von meiner Mutter.«
»Sehr apart zu diesen Augen. Wann darf ich Sie malen?«
»Irgendwann nächste Woche unter der Voraussetzung, daß Sie mir das Bild verkaufen.«
»Darüber läßt sich reden.«
»Sagen wir am Dienstag?«
»Wenn die Sonne im Westen steht, das ist stimmungsvoll. Es gibt schon seltsame Situationen. Das hätte ich mir wahrhaftig nicht träumen lassen, daß ich diesem dummen Fisch Ihre Bekanntschaft verdanke.«
»Wer wünscht sich denn so was?«
»Ein junges Paar zur Hochzeit.«
Conchita schüttelte den Kopf. »Die Wohnung möchte ich nicht sehen.«
»Es könnte ja eine besondere Erinnerung mit dem Fisch verknüpft sein.«
»Wissen Sie, daß diese Keramiken manchmal zum Schmuggeln benutzt werden?«
»Was Sie nicht sagen! Kann man ihm denn was ins Maul stopfen?«
»Es gibt andere Figuren, die haben ein Loch im Boden, das dann verschlossen wird. Man muß natürlich darauf achten, daß es nicht klappert.«
»Haben Sie schon mal etwas geschmuggelt?« fragte er.
»Nein, mir wäre das wirklich viel zu riskant. Es lohnt doch gar nicht, sich dadurch in Gefahr zu bringen. Fahren Sie doch bitte rechts.«
Constantin befand sich in einer merkwürdigen Stimmung. Zum ersten Mal in seinem Leben fühlte er sich einem Gefühlschaos ausgesetzt, hin und her gerissen zwischen Herz und Verstand.
»Jetzt sind wir gleich am Ziel«, sagte Conchita.
»Schade, muß ich wirklich bis Dienstag warten?« Er glaubte es selbst nicht, daß er das gesagt hatte.
»Es ist doch schon bald.«
»Ich verstehe nicht, daß wir uns nicht schon früher begegnet sind, wenn Sie in der Galerie waren.«
»Es war uns noch nicht bestimmt«, erklärte sie lachend. »Dazu mußte erst der blöde Fisch kommen.«
»Wenn Sie wüßten, was für ein Biest das ist.«
Sie warf ihm einen schrägen Blick zu. »Ich möchte es gern wissen.«
»Ein andermal.«
»Halt!« rief sie aus.
Er trat auf die Bremse. Sie standen vor einem Prachtbau, einer Zuckerbäckervilla, wie Constantin solche Häuser zu bezeichnen pflegte.
»Da würde der Fisch hineinpassen«, sagte Conchita, »innen so geschmacklos wie außen, aber es sind meine besten Kunden.«
»Denen sagen Sie aber doch wohl nicht ins Gesicht, daß sie an Geschmacksverirrung leiden«, scherzte er.
»Zu denen paßt ja, was sie kaufen. Ich glaube nicht, daß diesen Leuten Ihre Bilder gefallen.«
»Gott sei Dank. Also Dienstag?«
»Ich komme gegen siebzehn Uhr.«
Er küßte ihr die Hand, was er sonst auch niemals tat. Er half ihr aus dem Wagen, und als sie vor ihm stand, hätte er sie am liebsten in die Arme genommen. Aber sie eilte nun leichtfüßig zu dem Haus, und er setzte sich wieder gedankenverloren in seinen Wagen.
»Jetzt hat es mich erwischt«, murmelte er, sich über das Kinn streichend, »wie ist das nur möglich?« Na, wenigstens zu etwas war der Fisch gut. Aber diese Episode wollte er lieber für sich behalten.
*
Jan hatte eine sehr unruhige Nacht, obgleich er todmüde ins Bett gesunken war. Seine Mutter hatte noch angerufen, ob er zum Abendessen kommen wolle, aber er war dazu nicht fähig gewesen. Zuviel ging ihm durch den Sinn, und er scheute die Fragen, die ihm sicher gestellt würden. Angerufen hatte niemand, das war wenigstens eine Beruhigung.
Nun aber stand die Unterredung mit Dr. Norden bevor, und er sorgte sich um Kim. Dann fiel ihm ein, daß Constantin gar nichts von sich hören ließ, aber kaum hatte er es gedacht, läutete schon das Telefon. Constantin war dran.
»Das ist Gedankenübertragung«, sagte Jan.
»So was soll es geben, kannst du mal rüberkommen? Ich bin in Vaters Haus.«
»Ein Einbruch?« fragte Jan.
»Nein, aber zwei Anrufe. Hör sie dir selber an.«
»Ich bin um zehn Uhr mit Dr. Norden bei Kim verabredet.«
»Das schaffst du schon noch. Ich warte.«
Also fuhr Jan gleich los. Er überlegte unterwegs, ob er Constantin erzählen sollte, daß Dr. Norden schon mit Kommissar Fechner gesprochen hatte.
Constantin stand schon in der Tür. »Ich werde doch öfter hier nach dem Rechten sehen, aber ich wäre ganz froh, wenn du es auch tun würdest. Ich muß schließlich auch arbeiten.«
»Okay, wenn Kim damit einverstanden ist. Sie darf nicht denken, daß ich mich einnisten will.«
»Sie braucht dich nötiger, als du vielleicht denkst. Jetzt hör mal den Anrufbeantworter ab.«
Zuerst kam unverkennbar Ulrikes hohe Stimme, die sich fast überschlug. »Kim-Schätzchen, was ist los mit dir? Wo steckst du nur, und warum bist du klammheimlich verschwunden? Es tut mir ja leid, daß du krank wurdest, aber so schlimm kann es doch gar nicht gewesen sein. Hast du dem jungen Paar dein Geschenk schon gebracht? Ich rufe dich wieder an, Ulli ist dein Fan.«
»Dieses verruchte Weib spinnt!« stieß Constantin zwischen den Zähnen hervor. Aber schon hörten sie eine Männerstimme mit sehr starkem französischem Akzent.
»Du erinnerst dich an Julien, Kim, ich habe dir ein Angebot gemacht. Du kannst als Model bei mir anfangen, aber du mußt wenigstens vier Wochen nach Paris kommen. Ich erwarte deinen Anruf unter…«, aber da war plötzlich Schluß.
»Er wird sowieso vergeblich warten«, sagte Constantin grimmig. »Du kannst Kim aber mal fragen, wer Julien ist. Und jetzt schaust du dir noch den neuen Fisch an.«
»Du hast einen gefunden?«
»Und dafür Hohn von einer bezaubernden jungen Dame geerntet, die nicht glauben wollte, daß ich so einen schlechten Geschmack habe.«
Jan hörte gar nicht richtig hin. Wer ist dieser Julien, dachte er unentwegt.
Constantin mußte ihn zweimal auffordern, sich den Fisch anzuschauen.
»Das ist doch genau derselbe«, staunte Jan.
»So ziemlich, nur hat er einen leeren Bauch«, sagte Constantin schmunzelnd.
»Ich muß jetzt starten. Mal sehen, was sich heute ergibt. Kommst du in die Klinik?«
»Ich habe noch allerhand zu erledigen. Du weißt doch, ich bin Junggeselle und Selbstversorger, aber ich habe auch so eine Idee, wie ich mal zu einem Plauderstündchen mit Hanno Veltin kommen könnte. Im Golfclub lassen sie sich anscheinend nicht mehr blicken.«
»Das habe ich auch schon gemerkt«, sagte Jan. »Sei vorsichtig, Constantin.«
»Davon kannst du überzeugt sein. Sei lieb zu meiner kleinen Schwester.«
»Das kannst du glauben.« Sie hatten beide das Gefühl, daß sie in diesen Tagen Freunde geworden waren. Sie waren beide nicht gleich mit jedem per du. Sie betrachteten Freundschaft als etwas Besonderes, die vor allem auf gegenseitiger Aufrichtigkeit fußen mußte. Vertrauen war unendlich wichtig. So viele taten dem andern schön ins Gesicht, um hintenherum abwertend zu reden. Sie waren für offene Worte und sagten auch, wenn sie anderer Meinung waren.
Jan fuhr zur Klinik. Dr. Norden und Kommissar Fechner waren noch nicht anwesend. So konnte er noch allein mit Kim sprechen.
Groß war seine Überraschung, als er sie angekleidet im Sessel sitzend vorfand.
»Hallo,