Patricia Vandenberg

Dr. Norden (ab 600) Jubiläumsbox 1 – Arztroman


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      »Wir müssen auch noch etwas anderes besprechen, Kim. Ich war eben bei Constantin in eurem Haus. Es waren zwei Anrufe auf dem Band, einer von Ulrike und der zweite von einem Julien. Wer ist das?«

      Sie sah ihn erschrocken an. »Julien?« überlegte sie.

      »Er sagt, daß er dir ein Angebot als Model gemacht hätte, du sollst dich entscheiden.«

      »Ich habe das doch gar nicht ernstgenommen.«

      »Mir hast du aber auch gesagt, daß du Model werden könntest.«

      »Das war blöd von mir. Ich habe viel Unsinn geredet nach dem Urlaub. Ich weiß nicht mal mehr, wie dieser Julien aussieht. Es waren mehr solche Heinis dort. Die haben viel geredet, was keine Aussage hatte. Was wollte Ulrike?« wechselte sie das Thema.

      »Sie hat auch so dahergeplappert, warum du dich nicht meldest, so schnell verschwunden bist und ob du dem jungen Paar das Geschenk gebracht hättest.«

      »Ganz schön raffiniert, sie wiegt sich in Sicherheit und will sich zusätzlich absichern. Mein Verstand funktioniert wieder, Jan. Ich werde alles, was ich jetzt tue, reiflich überlegen. Ich war so schrecklich ungerecht zu dir, das muß ich noch mal sagen. Verzeih mir bitte, du warst immer so verständnisvoll.«

      »Es ist alles okay, mein Liebes«, sagte er weich. »Ich habe dich viel zu lieb, um dir je richtig böse zu sein. Ich möchte dich niemals verlieren, Kim.«

      »Ich dich auch nicht«, gab sie zurück und umarmte ihn. Er küßte sie zärtlich und so hingebungsvoll, daß sie nicht hörten, wie die Tür aufging.

      Erschrocken blickten sie sich um. »Pardon, ich wollte nicht stören«, sagte Dr. Norden.

      »Sie dürfen es«, erwiderte Kim lächelnd.

      »Es geht ihnen wieder besser, das freut mich sehr. Von meiner Frau auch herzliche Grüße, Kim. Fühlen Sie sich in der Lage, auch mit Kommissar Fechner zu sprechen?«

      Sie sah Dr. Norden erschrocken an. »Muß das sein? Halten Sie es für richtig?«

      »Für wichtig«, meinte er. »Es geschieht zu Ihrem Schutz. Wir wissen nicht, ob man Sie hereinlegen will.«

      »Aber warum denn nur? Ich bin mir keinerlei Schuld bewußt.«

      »Vielleicht ist nicht alles so gelaufen, wie die Initiatoren es sich dachten. Es ist möglich, daß man annimmt, Sie würden falsch spielen. Um es ganz deutlich zu sagen, Kim, Sie haben Kokain im Wert von einer halben Million, grob geschätzt, ins Land gebracht, das gewisse Leute sehr gern schnell verkaufen wollen. Wahrscheinlich ist Ihrer Freundin Ulrike der Gedanke gekommen, daß Sie doch nicht so naiv sind, wie man Sie einschätzte, daß Sie vielleicht sogar viel raffinierter sind und an Ihren eigenen Profit denken. Sie wurden niedergeschlagen, aber man hat den Fisch nicht gefunden. Dann sind Sie verschwunden. Was glauben Sie, was die Beteiligten alles so denken?«

      »Das würde ich gar zu gern wissen.«

      »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, ich habe mit Kommissar Fechner gesprochen. Er wird diese Angelegenheit ganz diplomatisch anpacken. Es ist aber wichtig, daß gegen diese Dealer etwas unternommen wird. Bedenken Sie, wie viele junge Menschen und auch Kinder verführt werden mit den Drogen und dann elend zugrunde gehen. Es ist unverantwortlich, daran verdienen zu wollen.«

      »Ich verstehe es ja auch nicht. Ich war schon so lange mit Ulrike befreundet, und jetzt schäme ich mich, daß ich sie nie durchschaut habe. Jetzt denke ich darüber nach, daß sie manchmal doch recht seltsame Sprüche von sich gab, aber ich habe das nie ernstgenommen.«

      »Was für Sprüche, können Sie ein Beispiel nennen?«

      »Wenn man es schlau anfängt, kann man schnell reich werden, man darf sich nur nicht in die Karten sehen lassen, und man muß genau wissen, wann man abspringen muß, bevor die Karre in den Dreck fährt.«

      »Jetzt denken Sie über solche Sprüche nach«, sagte Daniel Norden.

      »Dann ergeben sie einen tieferen Sinn. Ich habe mir ja damals auch nichts dabei gedacht, daß sie sich immer an reiche Männer heranmachte, sie konnten noch so gräuslich sein. Sie meinte dazu, daß es ein Hobby von ihr sei zu erkunden, wieviel sie bereit sind, springen zu lassen für einen heißen Flirt. Aber sie war umschwärmt, man hat ihr nichts übelgenommen. Sie verkehrte doch auch in der besten Gesellschaft.«

      »In der ja leider alles möglich ist und bemäntelt wird. Es ist nun mal so, daß es kaum noch Tabus gibt. Aber Sie sind eine junge Frau, die Grundsätze hat, die ethische Werte zu schätzen weiß und glücklicherweise einen Freund hat, der Anstand besitzt und zuverlässig ist. Solche Männer gehen an Frauen vorbei, die sich so zur Schau stellen.«

      »Aber Jan hat nie etwas gegen Ulrike gesagt. Constantin hat das schon getan.«

      »Ich kannte Ulrike doch kaum, und was hättest du wohl gesagt, wenn ich dir diese Freundschaft auszureden versucht hätte«, sagte Jan. »Erfahrungen muß man immer selber machen, um daraus lernen zu können. Mir wäre es allerdings lieber, dir wären solche Erfahrungen erspart geblieben.«

      »Es geschieht mir ganz recht, daß ich eins auf den Deckel gekriegt habe«, sagte Kim. »Also, was ist mit dem Kommissar? Was will er unternehmen?«

      »Das wird er Ihnen gleich selbst erzählen, Kim«, sagte Dr. Norden, und als sei das ein Stichwort, erschien Kommissar Fechner auch schon.

      Verlegen reichte ihm Kim die Hand.

      »Ich beiße nicht«, sagte er mit einem freundlichen Lächeln, »und ich möche Ihnen gleich sagen, daß Sie uns sehr nützlich sein können, Frau Meyring.«

      »Sagen Sie Kim, ich bin es nicht gewohnt, so formell angesprochen zu werden«, bat sie.

      »Also, Kim, vielen Dank für ihr Entgegenkommen. Durch Sie könnten wir möglicherweise einem größeren Drogenschmugglerring auf die Schliche kommen.«

      »Ich will damit aber nie mehr etwas zu tun haben«, sagte Kim abwehrend. »Es war ein schrecklicher Schock für mich, als der Fisch zerbrach. Darüber sind Sie wohl schon informiert.«

      »Nur andeutungsweise. Mir wäre es lieb, wenn Sie mir die Geschichte genau erzählen würden, angefangen damit, wie Sie dazu kamen, einen solchen Fisch auszuwählen.«

      »Eigentlich hatte ich damit kaum etwas zu tun. Es fing damit an, daß ich die Einladung zur Hochzeit von Hanno Veltin und Gaby Stein bekam. Ich hatte die Absicht, sie nicht anzunehmen, aber da rief mich Ulrike an und sagte, wir würden gemeinsam hingehen, sonst könnte man doch denken, ich sei gekränkt, weil Hanno eine andere heiratet.

      Wir waren früher mal befreundet. Aber das war längst vorbei. Ich habe Schluß gemacht, nicht etwa er, wie manche wissen wollten. Wahrscheinlich hat er das auch so erzählt. Jedenfalls sagt Ulrike auch, daß sie wüßte, was ich schenken könnte, nämlich diesen Fisch, den sie sich wünschten. Wenn wir zusammen nach Madeira flögen, könnten wir dort einen besorgen. Ich war völlig arglos, und obgleich ich immer noch nicht schlüssig war, ob ich an der Hochzeit teilnehmen wollte, besorgten wir den Fisch. Das heißt, Ulrike hat ihn besorgt. Ich bin kein argwöhnischer Mensch, ich war eigentlich froh, daß es mir abgenommen wurde. Das wäre es eigentlich schon. Ich packte den Fisch in meine Reisetasche. Sie wurde beim Zoll nur durchleuchtet, und nichts wurde beanstandet. Ich habe mir allerdings auch gar keine Gedanken gemacht. Es war in dem Ferienclub soviel vorgefallen, was mich beschäftigte, daß ich nur froh war, wieder heimzukommen.«

      »Gab es dort Anzeichen, daß Drogen benutzt wurden?«

      »Ich bin wahrscheinlich zu naiv, um das zu bemerken. Geredet wurde nicht darüber, wenigstens nicht in meiner Gegenwart. Dann hatte ich auch die Fischvergiftung.«

      »Die wahrscheinlich keine war, sondern etwas anderes, was noch analysiert werden muß«, warf Dr. Norden ein.

      »Ich war froh, daß ich von dort fliehen konnte. Es war ja so was wie eine Flucht, denn eigentlich hätte ich noch eine Woche bleiben müssen, aber ich wollte lieber für mich allein sein. Ich kann nicht sagen, woher ich die Kraft nahm, mir