Günter Dönges

Butler Parker Staffel 10 – Kriminalroman


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Liftanlage. Er spielte in fast leicht-sinniger Weise mit den vielen Hebeln und Druckknöpfen, bis es zu einem Kurzschluß kam. Eine kleine, bläu-lich gefärbte Flamme schoß aus dem Schaltkasten hervor. Ruckartig blieb das Umkehrrad stehen – und da-mit auch der Lift.

      Doch das kümmerte den kernigen Gamsbart überhaupt nicht.

      Er schien diesen peinlichen Zwischenfall völlig übersehen zu haben. Er verließ die Talstation und ging hinüber zu dem hochbeinigen Wagen des Butlers.

      Erstaunlicherweise trug dieser Rauschebart jetzt einen altväterlich gebundenen Regenschirm, der über sei-nem linken Unterarm hing.

      *

      »Was hat denn das zu bedeuten?« Paul Storn blieb stocksteif vor Angst sitzen, als der Sessellift ruckartig stoppte. Madson klammerte sich an der Sessellehne fest und gab sich überlegen.

      »Eine kleine Pause«, sagte er.

      »Wieso?« Storn genügte diese Auskunft nicht. Vorsichtig schielte er nach unten in den Schnee und schloß sofort beeindruckt die Augen. Er kämpfte gegen ein aufsteigendes Schwindelgefühl.

      »Gleich wird’s weitergehen«, sagte Madson, »nur keine Panik, Paul!«

      »Sehen Sie mal nach unten, Chef«, verlangte Madsons Faktotum.

      »Na und?« Madson kam der Aufforderung nach und schluckte. Das hatte er wirklich nicht erwartet. Der Sessel, in dem sie saßen, stand genau über einer tiefen Schlucht, die in die finstere Hölle zu führen schien.

      »Hier kommen wir niemals raus«, stöhnte Storn, »wir sind verloren, Chef!«

      »Nun reißen Sie sich mal zusammen, Paul«, fuhr Madson sein Faktotum an, »es wird gleich weitergehen.«

      »Und wenn nicht, Chef?«

      »Dann wird man uns eben runterholen.«

      »Aber wie?«

      »Das weiß ich doch nicht!« Madsons Stimme erwärmte sich von Wort zu Wort. »Und hören Sie jetzt mit dem blöden Schaukeln auf!«

      »Ich schaukle doch gar nicht! Das ist der Wind.«

      »Trotzdem«, sagte Madson, um das letzte Wort zu haben. Dann kämpfte er gegen eine aufkommende Übelkeit an, denn der Nachtwind versetzte den Liftsessel in Schwingungen, die seinem Magen nicht recht bekamen.

      »Parker!« stöhnte Storn plötzlich. »Das ist Parker gewesen, Chef!«

      »Wer?«

      »Der Mann mit dem Bart. Der, der uns in den Lift gesetzt hat.«

      »Unmöglich«, behauptete Madson.

      »Sie leiden wohl an Verfolgungswahn, wie?«

      »Er hat uns reingelegt. Er ist es gewesen. Normalerweise ist der Sessellift um diese Zeit außer Betrieb.«

      »Und das sagen Sie erst jetzt, Sie Idiot? Konnten Sie mich nicht warnen?«

      Mehr vermochte Madson im Augenblick nicht zu sagen, denn die Übelkeit in seinem Magen verdichtete sich derart, daß er wenige Sekunden später zwar nicht Neptun, doch den Göttern der Bergwelt opfern muß-te.

      Durchgeschüttelt von Madsons Würgen, geriet der luftige Sessel in bedenkliche Schwankungen.

      *

      »Berücksichtigen Sie die Außentemperaturen«, mahnte Mike Rander, nachdem sein Butler Bericht erstat-tet hatte. »Die beiden Killer können glatt zu Eiszapfen werden.«

      »Sie können sich auf meinen Zeitplan verlassen, Sir«, sagte Josuah Parker würdevoll, »Ich werde die zu-ständigen Behörden rechtzeitig informieren.«

      »Wie lange, glauben Sie, werden die beiden Killer es im Lift aushalten?«

      »Nach Abschluß der Bergungsarbeiten, Sir, dürfte Ihre Besprechung mit den möglichen Opfern längst vorüber sein.«

      Parker war von seinem Alleinausflug zur Talstation des Sessellifts in das Chalet seines Herrn zurückge-kehrt. Er hatte sich des Lodenmantels und des Gamshutes entledigt. Utensilien, die er in einem Korridor-wandschrank des Hauses entdeckt hatte. Sie gehörten zum Eigentum des Besitzers, wie sich später zeigte.

      Als Meister der Improvisation hatte der Butler sich diese Dinge kurzfristig entliehen und sinnvoll einge-setzt. Seine Kunst der Maske hatte sich auch in diesem Fall wieder mal voll bewährt. Parker beschäftigte sich anschließend mit den Vorbereitungen für die geplante Zusammenkunft. Er war gespannt, wer nun tatsächlich der Einladung seines jungen Herrn folgte. Er teilte auf keinen Fall den Optimismus Mike Randers, der fest damit rechnete, daß alle kommen würden.

      *

      Seine Skepsis erwies sich als berechtigt.

      Die Herren Delair, Mannister und Latour ließen sich nicht sehen. Und als Parker sie in ihren diversen Häusern anläutete, erfuhr er vom jeweiligen Personal, die Herrschaften hätten Kandersteg plötzlich verlas-sen. Gründe wurden in keinem Fall genannt.

      »Die haben wohl kalte Füße bekommen«, stellte Baxter ironisch fest. Der braungebrannte, sportliche Mann stand mit einem Glas in der Hand am geschlossenen Fenster.

      »Kann ich sogar verstehen«, schaltete Natway sich ein. Er war ebenfalls etwa dreißig Jahre alt und sah keineswegs wie ein erfolgreicher Unternehmer aus. Auch für ihn schien der Sport Lebensinhalt zu sein.

      Morgan, etwas untersetzter und bullig wirkender, wanderte nervös im großen Wohnraum des Chalets herum und rauchte Kette. Er blieb plötzlich stehen und sah Mike Rander herausfordernd an.

      »Kommen Sie zur Sache«, sagte er. »Ihrer Ansicht nach ist also ein Mordspezialist hinter einem von uns her. Worauf gründet sich Ihre Sicherheit?«

      »Mein Butler wird Ihnen darauf antworten«, gab der Anwalt zurück.

      »Wenn Sie erlauben, werde ich mich relativ kurz fassen«, sagte Josuah Parker, um dann die Vorgeschichte seines Zusammentreffens mit Madson zu erzählen. Er erwähnte die Brieftasche, die nach seiner jetzigen Ver-sion Madson verloren und die er höflicherweise aufgehoben hatte. Dann kam er auf das Zeitungsfoto zu sprechen.

      »Ich war so frei«, fuhr Parker fort, »von der Voraussetzung auszugehen, daß ein Mann wie Mister Madson solch ein Foto keineswegs zufällig mit sich herumträgt. Ich unterstellte also, daß einer der sieben abgelichte-ten Herren sein nächstes Opfer sein muß.«

      »Ziemlich weit hergeholt«, stellte Baxter ironisch fest. »Könnte dieser Killer nicht hier in Kandersteg Ur-laub machen?«

      »Die Tatsache Ihres Kommens, Sir, beweist mir, daß zumindest Sie gewisse Befürchtungen hegen.«

      »Das war gut gegeben«, stellte Natway lachend fest.

      »Du bist schließlich auch hier«, bemerkte Baxter spitz und anzüglich.

      »Lassen wir die Spiegelfechterei!« Morgans Stimme klang sachlich. »Wir drei sind gekommen, unsere Altherrenriege hat sich verdrückt. Wir alle haben Angst, gekillt zu werden. Stimmt’s?«

      »Wer hat keine Feinde?« fragte Baxter.

      »Feinde, von denen er erwartet, daß sie einen Killmaster engagieren?« warf der Butler ein. »Darf ich da-von ausgehen, daß Sie mit solchen Feinden rechnen?«

      »Für mich ist das richtig«, pflichtete Natway ihm sofort zu, »aber fragen Sie mich nie nach den Gründen dafür. Das sind reine Privatdinge.«

      »Ich könnte mir ebenfalls vorstellen, daß man mich umbringen lassen will«, gestand Natway, »aber wie im Fall Morgan werde auch ich nie über die Gründe reden.«

      »Okay, unter diesen Voraussetzungen gebe ich zu, daß ich ebenfalls einen Todfeind habe«, räumte Mor-gan ein, »aber auch meine Gründe bleiben privat.«

      »Die Gründe sind unwichtig«, schaltete der Butler sich wieder ein, »es geht darum, den geplanten Mord zu verhindern!«

      »Sie reden nur von einem Mord«, meinte