Günter Dönges

Butler Parker Staffel 10 – Kriminalroman


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schlecht«, schloß der Butler und dachte an das Alphornquartett, das er für ein Frühkonzert vor dem Ferienhaus des Killmasters engagiert hatte.

      *

      Es schneite.

      Das eben noch strahlende Winterwetter hatte sich rapide verschlechtert. Der Himmel war dunkel und schneeschwer. Auf den Straßen arbeiteten bereits die Räumkolonnen. Der Skisport auf den Hängen war zum Erliegen gekommen.

      Madson, der sich vom Frühkonzert einigermaßen erholt hatte, wanderte nervös und schnüffelnd durch die Räume seines Ferienhauses. Zusammen mit Storn hatte er endlich die Geruchspender entdeckt und zusam-mengetragen.

      Auf einem kleinen Beistelltisch lagen kleine Käsestückchen, die man im Schlafzimmer und sogar im Bad entdeckt hatte. Der Dielenboden im Ferienhaus war gut zu einem Viertel aufgerissen und aufgepickelt wor-den. Storn hatte ganze Arbeit geleistet.

      Das Faktotum des Killers trug die Molkereiprodukte jetzt aus dem Haus, das heißt, er wollte es.

      Er öffnete die Haustür und prallte zurück. Eine Wand aus Eis und Schnee knapp hinter der Tür hinderte ihn am Verlassen des Hauses. Diese Schneewand sah ungemein kompakt aus.

      »Chef.« schrie Paul, als er in panischer Angst zurück in den Wohnraum rannte. »Chef, wir sind total ein-geschneit.«

      »Reden Sie doch keinen Blödsinn, Paul!« Madson deutete durch die Fenster des Wohnraums in den an-grenzenden kleinen Garten, wo Alt- und Neuschnee zusammen nur höchstens anderthalb Meter ausmachten.

      »Wir sind eingeschneit«, wiederholte Paul Storn hartnäckig, »die Tür ist völlig blockiert.«

      Madson bemühte sich mißtrauisch aus dem Wohnzimmer, betrat den Korridor und prallte vor der Schneewand zurück.

      »Das kann doch nicht sein«, wunderte er sich. »Woher soll der Schnee denn gekommen sein?«

      »Vielleicht ’ne kleine Lawine?«

      »Ausgeschlossen!« Madson hatte bereits einen – bestimmten Verdacht, den er allerdings noch nicht äu-ßern wollte. Er lief zurück in den Wohnraum und von dort aus hinüber in die angrenzende Bauernstube, von wo aus man hinaus auf die Straße sehen konnte.

      »Normale Schneelage«, stellte er fest, um dann wieder zur Eingangstür zu laufen.

      »Das muß Parker getan haben«, sagte er dann zu Storn. »Besorgen Sie eine Schaufel, Paul!«

      »Wir können durch den Keller raus in den Garten, Chef.«

      Madson nickte und stürmte über die steile Treppe nach unten in den Keller. Dann entriegelte er die Tür, riß sie auf und betrat zusammen mit seinem Faktotum den tiefverschneiten kleinen Garten. Sie arbeiteten sich durch den Schnee und schoben sich um die Hausecke herum.

      Jetzt sahen sie die weiße Bescherung.

      Die Auffahrt zur Garage und zur seitlich angebrachten Haustür war meterhoch voll Schnee. Diese Massen konnte nur ein Schneeräumer in und auf die Auffahrt gewirbelt haben.

      »Parker«, sagte jetzt auch Storn. Seine Stimme klang fast andächtig. »Das muß der Butler gewesen sein.«

      »Sehr albern«, ärgerte sich Madson. »Aber wirksam«, fügte Storn hinzu, »irgendwo unter den Massen muß der Wagen sein.«

      »Lassen Sie sich Zeit, Paul! Ich gehe zu Fuß.«

      »Ich soll allein …?«

      »Ich habe eine wichtige Verabredung«, behauptete Madson, »und bei der Gelegenheit werde ich bei der Gemeindeverwaltung Krach schlagen. Die können uns doch nicht festzementieren, selbst wenn Parker daran gedreht hat.«

      Madson mußte notgedrungen auf seinen Fuchsfellmantel verzichten, denn der roch noch zu penetrant nach diversen Käsesorten. Er begnügte sich mit seinem Skidreß und machte sich bald auf den Weg.

      Madson wollte Kontakt mit seinen Mitarbeitern aufnehmen, die er schon von Bern aus nach Kandersteg bestellt hatte. Es galt, den ursprünglichen Arbeitsplan abzuändern. Madson war nach wie vor fest entschlos-sen, seinen Auftrag auszuführen. Auch ein Parker konnte ihn nicht daran hindern.

      Während seines Fußmarsches durch den Schnee sah er sich immer wieder nach einem etwaigen Verfolger um. Die Gegenwart Parkers hatte ihn mißtrauisch, nervös und unsicher gemacht, obwohl er das Storn ge-genüber abgestritten hätte. Dieser Parker war in seinen Augen der einzige Mann, der ihm gefährlich werden konnte.

      Schneebedeckt betrat Madson die Hauptpost und führte von hier aus ein einziges Telefongespräch. Ein Ortsgespräch übrigens.

      Dann ging er zurück auf die Hauptstraße und verschwand in einem Tanz-Café, in dem selbst am frühen Morgen ein erstaunlicher Betrieb herrschte.

      Madson setzte sich an das Ende der Bar und wartete darauf, daß sein erster Ersatzmann sich bei ihm mel-dete.

      *

      Parker war in bester Stimmung, als er den Schneepflug verließ.

      Er hatte ihn kurzerhand entführt. Und zwar nur für knapp zehn Minuten, als der Fahrer dieses Großräum-ers in einer Kneipe verschwunden war. Diese zehn Minuten hatten ihm vollkommen gereicht, Madsons Feri-enhaus mit zusätzlichem Schnee zu versorgen.

      Parker konnte ein großes Kind sein, wenn es um technische Dinge ging. Als er den Schneepflug sah, reizte es ihn einfach, das Gerät mal auszuprobieren. Da Madsons Haus in der Nähe lag, lud er den Schnee gleich nutzbringend ab.

      Nach diesem Zwischenspiel, das ihn voll befriedigt hatte, saß der Butler jetzt in seinem hochbeinigen Monstrum und bewachte die Zufahrtstraße hinauf zum Skeleton-Clubhaus. Die Straße war selbstverständlich schon geräumt.

      Durch ein Fernglas beobachtete der Butler den Balkon, der zu Mike Randers neuem Quartier gehörte. Noch standen die Blendläden zur Balkontür weit auf, aber dann wurden sie langsam geschlossen.

      Parker setzte sein Glas ab.

      Sein junger Herr hatte sich durch das Schließen der Blendläden gemeldet. Er hatte seinem wartenden Butler damit kundgetan, daß Miß Norma Caropoulos sich anschickte, den Club zu verlassen. So hatten Par-ker und Rander es vor dem Auseinandergehen vereinbart.

      Es dauerte nicht lange, bis ein Landrover die Einfahrt zum Clubparkplatz passierte. In wenigen Minuten erschien das Gefährt neben Parkers Monstrum, passierte es und hielt auf Kandersteg zu. Parker wartete nur einen Augenblick, um dann die Verfolgung aufzunehmen. Das starke Schneetreiben störte ihn überhaupt nicht.

      Der Landrover fuhr durch Kandersteg und arbeitete sich einen steilen, bebauten Hang empor. Er hielt vor einem langgestreckten Appartementhaus, das im Schweizer Landhausstil errichtet war.

      Norma Caropoulos stieg aus dem Wagen, duckte sich unter dem Schneetreiben und lief zum Hauptein-gang. Sie hatte ihn noch nicht ganz erreicht, als die Tür bereits geöffnet wurde.

      Sie schien erwartet zu werden.

      Ein junger Mann, etwa dreißig Jahre alt, groß, sportlich und offensichtlich kühn aussehend, kam Norma entgegen und schlang seinen Arm um ihre Schultern. Wenig später waren beide im Haus verschwunden.

      Es mußte sich um Jean-Claude Fondy handeln. Das wenigstens vermutete der Butler. Er hätte es aber gern genau gewußt. Daher verließ auch er jetzt den Wagen und schritt gemessen zur Haupttür. Sie war zwar ver-schlossen, doch das focht den Butler überhaupt nicht an. Sein kleines Spezialbesteck schaffte das Türschloß innerhalb von zehn Sekunden. Dann trat er wie selbstverständlich ein und sah sich im Foyer des Apparte-menthauses um.

      Hier war nicht gespart worden.

      Man hatte die teuersten Materialien verwendet, Marmor, geschliffenes Glas, Chrom und schwere Wand-teppiche. Wer hier wohnte, wer hier ein Appartement besaß, der mußte über Geld verfügen.

      Vom Foyer aus zweigte je ein Korridor nach rechts und links ab. Parker entschied sich erst mal für die lin-ke Seite und schritt die Wohnungstüren ab, aber es war leider so, wie er vermutet