war auch nicht besser. Sie liebte es, die Jungen um den Finger zu wickeln. Donna fand es absolut nervtötend, dass sich Gil – oder jeder andere Typ – in ein hechelndes Hündchen verwandelte, sobald er in Cindys Nähe kam.

      Dann merkte Donna, dass es jemanden gab, der dieses Schauspiel offenbar noch viel abstoßender fand als sie.

      Hannah schien ihre Wut kaum im Zaum halten zu können. Es musste ganz schön hart sein zu beobachten, wie der eigene Freund mit seiner Ex rumflirtete.

      „Hey!“, rief Patrick plötzlich und hörte auf zu rudern. „Was ist denn das?“

      „Was?“, fragte Donna.

      „Da ist irgendwas im Wasser!“

      „Wie willst