was sie zu hören bekommen würden.
»Ich bin mir sicher, am Abend vor dem Brandanschlag alle Programme beendet und meinen PC heruntergefahren zu haben. Aber weil jeder Mensch auch mal einen Fehler macht, haben wir uns zuletzt dann alle doch gedacht, ich sehe Gespenster und alles war ein reiner Zufall. Heute – wir haben noch zusammen eine Tasse Kaffee getrunken, bevor ich mit der Arbeit angefangen habe – da beredeten wir das mit dem nicht heruntergefahrenen PC noch einmal. Und da kam der Quirin auf die Idee, ich sollte mir von dem Tag vor dem Brand noch einmal den ›Verlauf‹ ansehen. Wenn da in dem Zeitraum, wo ich selber mit Sicherheit nicht dran gewesen sein kann, etwas angezeigt wird, dann wäre das der Beweis dafür, dass ich mich nicht getäuscht habe.«
»Ausgefuchst!«, entfuhr es da dem Liebknecht. »Der Quirin, meine ich!« Das fügte er hinzu, weil ihn die beiden Frauen so spontan auf seine Bemerkung hin anschauten.
Dabei sahen ihn die beiden nicht an, weil er ›Ausgefuchst!‹ gesagt hatte. Vielmehr überraschte es sie, dass er überhaupt seinen Mund aufbrachte.
»Jetzt machen Sie mich aber neugierig«, sagte der Köstlbacher. »Was zeigte der ›Verlauf‹ an?«
»Genau gesagt, geht es um den ›Verlauf‹ und die Anzeige ›zuletzt verwendete Dokumente‹. Ich habe am Tag des Brandes bis Mittag am PC gearbeitet, hatte anschließend einen Termin im Finanzamt. Frau Söll war noch auf Geschäftsreise, wenngleich schon auf dem Weg nach Regensburg. Das Haus stand leer, bis ich gegen 16.00 Uhr zurückkam. Da brannte und rauchte es. Ich wagte mich nicht ins Haus und rief sofort die Feuerwehr. – Soweit habe ich Frau Kommissarin Koch das auch schon erzählt«, begann die Sekretärin Sandra Würtz.
»Hm!«, brummte der Köstlbacher. »So steht es auch in ihrem Bericht!«
»Letztendlich kamen wir alle mit dem Schrecken davon. War ja nichts Dramatisches passiert. Trotzdem, nachdem die Kommissarin von der Kripo schon mal da war, gingen wir, Frau Söll, Frau Koch und ich, durchs Haus, um uns einen groben Überblick zu verschaffen, ob was fehlt«, fuhr die Würtz fort.
»Spontan schien alles in Ordnung zu sein, steht im Bericht der Kollegin Koch. Hat sich daran was geändert?«, fragte der Köstlbacher, weil das ohnehin eine der Fragen gewesen war, die er hätte stellen wollen.
»Nein! Außer eben das mit dem PC!«, antwortete die Würtz.
»Genau! Was war nun damit?«, fragte der Köstlbacher, weil dies ihn natürlich am meisten interessierte.
»Da war eindeutig jemand an meinem PC!«, platzte die Würtz heraus.
»Sie haben doch ein Passwort, oder?«, schaltete sich überraschend der Liebknecht ein. Sein Chef hatte es mit Computern nicht so. Auf die Idee wäre der erst gar nicht gekommen. Alles, was mit Computern zu tun hatte, schob der Köstlbacher immer gleich weiter an den Kollegen Jens Spitzer von der Abteilung Technik.
»Selbstverständlich habe ich ein Passwort. Er muss es wohl gekannt haben!«, log die Würtz und schüttelte dabei ihren Kopf, was wohl so viel bedeuten sollte, wie: ›Wer arbeitet heute noch ohne Passwort?‹
Tatsache war allerdings, dass der PC relativ neu war und sie zum Zeitpunkt des Brandes noch kein Passwort eingerichtet hatte. Aber diesen Fehler wollte sie vertuschen. Wer auch sollte das bemerken? Inzwischen gab es ein Passwort!
Der Liebknecht zog da nur etwas ungläubig seine Augenbrauen hoch. Natürlich gab es genug Leute, für die Passwörter kein unlösbares Problem darstellten. Aber jemand, der in einem PC nach irgendwelchen Dateien sucht, ist nicht zwangsläufig einer von denen.
Der Köstlbacher machte eine ungeduldige Handbewegung. Passwort hin oder her, er wollte wissen, nach was die Festplatte durchforstet worden ist.
»Ums Passwort kümmern wir uns später! Jetzt sagen Sie uns doch endlich, was Sie herausgefunden haben!«, polterte der Köstlbacher los.
Die Würtz wurde schlagartig etwas blass im Gesicht, als der Köstlbacher davon sprach, dass sich die Kripo um das Passwort später kümmern würde. Aber die Angst verflog schnell wieder. Wie sollte das herauskommen, dass sie das Passwort erst heute …? Und außerdem, sie konnte es ja auch heute geändert haben.
»Also zuerst zum ›Verlauf‹! Ich habe natürlich nicht mehr genau im Detail im Hinterkopf, welche Internetseiten ich der Reihe nach geöffnet hatte. Aber ich bin mir absolut sicher, nie auf der Seite ›Sichel und Hammer‹ gewesen zu sein.«
»›Sichel und Hammer‹?«, fragte der Liebknecht.
»›Sichel und Hammer‹!«, bestätigte Frau Söll. »Frau Würtz hat’s mir auch gezeigt. Können Sie sich da einen Reim drauf machen?«
Dass beim Köstlbacher und bestimmt auch beim Liebknecht die Alarmglocken zu läuten begannen, kannst du dir vorstellen. Aber weder der eine, noch der andere ließen sich das anmerken. In diesem Stadium der Ermittlungen durfte nichts an die Öffentlichkeit gelangen, was auch nur im Entferntesten das Interesse der Klatschpresse auf den Plan rufen könnte.
»Und dass Ihr Quirin …?«, fragte der Köstlbacher, ohne auf die Frage von Frau Söll überhaupt erst einzugehen.
»Quirin? Nein! Der hat seinen eigenen PC! An den im Büro würde sich Quirin nie setzen!«, antwortete Frau Söll entrüstet.
»Zeigte der Verlauf noch andere Seiten an, bei denen Sie ausschließen können, selbst drauf gewesen zu sein?«, fragte der Liebknecht, einerseits aus Interesse, andererseits um von der ›Sichel und Hammer‹ Sache abzulenken.
»Ja! Eine war noch. SCHERBENTANZ! Hab mir die Seite genau angesehen. Ist eine Regensburger Band!«
»SCHERBENTANZ?«, fragten der Köstlbacher und der Liebknecht zeitgleich wie aus einem Mund.
»Sie kennen die Band?«, fragte Frau Söll? »Mein Sohn kannte sie nicht!«
»Zufall!«, erwiderte der Köstlbacher, froh, sich so herauswinden zu können. »Der Drummer der Band ist ein guter Bekannter von uns beiden.«
»Wegen dieser Seite bin ich überhaupt erst drauf gekommen, nachzusehen, welche Seite eventuell sonst noch ohne mein Wissen geöffnet wurde«, sagte Frau Würtz.
»Wie sollen wir das verstehen?«, fragte der Köstlbacher.
»Der Bildschirm schaltet ja automatisch ab. Und wenn man eine Taste oder die Maus berührt, ist er wieder aktiv«, erklärte Frau Würtz.
»Schon klar! Heißt das jetzt, Sie haben Ihre Tastatur berührt und die Seite von SCHERBENTANZ war zu sehen?«, fragte der Liebknecht.
Seine Zurückhaltung in Gegenwart der beiden schönen Frauen war völlig verschwunden. Selten, dass der Liebknecht so sehr Ermittler war, dass er auch denken konnte, wenn sich attraktive Frauen in seinem Gesichtsfeld aufhielten.
»Nicht die Startseite! Es war der Text zu dem Song ›AUSGEBRANNT‹!«, verbesserte die Würtz.
»Handgeschrieben und offensichtlich ein Erstentwurf, zumindest wenn man die Rechtschreibung beachtet.«
»Makaber im Zusammenhang mit dem Brandanschlag! Finden Sie nicht!«, fragte Frau Söll.
Auch auf diese Frage ging der Köstlbacher nicht ein. Stattdessen meinte er: »Fingerabdrücke werden wir ja keine mehr sicherstellen können.«
»Einen Versuch wär’s trotzdem wert!«, sagte der Liebknecht. »Ich nehme an, Sie brauchen den PC dringend! Wenn wir ihn mitnehmen, bekommen Sie ihn nicht vor übermorgen zurück. Wir könnten aber unseren Kollegen von der Spurensicherung herbeordern. Dann ging’s in weniger als einer Stunde!«
Ein Blickkontakt mit seinem Chef und sein kurzes Nicken bestärkte den Liebknecht in seinem Vorschlag.
»Wenn’s nicht anders geht. Hoffentlich geht das auch wirklich schnell. Ein Termin mit dem Finanzamt steht an. Die Zeit rinnt uns durch die Finger!«, meinte Frau Söll.
Der Liebknecht ging schnell aus dem Raum, um zu telefonieren. Der Köstlbacher deutete ihm beim Verlassen des Zimmers noch mit zwei Fingern an, dass er