und Impulsivität als einer validen Störungseinheit abzugrenzen. Entsprechend werden die Kriterien, Dauer, Alter bei Beginn, Pervasivität, Beeinträchtigung, Diskrepanz und Ausschluss als unabdingbare Zusatzmerkmale definiert. Mit den ersten drei in Kasten 2.3 noch einmal hervorgehobenen Kriterien werden spezifische Bedingungen für das Vorliegen von ADHS definiert, während die letzten drei Kriterien von allgemeiner Bedeutung für die Definition jeglicher psychischen Störung in Abgrenzung zur Normalität sind. Diese zusätzlichen Kriterien verhindern, dass isoliert und passager auftretende Symptome fälschlicherweise zu einer Diagnose erhoben werden.
Kasten 2.3: Zusätzliche diagnostische Kriterien für ADHS in ICD und DSM
• Dauer: Die Symptomkriterien müssen für die letzten sechs Monate erfüllt worden sein
• Alter bei Beginn: Die Symptome sind typischerweise bereits in der frühen bis mittleren Kindheit vorhanden.
• Pervasivität: Beeinträchtigungen durch die Symptome zeigen sich in zwei oder mehr Bereichen (z. B. Schule, Arbeit, zu Hause)
• Beeinträchtigung: Die Symptome müssen zu einer signifikanten Beeinträchtigung geführt haben (sozial, schulisch, beruflich)
• Diskrepanz: Die Symptome sind deutlich stärker als bei Kindern mit gleichem Alter, Entwicklungsstand und gleicher Intelligenz
• Ausschluss: Die Symptome sind nicht auf eine andere seelische Störung zurückzuführen
2.4 Klassifikation in anderen Altersgruppen
Mit ihrer Fokussierung auf den Altersbereich von sechs bis zwölf Jahren sind die diagnostischen Kriterien für jüngere Kinder, Jugendliche und Erwachsene nur bedingt geeignet. Mit dem entwicklungsabhängigen Wandel der Symptomatik (
In der Klassifikation für Störungen bei Säuglingen und Kleinkindern(National Center for Infants, Toddlers und Families 1999) ist wegen der noch ungenügend sicher stellbaren Diagnose von ADHS lediglich auf der Achse I unter Regulationsstörungen mit dem Code 403 der »Typ III: Motorisch desorganisiert, impulsiv« berücksichtigt. Die Klassifikation von ADHS im Vorschulalter durch eine amerikanische Task Force on Research Diagnostic Criteria: Infancy and Preschool (2003) listet die zahlreichen Studien zur Reliabilität und Validität von ADHS im Vorschulalter auf und kommen zu geringen Modifikationen der DSM-IV-Kriterien (RDC-Preschool Age, August 2002, www.infantinstitute.com). In diesem Bericht wird festgestellt, dass zunächst das Kriterium für die Dauer der Störung im Umfang von sechs Monaten für dieses Alter zu lang sei und empirisch überprüft werden müsste. Ferner seien drei Merkmale der Aufmerksamkeitsstörung (Sorgfaltsfehler, verliert Dinge, vergesslich) und ein Merkmal der Hyperaktivität (von einem Motor getrieben) und ein Merkmal der Impulsivität (platzt mit Antworten heraus) zwar entwicklungsunangemessen, würden aber beibehalten, weil empirische Studien gezeigt hätten, dass Vorschulkinder mit diesen Kriterien diagnostiziert werden könnten. Schließlich werden fünf experimenentelle Symptome vorgeschlagen:
1. Modifiziertes A1d-Kriterium: Führt häufig Anweisungen anderer nicht vollständig durch und kann Aufgaben und Pflichten nicht zu Ende bringen (nicht aufgrund von oppositionellem Verhalten oder Verständnisschwierigkeiten).
2. Modifiziertes A1 f-Kriterium: Vermeidet häufig, hat eine Abneigung gegen oder beschäftigt sich häufig nur widerwillig mit Aufgaben, die längerfristige geistige Anstrengung erfordern (z. B. Vorgelesen bekommen, Basteln).
3. Modifiziertes A2b-Kriterium: Verlässt häufig den Sitz in Situationen, in denen Sitzenbleiben erwartet wird.
4. Modifiziertes A2c-Kriterium: Läuft häufig herum oder klettert exzessiv in Situationen, in denen dies unpassend ist (z. B. in gefährlichen Situationen).
5. Ein Fehlen von oder eine sehr begrenzte Fähigkeit zu anhaltenden Perioden von ruhiger, gut kontrollierter Aktivität.
Die Modifikation der Kriterien für das Jugendalter ist weitgehend noch ausstehend, wenngleich aus der Verlaufsforschung (
Weitgehend ausstehend ist auch eine Revision der spezifischen diagnostischen Kriterien für das Erwachsenenalter. Die Leitsymptome Aufmerksamkeitsdefizit, Hyperaktivität und Impulsivität haben weiterhin Gültigkeit. Zumindest in den operationalisierten Kriterien werden für die Diagnostik z. B. die schulbezogenen Merkmale durch den Bezug auf Arbeit und Beruf ersetzt (
2.5 Kategorialer und dimensionaler Ansatz
In der zeitgenössischen Debatte über die Klassifikation psychopathologischer Störungen bilden sich sowohl kategorial qualitative als auch dimensional quantitative Ansätze ab. Diese Debatte findet auch bei der Klassifikation von ADHS ihren Niederschlag. Mit dem kategorialen Ansatz wird angenommen, dass die Kernmerkmale Hyperaktivität, Aufmerksamkeitsstörung und Impulsivität aufgrund von Symptomen, Ätiologie oder anderen Merkmalen eine klare Unterscheidung zwischen Individuen mit oder ohne ADHS ermöglichen. Diese Annahme wird auch unter der Annahme quantitativ verschiedener Merkmalsausprägungen aufrechterhalten. In dieser Sichtweite ist ADHS analog zu Krankheiten wie Masern oder Mumps zu betrachten.
Der kategoriale Ansatz steht mit der klinischen Praxis im Einklang, dass Erfahrung und Konsens die Basis der Einteilung von Krankheiten und Störungen bilden. Diese beruhen letztlich auf der klinischen Urteilsbildung, die wiederum auf der Exploration und Beobachtung des Patienten beruht. Mit der klaren Grenzziehung zwischen verschiedenen Einheiten von Störungen werden selbst verwandte Konzepte wie z. B. ADHS und Störungen des Sozialverhaltens unterscheidbar, die bei dimensionalen Ansätzen eher hohe Assoziationen aufweisen. Argumentative Stützen für die Gültigkeit des kategorialen Ansatzes lassen sich sowohl in der Analyse von komorbiden Störungen als auch in Untersuchungen mit der statistischen Methode der Latent Class Analysis finden.
Das in der Medizin traditionell unter Komorbidität abgehandelte Phänomen der koexistierenden psychischen Störungen ist auch bei ADHS ein häufiges Phänomen (
Verschiedene